Frage an Stephan Mayer von Michael K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Mayer,
Den Medien habe ich entnommen, dass Sie es nun für angebracht halten gegen den sog. "schwarzen Block" nun auch GSG 9-Beamte einzusetzen. Kollegen von Ihnen reden
vom Einsatz von Gummigeschossen. Darf ich mir das dann jetzt so vorstellen, dass friedliche Demonstranten dann demnächst nicht nur von martialisch gerüsteten Polizisten, sondern auch von einer Scharfschützen-Anti-Terror-Einheit umzingelt werden sollen? Ist das die CSU-Vorstellung von der Demokratie? Terroristen, Terror, inflationär gebrauchte Begriffe in diesen Tagen. Sind sie doch so praktisch, um dem Volk das Fürchten zu lehren und es gefügig zu machen. Ein unbekannter Feind, der jederzeit und überall zuschlagen kann und dem man vor allem alles in die Schuhe schieben kann.
Vor allem sind diese Begriffe dehnbar. Früher waren Leute Terroristen, die Terroranschläge verübt haben. Heute langt es für Sie offensichtlich schon, wenn man einen Stein in die falsche Richtung wirft. Wie lange dauert es noch bis jeder, der eine Meinung hat, die vom propagandistischen Konsens abweicht, zum Terroristen wird?
Käme Ihnen das dann nicht auch irgendwie bekannt vor? Hatten wir das nicht schon mal? Und gehen Sie tatsächlich davon aus, dass wir in der BRD in einem Rechtsstaat leben, wenn jemand wie Herr Schäuble, der immernoch beträchtliche Erinnerungslücken hat, wenn es um 100.000 DM Schwarzgeld für die CDU geht, Innenminister werden kann? Wenn jemand wie Dr. Kohl nicht adäquat verknackt wird obwohl die Rechtsbeugung selber zugegeben hat? Wenn jemand, der sich mit Altnazis und Verfassungsfeinden solidarisiert, wie Herr Oettinger, nicht zurücktreten muß? Was hat die CSU nicht gegen die DDR gewettert und nun ist miteinmal das ganze Volk verdächtig und muss überwacht werden bzw. per millionenteurem Zaun ausgesperrt.
Wenn man gegen pseudodemokratische, Willkürherrschaft antritt, ist das dann Terrorismus oder Freiheitskampf?
Sehr geehrter Herr Klose,
vielen Dank für Ihren Beitrag vom 5. Juni bei www.abgeordnetenwatch.de. Ich möchte Ihnen hierauf antworten und meine Auffassung darlegen.
Die Gewaltorgien rund um den G8-Gipfel in Heiligendamm und insbesondere die Ausschreitungen von Rostock einige Tage vor dem Gipfeltreffen haben mit großer Deutlichkeit gezeigt, dass in der linksextremen Szene ein erhebliches Gewaltpotential steckt. Die Sicherheitsorgane haben selbstverständlich die Aufgabe, vor Ort zu gewährleisten, dass friedliche Demonstrationen stattfinden können, dass aber gleichzeitig Straf- und Gewalttätern im Umfeld von Demonstrationen Einhalt geboten wird. Dies haben die Behörden in Rostock unter äußerst schwierigen Bedingungen auch getan. Die Politik ihrerseits aber kann derartige Gewaltausbrüche nicht einfach zur Kenntnis nehmen und zur Tagesordnung übergehen. Vielmehr ist sie in der Pflicht, Konzepte zu entwickeln, um dem in Rostock zu Tage getretenen Zerstörungspotential effektiv und entschieden entgegentreten zu können.
Die Gewaltausbrüche im Vorfeld des G8-Gipfels hatten ein Ausmaß, das es in dieser Form seit Jahrzehnten in Deutschland nicht gegeben hat und mit dem auch die Sicherheitskräfte nicht unbedingt rechnen mussten. Dies ist der Hintergrund, vor dem die Frage zu stellen ist, ob und gegebenenfalls wie der Einsatz bestimmter, besonders geschulter Einheiten einen Beitrag leisten kann, um solchen neuartigen Situationen bestmöglich zu begegnen. Diese Fragen aufzuwerfen ist selbstverständliche Aufgabe der Politik.
Die GSG 9 ist als polizeiliche Spezialeinheit des Bundes zur Bewältigung komplexer Gefahrenlagen und zur Bekämpfung schwerster Gewaltkriminalität ausgebildet. Dabei wird sie sowohl im Aufgabenbereich der Bundespolizei als auch etwa zur Unterstützung der Länderpolizeien tätig. Angesichts der neuen Qualität von Gewalt wie bei den Ausschreitungen in Rostock ist es meines Erachtens selbstverständlich, auch darüber nachzudenken, inwieweit eine solche Einheit mit ihren besonderen Fähigkeiten bei derartigen Szenarien einbezogen werden könnte. Zudem ist auch ganz generell die Prüfung notwendig, ob bisherige sicherheitsbehördliche Organisationsstrukturen und Konzepte erweitert oder angepasst werden müssen, um Gewalteskalationen anlässlich von Demonstrationen so früh wie möglich in den Griff zu bekommen. Wer sich als Innen- und Sicherheitspolitiker diese Fragen nicht stellt, wird seiner Aufgabe nicht gerecht.
Die Bundesregierung wird gemeinsam mit den Bundesländern die Erfahrungen und Erkenntnisse aus den Ausschreitungen im Vorfeld des G8-Gipfels auszuwerten haben. Eine Schlussfolgerung steht dabei für mich bereits heute fest: Die Gewaltexzesse haben gezeigt, dass gegenüber gewaltbereiten Kriminellen Deeskalationstrategien alleine nicht ausreichen. Ihre Deutung, wonach ich vorschlagen würde, dass „friedliche Demonstranten umzingelt“ werden sollen, geht in diesem Zusammenhang am Kern des Problems vorbei und ist schlicht falsch. Gegen friedliche Demonstranten gibt es selbstverständlich nichts einzuwenden. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sich rund um den G 8-Gipfel die friedlichen Demonstranten nicht immer ausreichend von gewaltbereiten Kriminellen abgegrenzt haben. Die Schwierigkeit für die Polizei bestand in Rostock gerade darin, dass sich Gewaltbereite unter die Demonstranten gemischt haben und aus dem Zug heraus massiv Gewalt angewendet haben. Vor dem Hintergrund des Ausmaßes an Gewalt, das aus dieser Konstellation heraus in Rostock ausgeübt worden ist, sowie der entstandenen Personen- und Sachschäden ist es notwendig, die Sicherheitskonzepte für solche Szenarien zu überprüfen.
Für mich steht aber schon heute eine Schlussfolgerung aus den Ereignissen in Rostock fest: es gibt keine Alternative zu einem konsequenten Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen gewalttätige Ausschreitungen anlässlich von Demonstrationen. Dem Randale- und Gewalttourismus im Vor- und Umfeld politischer Gipfeltreffen muss durch entschiedenes Vorgehen Einhalt geboten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Mayer, MdB