Frage an Tom Schreiber von Ute Dr. P. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Schreiber,
am 10.4.2014 wird voraussichtlich im Berliner Abgeordnetenhaus die Abstimmung zur Volksinitiative „Nachtflugverbot“ stattfinden.
Sowohl das Bezirksamt Treptow-Köpenick wie auch die Bezirksverordnetenversammlung von Treptow-Köpenick haben sich in der Vergangenheit massiv für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr ausgesprochen, zuletzt in einer Presseerklärungam 11.3.2014 (siehe http://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/presse/archiv/20140311.1010.395215.html ).
Meine Fragen an Sie:
1. Wie stehen Sie persönlich zu einem Nachtflugverbot von 22-6 Uhr für die Berliner Flughäfen?
2. Wie haben Sie sich zu den möglichen Gesundheitsfolgen eines stadtnahen Flughafens, der diese Ruhezeiten nicht einhält, kundig gemacht?
3. Welche Priorität sehen Sie, wenn es gilt, hier wirtschaftliche Interessen gegen Gesundheitsinteressen abzuwägen?
4. Werden Sie bei der anstehenden Abstimmung einem Fraktionszwang unterliegen?
Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Dr. Port,
herzlichen Dank für Ihre Fragen, die ich zusammengefasst beantworten möchte.
In der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses am 10. April wurde über eine Volksinitiative der Bürgerinnen und Bürger entschieden, die Verhandlungen über ein Nachtflugverbot von 22 bis 06 Uhr an Berliner Flughäfen erreichen wollte. Dem waren intensive Anhörungen und Debatten in mehreren Ausschüssen vorangegangen. Ich empfand es als enorm wichtig, dass dabei viele Argumente für ein Nachtflugverbot zur Sprache kamen und ganz eindeutig dargelegt wurde, was für eine Gesundheitsgefährdung ein Flugbetrieb innerhalb dieser Zeiten bedeutet. Als Mitglied des Ausschusses für Gesundheit und Soziales im Berliner Abgeordnetenhaus habe ich mich über die Folgen kundig gemacht. Lärm produziert Stress und dies bringt Gefahren für das Herz-Kreislauf-System des Menschen mit sich, die wir nicht unterschätzen dürfen. In unserer Gesellschaft sind stressbedingte Erkrankungen ein immenses Problem und noch viel mehr müssen wir dafür sorgen, dass hohe Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger soweit es geht reduziert werden. Viel zu oft ist dies aber nicht beachtet worden. Die Wirtschaftlichkeit – ohne Frage ein sehr wichtiges Kriterium – kann nicht einzige Leitplanke bei der Abwägung zwischen dem Erfolg des Flughafens und den Kosten für Mensch und Natur sein. Viel mehr müssen wir die Auswirkungen für die Bürgerinnen und Bürger in die Planungen und den Alltagsbetrieb einbeziehen. Wir benötigen einen sehr guten Flughafen mit hoher Funktionsfähigkeit, aber nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger sondern zu ihrem Gewinn.
Bei der Abstimmung habe ich mich entgegen der Position meiner Koalition aus SPD und CDU enthalten und nicht gegen die Initiative gestimmt. Es war für mich eine sehr schwierige Entscheidung, die auch mich nicht vollends zufrieden gestellt hat. In meiner Zeit als Abgeordneter habe ich mich gemeinsam mit der SPD Treptow-Köpenick immer für ein Nachtflugverbot von 22 bis 06 Uhr stark gemacht. Im Falle des neuen Flughafens in Schönefeld gilt besonders – wer einen stadtnahen Flughafen haben will, muss die Einschränkungen im Betrieb akzeptieren. Es kann nicht sein, dass der Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die ein Anrecht auf acht Stunden Schlaf haben, weniger Wert besitzt. Ich bin keiner, der diesen Flughafen verteufelt, auch wenn der Standort ein schlechter ist. Aber besonders den Menschen in meinem Wahlkreis bin ich es schuldig, mich für sie einzusetzen. Deswegen habe ich auch beim Volksbegehren vor drei Jahren für ein solches Nachtflugverbot unterschrieben und mich seitdem auch in anderen Zusammenhängen dafür stark gemacht. Es gilt auch hier Vertrauensschutz.
Leider musste ich wiederholt feststellen und auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu, dass meine Position keine Mehrheit in der Regierungskoalition hat. Die Zusammenarbeit zwischen Fraktionen beruht aber ebenso auf Vertrauen in gemeinsame Absprachen und gesicherten Umgang miteinander. Auch ich möchte noch einige Dinge im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in der Koalition umsetzen und mit meinen Partnern in der SPD und der CDU durchbringen. Was viele abfällig als Fraktionszwang begreifen, ist jedoch schlicht notwendig für ein stabiles und erfolgreiches Regieren. Als Abgeordneter ist man in solchen Situationen durchaus zwischen Verantwortung und wichtigen Entscheidungen, die noch kommen werden, etwas zerrissen. Auch letztere werden den Menschen von der Altstadt bis nach Müggelheim zu Gute kommen – etwa was die Stärkung ihrer Sicherheit betrifft. Daher habe ich mich für eine Enthaltung entschieden und meine Position zum Ausdruck gebracht.
Sehr geehrte Frau Dr. Port,
es ist mir natürlich bewusst, dass dieser Weg nicht einer Ideallösung entspricht, wie wir sie uns beide wünschen. Ich habe versucht, Ihnen ehrlich darzulegen, was mich zu dieser schwierigen Entscheidung geführt hat. Ich verspreche eines: Ich werde nicht aufhören, mich für den Lärmschutz der Bürgerinnen und Bürger einzusetzen – und dies auch gemeinsam mit der SPD und der Koalition. In einer weiteren namentlichen Abstimmung am 10. April haben wir uns deutlich für eine Verbesserung der Lärmschutzmaßnahmen ausgesprochen.
Gemeinsam mit anderen Abgeordneten wollen wir uns ebenso Strategien überlegen, wie wir auf anderen Ebenen zu Veränderungen kommen können, etwa im Bundesrat. Auch dabei setze ich auf Ihre Unterstützung.
Herzlichst
Ihr
Tom Schreiber