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Stephan Mayer
CSU
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Frage von Ludwig M. •

Frage an Stephan Mayer von Ludwig M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Mayer,

wie aus vielen Zuschriften an Sie ersichtlich ist, erwarten wir Fragensteller eine offene Antwort in diesem Forum, welche damit auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht würde.
Stattdessen hat sich leider bei Ihnen wie auch vielen anderen Politikern die Unsitte breit gemacht, sich hinter einer Homepage zu verschanzen.
Hierzu noch einige Fragen:
Glauben Sie wirklich, sich mit dieser Haltung selber in puncto Glaubwürdigkeit einen Gefallen zu tun ?
Ist Ihre strikte Weigerung in d i e s e m Forum zu antworten ein Zeichen von Ignoranz oder gar schon von unverhohlener Arroganz gegenüber den fragenden Bürger ?
Ist Ihnen immer noch nicht bewußt, dass es eine Selbstverständlich- keit gegenüber den Wählern sein sollte, dass Ihr Politiker auch ant- wortet, selbst wenn die Fragen nicht immer nach Eurem Geschmack sind ?
Es ist beschämend, wie viele Politiker mit den Wählern und deren Anliegen umspringen. Oder vertretet Ihr Euch letztendlich nur noch selber ?

MfG
Ludwig Meier

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Meier,

ich bitte Sie dringend, auch in diesem Forum sachlich und fair zu bleiben. In aller Deutlichkeit möchte ich mich gegen den Vorwurf verwahren, dass ich mich hinter einer homepage verschanze. Bislang habe ich die Anfragen individuell und meiner Meinung nach persönlich beantwortet, was durchaus sehr zeit- und arbeitsaufwändig ist. Selbstverständlich bin ich jederzeit bereit, meine Meinung auch öffentlich kundzutun.

Sie wenden sich gegen die Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung. Gerne nehme ich die Gelegenheit wahr, Sie über die beabsichtigte Anhebung der Abgeordnetenentschädigung der Mitglieder des Deutschen Bundestages zu informieren.

In § 11 Abs. 1 des Abgeordnetengesetzes sind die Maßstäbe für die Höhe der Entschädigungen für die Mitglieder des Deutschen Bundestages seit 1995 festgeschrieben. Die monatlichen Bezüge der Abgeordneten haben sich danach an den Bezügen eines Richters bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Besoldungsstufe R6) und den Gehältern von gewählten hauptamtlichen Bürgermeistern und Oberbürgermeistern mittlerer Kommunen (Besoldungsstufe B6) zu orientieren.

Uns Politikern schlugen in den letzten Wochen und Monaten Wellen der Empörung entgegen. Deshalb möchte ich mit diesem Schreiben entsprechend auf Ihre nachvollziehbare Reaktion reagieren.

Wenn aus Kandidaten Abgeordnete werden, dann sollen sie Vertreter des ganzen Volkes sein und nur ihrem Gewissen folgen. Nicht ihrem bisherigen Arbeitgeber. Nicht irgendwelchen Geldgebern, die sich davon Vorteile versprechen. Parlamentarier sollen nicht käuflich sein. Das heißt auf der anderen Seite aber auch, dass eine neutrale Stelle sie angemessen bezahlen muss. Am besten kann dies natürlich der Staat, so wie er es bei unabhängigen Beamten und neutralen Richtern auch tut. Was läge also näher, als sich für die Höhe der Diäten eine Besoldungsgruppe zu suchen, die mit Arbeitsaufwand und/oder Bedeutung einigermaßen vergleichbar ist, und die Einkommen der Abgeordneten einfach daran anzuhängen? Mit diesem Schritt könnte man die erregten Debatten auf lange Sicht eindämmen, die mit jeder Erhöhung der Diäten neu aufbrechen.

Das Bundesverfassungsgericht gab am 5. November 1975 aber zu bedenken, dass eine Ankopplung ein Versuch wäre, „das Parlament der Notwendigkeit zu entheben, jede Veränderung in der Höhe der Entschädigung im Plenum zu diskutieren und vor den Augen der Öffentlichkeit darüber als einer selbstständigen politischen Frage zu entscheiden“.

Statt der allgemeinen Lohnentwicklung zu folgen, setzte das Parlament Jahr für Jahr fällige Erhöhungen aus. 1977 „gönnten“ sich die Abgeordneten genau 7.500 Mark im Monat (kein Urlaubs-, kein Weihnachtsgeld) – unter heftigen Vorwürfen in der öffentlichen Meinung. 1978 stiegen die Lebenshaltungskosten und die Löhne und Gehälter, aber nicht die Diäten. 1979 war es genauso, und 1980 auch, und 1981, und auch 1982.

Einige kleinere Erhöhungsschritte folgten, dann gab es 1987 einen Zehnjahresvergleich: Löhne und Gehälter: plus 41,3 Prozent, Diäten: plus 16,4 Prozent.

1993 wurde eine Kommission zur Ermittlung von Vergleichsgruppen eingesetzt. Diese Kommission hat festgestellt, dass ein Abgeordneter im Durchschnitt 200.000 Menschen in seinem Wahlkreis vertritt. Daher kommt die Bezugsgröße zu Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister kleiner bzw. mittlerer Städte, circa 50.000 bis 100.000 Einwohner, und der Besoldungsstufe B 6 zum tragen. Da ein Abgeordneter ein gewisses Maß an Objektivität waren muss, lag es nahe die Besoldung von einfachen Bundesrichtern mit in die Debatte aufzunehmen, die in der Besoldungsstufe R 6 vergütet werden.

Aber auch in der Folge nahmen die Abgeordneten zwar die regelmäßigen Steigerungen bei den Einkommen des Volkes zur Kenntnis, koppelten sich selber als Vertreter dieses Volkes jedoch regelmäßig davon ab. Binnen 18 Jahren kamen neun „Nullrunden“ zu Stande. Zwischen 2003 und 2008 gab es überhaupt keine Erhöhung. Die Abgeordnetenbezüge stiegen um 38 Prozent, die der leitenden Angestellten im selben Zeitraum um 143 Prozent.

Um die 1993 geschaffenen Bezugsgrößen konsequent einzuhalten, war es meiner Meinung nach richtig den Tarifabschlüssen im Öffentlichen Dienst zu folgen und die Diäten an das neue Niveau, mit einjähriger Verspätung anzupassen. Das es trotz der Ergebnisse der 1993 eingesetzten Kommission noch weitere Änderungen im Gesetz geben muss und wird, ist mir bewusst.

Die Besoldung der Beamten und Richter wurde nunmehr in Umsetzung des Tarifabschlusses für den Öffentlichen Dienst zunächst rückwirkend zum 01. Januar 2008 und dann erneut zum 01. Januar 2009 angehoben. Grundsätzlich wäre Folge dieser aktuellen Änderungen der Richter - und Beamtenbesoldung die Erhöhung auch der Abgeordnetenentschädigung gewesen. Darauf haben wir verzichtet.

Es wird auch in Zukunft die entscheidende Frage sein, woran die Arbeit der Abgeordneten gemessen werden soll. Das wird jeder aus seiner persönlichen Einkommensperspektiven jeweils anders beurteilen. Ich bin mir vollkommen bewusst, dass jede Erhöhung der Abgeordnetenentschädigung in der Öffentlichkeit besonders kritisch bewertet wird. Deshalb ist mit den genannten Besoldungsgruppen eine vergleichbare Bezugsgröße gefunden worden, an der sich die Höhe der Abgeordnetenbezüge orientiert.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen die Hintergründe dieser allgemein immer wieder diskutierten Thematik näher gebracht zu haben. Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Mayer
Mitglied des Deutschen Bundestages

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