Frage an Ulrich Lange von Heike R. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lange,
allerorts höre ich nur noch von Politikern Aussagen zur Rentenniveauabsenkung, drohender Altersarmut bei der rasant wachsenden Zahl an Geringverdienern, längeren Arbeitszeiten usw.
Bitte nennen Sie mir ganz konkret und abrechenbar, welche Kürzungen und Einsparungen es bei der tickenden "Zeitbombe" der Pensionslasten gibt ?
Beamte haben doch schon den immensen Vorteil, sich auch bei Rezessionen, nicht Sorgen um den Arbeistplatz machen zu müssen, dies ist heutzutage ein gewaltiger geldwerter Vorteil.
Weshalb geht man an die Pfründe der Pensionäre nicht auch so hart und kompromißlos ran ? Warum zählen für die Pensionsberechnung noch immer nur die letzten fetten Jahre, bei den Rentnern aber alle Jahre?
Wie bekommt die Regierung die Pensionslasten in den Griff, ohne den Steuerzahler immer weiter bluten zu lassen?
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
für Ihre weitere Frage bei Abgeordnetenwatch danke ich Ihnen.
Die Beamtenversorgung ist ebenso wie die gesetzliche Rentenversicherung vom demographischen Wandel in der Gesellschaft unmittelbar betroffen. Dies verdeutlicht nicht zuletzt der 4. Versorgungsbericht der Bundesregierung vom 21. April 2009. Sie stellt sich ihrer Verantwortung, die Finanzierung der verschiedenen Altersversorgungssysteme auf eine langfristig sichere Grundlage zu stellen. Mit dieser Zielsetzung sind seit Anfang der 1990er Jahre die Reformen der Alterssicherungssysteme stets im Gleichklang vorgenommen worden. Daher sind die Maßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung wirkungsgleich in die Beamtenversorgung übertragen worden, soweit nicht grundlegende Unterschiede zwischen beiden Alterssicherungssystemen dem entgegenstehen.
Insgesamt sind folgende Maßnahmen zur Kostendämpfung getroffen worden:
• Mit dem Versorgungsreformgesetz 1998 hat der Gesetzgeber - parallel zur seinerzeit beabsichtigten Einführung eines "demographischen Faktors" in der gesetzlichen Rentenversicherung - einen Versorgungsabschlag zum Aufbau einer Versorgungsrücklage eingeführt, der das Besoldungs- und Versorgungsniveau im Ergebnis um ca. 2 % absenken wird. Darüber hinaus wurden die Hinzuverdienstregelungen verschärft.
• Das Versorgungsänderungsgesetz 2001, mit dem die Rentenreform 2001 auf die Beamtenversorgung übertragen wurde, führt zu einer Absenkung des Versorgungsniveaus von bisher höchstens 75 % auf künftig maximal 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge.
• Beginnend mit dem Jahr 2012 werden sämtliche Altersgrenzen bis zum Jahr 2031 schrittweise angehoben. So steigt auch die Regelaltersgrenze vom 65. auf das 67. Lebensjahr.
• Die Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger des Bundes haben daneben durch mehrere Nullrunden in den Jahren 2005 bis 2007, vergleichbar den Nullrunden in der gesetzlichen Rentenversicherung, einen deutlichen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeshaushalts erbracht.
Zu Ihrer Frage bezüglich der Pensionsberechnung kann ich Ihnen mitteilen, dass es verfassungsrechtliche Systemunterschiede zwischen Beamtenversorgung und Rente gibt. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass diese Regelungssystematik eine zwingende Folge des Art. 33 Absatz 5 des Grundgesetzes ist. Dies ist Ausdruck des Leistungsgrundsatzes und gehört zu den prägenden Grundlagen des Berufsbeamtentums. Eine Bemessung der Beamtenversorgung nach den in der gesetzlichen Rentenversicherung geltenden Grundsätzen wäre danach verfassungsrechtlich unzulässig.
Die Kosten für die Pensionen zeigen für den Bund eine insgesamt stabile Entwicklung der künftigen Versorgungsausgaben im Verhältnis zu dem künftigen Bruttoinlandsprodukt wie auch den künftigen Steuereinnahmen. Befürchtungen, die Versorgungsausgaben würden künftig „explodieren“ und wären langfristig nicht finanzierbar, sind daher jedenfalls für den Bund unbegründet. Dies ist in erster Linie das Ergebnis der umfangreichen Reformen der vergangenen 20 Jahre, die – in weitgehender Parallelität zur Entwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung – zu einer spürbaren Absenkung des Versorgungsniveaus geführt haben.
Darüber hinaus hat der Bund weitere Vorsorge zur Zukunftssicherung der Beamtenversorgung getroffen:
• Die 1999 gesetzlich eingeführte Versorgungsrücklage hat zu einer Vermögensrückstellung von knapp 5 Mrd. Euro (Stand Ende 2011) geführt. Das Sondervermögen wird wie vorgesehen bis Ende 2017 weiter aufgebaut und dann über einen Zeitraum von 15 Jahren zur schrittweisen Entlastung des Bundeshaushalts von Versorgungsaufwendungen eingesetzt.
• Der 2007 eingerichtete Versorgungsfonds des Bundes wird ab 2020 für die Versorgungsaufwendungen der Beamten aufkommen, deren Dienstverhältnis zum Bund nach dem 31. Dezember 2006 begründet worden ist. Damit wird die Beamtenversorgung schrittweise auf eine Kapitaldeckung umgestellt. Finanziert wird der Fonds durch regelmäßige Zuweisungen des Dienstherrn, die auf der Grundlage versicherungsmathematischer Berechnungen nach Prozentsätzen der jeweiligen ruhegehaltfähigen Dienstbezüge berechnet werden. Das Fondsvermögen betrug Ende 2011 ca. 425 Mio. Euro.
• Beide Sondervermögen werden von der Deutschen Bundesbank nach Anlagerichtlinien verwaltet, die vom Bundesministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen erlassen wurden und ein hohes Maß an Anlagesicherheit gewährleisten.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen gedient zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
MdB Ulrich Lange