Screenshot ZDF heute-show
Im Zusammenhang mit einer Satireshow sollte man es vorsichtshalber vorweg schicken: Nein, das mit den geheimen Lobbyisten-Hausausweisen ist kein Scherz. Es war nicht einmal stark überzeichnet, wie die ZDF heute-show sich am Freitagabend das Thema Lobbyismus vorknöpfte:
Olli Welke: "Jetzt ist es endlich amtlich: In Deutschland herrschen optimale Arbeitsbedingungen für Lobbyisten."
In der Tat hat eine Studie von Transparency International letzte Woche ergeben, dass Lobbyvertreter in kaum einem EU-Mitgliedsland so unkontrolliert und frei arbeiten können wie in Deutschland (lesen Sie hier: Studie: Für Lobbyisten ist Deutschland ein Paradies).
Olli Welke: "Wussten Sie zum Beispiel, dass es in Deutschland kein Lobbyregister gibt, also eines, in dem namentlich drinsteht, wer da in Berlin bei den Politikern für wen so vor sich hin lobbyiert? In anderen Ländern ist das längst eine Selbstverständlichkeit. Bei uns aber ist vor allem die Union strikt dagegen."
Das liegt u.a. an Politikern wie dem CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl, der sich um den Datenschutz bei Lobbyisten sorgt, wenn diese sich in ein öffentliches Register eintragen müssten (lesen Sie hier: Hans-Peter Uhl: Ein großer Freund des Datenschutzes – allerdings nur für Lobbyisten)
Olli Welke: "Ich wusste ja gar nicht, wie viele von denen im Bundestag rum rennen. Rund 2.300 Lobbyisten können sich da im Bundestag frei bewegen."
Diese unglaubliche Zahl - auf jeden Bundestagsabgeordneten kommen demnach drei Lobbyisten - hatte vor einiger Zeit die Süddeutsche Zeitung herausgefunden. (lesen Sie hier: Bundestag vergab 1.000 Lobbyisten-Hausausweise im Geheimverfahren)
Olli Welke: "Neulich erst hat abgeordnetenwatch.de herausgefunden: Viele kriegen ihren Hausausweis heimlich von den Fraktionen. (...) Supi, dann ist im Bundestag ja jeden Tag "Tag der offenen Hintertür". Und in dem Fall weigert sich sogar die SPD zu sagen, wer diese Lobbyisten sind. Ein Schattenreich wirklich ohne jede politische Kontrolle!"
Auch das ist kein Scherz: Dank einer Geheimregelung, die abgeordnetenwatch.de im vergangenen Juni enthüllt hatte, können sich Lobbyisten einen Zugang zum Bundestags quasi durch die Hintertür verschaffen. Um einen Hausausweis zu beantragen, reicht hnen bereits die Unterschrift eines Parlamentarischen Geschäftsführers - auf diese Weise haben seit Beginn der Legislaturperiode etwa 1.000 Interessenvertreter eine Zugagsberechtigung erhalten. Die Regelung ist derart vertraulich, dass darüber weder in den Rechtsgrundlagen für den Bundestag noch in der Hausordnung auch nur ein einziges Wort verloren wird (lesen Sie hier: Bundestag hält Zugangsregeln für Lobbyisten unter Verschluss / GroKo schweigt zu Lobbykontakten).
Weil die Bundestagsverwaltung sich ebenfalls weigert, die Lobbykontakte von Union und SPD öffentlich zu machen, haben wir Klage vor dem Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Die Gerichtsverhandlung findet wahrscheinlich im Sommer statt (lesen Sie hier: abgeordnetenwatch.de verklagt den Deutschen Bundestag).
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