Wie verantwortungslos ist eine weitere Vernachlässigung des Bestandsnetzes? Muss jetzt nicht alle verfügbare Kraft und müssen jetzt nicht alle verfügbaren Mittel in die Bestandssanierung fließen?
Sehr geehrter Herr Lange,
Der Bundesrechnungshof hat die Deutsche Bahn AG als Sanierungsfall eingestuft. Es scheint, dass ein beispielloser Kraftakt notwendig ist, um das Bestandsnetz wieder in einen leistungsfähigen Zustand zu versetzen. Die dazu notwendigen Mittel sind wahrscheinlich nur schwer abschätzbar. Zinsentwicklung und Inflation werden die Lage sicherlich momentan nicht verbessern. Auch Fachkräfte stehen nicht in der notwendigen Zahl zur Verfügung. Beispielsweise würden allein für die Planung des sogenannten Deutschlandtaktes 33.000 neue Planungsingenieure benötigt (Q:Quarks.de). Wäre es nicht sinnvoller sich zunächst auf einen 'Deutschland-Akt' der Vollsanierung zu konzentrieren und sich erst sekundär den 'Deutschland-Takt' mit umfangreichen und teils umstrittenen Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecken vorzunehmen.
Sehr geehrter Frau S.,
die Bahn hat seit Jahren mit einer langen Liste an Problemen zu kämpfen. Dazu gehören beispielsweise ein marodes Schienennetz, hohe Schulden, kaum Wettbewerb im Transportbereich, Personalmangel, eine zu langsame Digitalisierung und eine nicht erreichte Verkehrsverlagerung zugunsten der Schiene. Diese Defizite stören uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion sehr, da Bahnfahren in unserem Land zuverlässig, angenehm und attraktiv sein soll. Denn es bietet nicht nur eine komfortable und entspannte Art des Reisens, sondern eine klimafreundliche noch dazu.
Für ein zukunftsfähige Schienennetz brauchen wir daher beides: Die Sanierung von Bestandsstrecken und den (Aus-)Bau von Neubaustrecken. Aus der Überzeugung heraus, dass dem Bund als Eigentümer wieder mehr Steuerungsmöglichkeiten im Hinblick auf eben diese Sanierung und eben diesen (Aus-)bau gegeben werden müssen, gehen wir als Unionsfraktion noch einen Schritt weiter: Wir sehen das Hauptproblem in der Struktur des Unternehmens Deutsche Bahn. Wir wollen daher, dass Verantwortung und Finanzierung beim Bund aus einer Hand erfolgen. In erster Linie wollen wir dafür die Unternehmensstruktur der Deutschen Bahn neugestalten. Ein zentraler Punkt ist, dass Infrastruktur- und den Transportbereich voneinander getrennt werden. Das Schienennetz und alles, was dazugehört, soll künftig in Staatshand liegen, und zwar in Form einer GmbH. Die Holding der Deutschen Bahn und ihre unzähligen Beteiligungen und Tochtergesellschaften werden aufgelöst. Ein großer Vorteil der neuen, schlanken Struktur wird sein, dass der Bund künftig nicht nur vorgeben kann, welche Strecken neu zu bauen oder zu modernisieren sind, sondern seine Vorgaben auch umgesetzt werden müssen. Deshalb übernimmt der Bund künftig den ganz überwiegenden Teil der Finanzierung. Dafür muss er ein höheres Bundesbudget als bisher einplanen, welches durch einen kleinen Teil an Trassenentgelten, also der erzielten Schienennutzungsgebühren, ergänzt werden soll. Das Geld kann so gezielt dorthin gelenkt werden, wo es nötig ist: In das Schienennetz, in Bahnhöfe etc.
In diesem Sinne Danke ich Ihnen für Ihre E-Mail und freue mich über Ihr Interesse an der Ausgestaltung eines zukunftsfähigen Schienennetzes.
Freundliche Grüße
Ulrich Lange