Frage an Tom Schreiber von Tobias K. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Schreiber,
mir scheint, Sie haben nach so langer Beteiligung der SPD an der Berliner Landesregierung Probleme bei der Trennung von Amt und Mandat:
Herr Henkel fordert in seinem ***Amt*** als Innensenator die ***Parteien*** auf, Auftritte mit Polizei und Feuerwehr zu unterlassen. Das verbietet ihm aber nicht in seinem ***Amt*** als Innensenator mit dem Polizeipräsidenten aufzutreten. Beides ist also nicht zu beanstanden und auch gar nicht zu vermeiden, ansonsten müsste jedes Senatsmitglied Monate vor einer Abgeordnetenhauswahl in der Versenkung verschwinden.
Herr Müller hingegen hält es nicht für nötig, für seinen Geschäftsbereich die ***Parteien*** um Vergleichbares zu bitten. Er lässt sich aber ebenfalls in seinem ***Amt*** als Kultursenator zu dem Termin der Gedenktafelenthüllung einladen. "Lässt sich einladen", weil sowohl die die Gedenktafelwürdigen auswählende "Historische Kommission zu Berlin" von dem Förderprogramm "Historische Stadtmarkierungen" seines Geschäftsbereichs finanziert wird, als auch die die Anfertigung der Gedenktafeln finanzierende GASAG der Aufsichtsratsvorsitzenden Gäde-Butzlaff untersteht, welche Ex-BSR-Chefin und SPD-Staatssekretärin a. D. ist.
Zugegeben, meine Bewertung der "Einladung" von Herrn Müller ist eine Unterstellung.
Aber selbst, wenn da alles mit rechten Dingen zuging: Was macht den Auftritt Herrn Henkels verwerflicher als den von Herrn Müller? Dass der Innensenator Henkel in seinem ***Amt*** für seinen Geschäftsbereich die ***Parteien*** um Zurückhaltung bat, worauf Herr Müller verzichtete?
Sehr geehrter Herr K.,
herzlichen Dank für Ihre Nachfrage, auch wenn ich Ihre Unterstellungen zur Einladung des Regierenden Bürgermeisters sowie hinsichtlich von Problemen bei der Trennung von Amt und Mandat reichlich inakzeptabel finde.
Hinsichtlich Ihrer konkreten Nachfragen kann ich nur wieder auf meine vorangegangene Antwort verweisen, was ich am Verhalten des Innensenators kritikwürdig empfinde und wieso sich das von dem von Ihnen angeführten Beispiel unterscheidet. Ich bin der Auffassung, dass man nicht die Parteien zur Zurückhaltung auffordern kann, um dann gleichzeitig diese nicht einzuhalten. Schließlich ist der Innensenator nicht irgendwer, sondern Spitzenkandidat seiner Partei. Für ihn gilt im Abstand zur Wahl genau das Gleiche. Wie Sie wissen, stehe ich mit meiner Ansicht nicht alleine – Grüne und Linke haben das Verhalten ebenso kritisiert.
Anhand dieses Falles lässt sich ein wiederkehrendes Bild erkennen: Im Wahlkampfjahr 2016 entfaltet der Innensenator plötzliche Aktivität auf verschiedenen Feldern, die weder im zuständigen Innenausschuss vorab besprochen oder vorgestellt wurden und teilweise sogar rechtlich fragwürdig sind – wie im Fall der Rigaer Str. Insbesondere dort wurden viele Einsatzstunden der Polizei von wichtigen Aufgaben im Stadtgebiet abgezogen, die Belastbarkeit der Beamtinnen und Beamten auf die Probe gestellt und eine Situation zur Eskalation getrieben, um gute Schlagzeilen und Symbole intensiven Handelns zu produzieren. Hier wäre Zurückhaltung angebracht gewesen. Jahrelanges Bemühen in der Koalition und im Parlament, um zu Fortschritten hier und auf verschiedenen anderen Feldern zu kommen, scheiterte hingegen immer wieder am Stillhaltevermögen und der konstanten Abwiegelung. Nun wieder zu plötzlicher Aktivität zu gelangen, diese nicht dem Parlament sondern der Presse zu präsentieren, aber alle anderen um Zurückhaltung zu bitten, halte ich für geschmacklos.
Mit den besten Grüßen
Ihr Tom Schreiber