Portrait von Ulf Prange
Ulf Prange
SPD
100 %
/ 5 Fragen beantwortet
Frage von Felix H. •

Wie geht es weiter im Justizskandal um den festgenommenen Staatsanwalt aus Hannover, der davor während der laufenden Ermittlungen als beschuldigter (!) Chefankläger die Strafsache abschließen durfte?

Sind personelle u. strukturelle Konsequenzen nach der Festnahme des Staatsanwalts aus der Staatsanwaltschaft Hannover geplant (nach EuGH keine unabhängige Justizbehörde aufgrund der dt. Besonderheiten*), der davor während der laufenden Ermittlungen als beschuldigter Chefankläger die Strafsache abschließen durfte? https://tinyurl.com/3fp2rwb8

* Unter Hinweis auf das externe Weisungsrecht hat der EuGH den dt. Staatsanwaltschaften die Befugnis abgesprochen, einen Europäischen Haftbefehl auszustellen, da sie mangels Unabhängigkeit, wie in Niedersachsen, keine Justizbehörden seien (Urt. v. 27.5.19). Mit der gleichen Begründung hat der EuGH den deutschen Generalstaatsanwaltschaften die Anerkennung als vollstreckende Justizbehörde versagt: Urt. v. 24.11.20. https://www.bundestag.de/resource/blob/976306/459d0ec2492bcd363f7c00af667a0ee5/WD-7-081-23-pdf-data.pdf u. https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/9783845244587/die-geschichte-der-staatsanwaltschaft-in-deutschland-bis-zur-gegenwart?l=de

Portrait von Ulf Prange
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr H.,

die Vorwürfe gegen den Staatsanwalt aus Hannover, Informationen an die organisierte Kriminalität weitergegeben zu haben, wiegen sehr schwer, sind geeignet das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz zu erschüttern. Wegen der Gewaltenteilung obliegt die Aufklärung der Vorwürfe aber nicht dem Justizministerium, sondern unserer unabhängigen Justiz. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück hat in weniger als zwei Monaten in dem sehr umfangreichen Verfahren die Anklageschrift vorgelegt. Der Staatsanwalt befindet sich zudem in Untersuchungshaft. Dies zeigt, dass unsere Justiz auch in dieser Sache schnell und entschieden arbeitet. Laut Anklage der Staatsanwaltschaft soll der in Untersuchungshaft sitzende Angeschuldigte zwischen 2020 und 2021 in 14 Fällen von einer international arbeitenden Kokain-Bande bestochen worden sein. Das Landgericht Hannover muss nun über die weiteren Schritte entscheiden.

Ein Zusammenhang zwischen dem externen Weisungsrecht des Ministeriums und dem Fehlverhalten des Staatsanwalts aus Hannover besteht nicht. Strukturelle Konsequenzen hat das Justizministerium in zweierlei Hinsicht gezogen und zwar im Hinblick auf die Zuständigkeit bei Verfahren gegen eigene Mitarbeitende und die Überprüfung von Bewerbenden bei Versetzungen aus einem anderen Bundesland. Vorliegend hatte zunächst die Staatsanwaltschaft Hannover gegen ihren eigenen Beschäftigten ermittelt. Die Zuständigkeit wurde dann auf Anweisung des Ministeriums an die Staatsanwaltschaft Osnabrück übertragen. Zugleich wurde durch Erlass geregelt, dass künftig bei Verfahren gegen eigene Mitarbeitende immer eine Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft erfolgen muss. In Niedersachsen müssen Bewerbende für das Richteramt oder die Staatsanwaltschaft ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen, an das sich eine dreijährige Erprobung anschließt. Der angeklagte Staatsanwalt war zunächst in Berlin tätig und wurde später nach Niedersachsen versetzt. Den vorliegenden Sachverhalt hat das Ministerium zum Anlass genommen, anzuordnen, dass auch bei Versetzungen aus einem anderen Bundesland - analog zur Einstellung - künftig eine strengere Überprüfung stattfindet.

Freundliche Grüße

Ulf Prange

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Ulf Prange
Ulf Prange
SPD