Frage an Stephan Mayer von Gerhard J. bezüglich Verkehr
Hallo,
wie ist Ihre Meinung zur Privatisierung der Autobahnen durch profitgierige Banken und Versicherungen?
Die Autobahnen wurden von Steuergeldern gebaut und sind Eigentum der Steuerzahler.
Die Mehrheit der Bürger ist gegen eine Privatisierung.
G. Jankner
Sehr geehrter Herr Jankner,
haben Sie vielen Dank für Ihr Schreiben, welches Sie mir zum Thema Verkehrsinfrastrukturgesellschaft und öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zugeleitet haben.
Die CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag hat von Anfang an gefordert, dass es keine Autobahnprivatisierung geben darf. Es ist äußerst wichtig, dass der Bund zu 100 Prozent Eigentümer der neuen Infrastrukturgesellschaft ist und Private keine Eigentumsanteile an der Gesellschaft und ihrer Tochtergesellschaften erwerben dürfen.
Zu ÖPP ist eine differenzierte Betrachtung aber notwendig. Kritiker behaupten zumeist pauschal, dass es durch ÖPP zu Preissteigerungen kommen wird. Bei einem Vergleich der Finanzierung mit Haushaltmitteln und ÖPP sind ÖPP-Projekte jedoch tendenziell nur bei einer buchhalterischen Betrachtung teurer. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung sind sie deutlich günstiger. In dieser Legislaturperiode wurde im Bundeshaushalt viel mehr Geld für Infrastrukturprojekte zur Verfügung gestellt als je zu vor. Das Geld reicht aber trotzdem nicht aus, um alle erforderlichen Verkehrsprojekte zu finanzieren. Deshalb ist die richtige Frage nicht, ob ein Projekt mit privaten Investoren möglicherweise etwas teurer ist, sondern ob das Projekt ohne private Investoren überhaupt gebaut werden kann.
Das mit Abstand wichtigste Straßenbauprojekt meines Bundeswahlkreises Altötting-Mühldorf am Inn ist die A94, deren erste Planungen auf das Jahr 1970 zurückgehen. Die A94 zwischen München und Pocking bei Passau ist allerdings nicht nur für meinen Bundeswahlkreis von entscheidender Bedeutung, sondern auch im Freistaat Bayern die wichtigste noch zu erstellende Erschließungsautobahn in Ost-/West-Richtung. Ich bin der festen Überzeugung, dass der fehlende Lückenschluss des Ausbaus bis Burghausen zwischen Pastetten und Heldenstein, mit einer Länge von 33km, nicht bis zum 31.10.2019 realisiert würde, wenn der damalige Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer MdB nicht entschieden hätte, dass dieser Teilabschnitt im Rahmen einer ÖPP-Finanzierung realisiert wird. Bei einer konventionellen Finanzierung aus dem Bundesverkehrshaushalt würde dieser entscheidende Lückenschluss mit Sicherheit erst weit im nächsten Jahrzehnt fertiggestellt werden.
Wenn ein Infrastrukturprojekt nicht gebaut wird, entstehen teilweise immense volkswirtschaftliche Verluste und auch höhere Umwelt- und Klimabelastungen. Diese entstehen dadurch, dass zum Beispiel zahlreiche LKW länger unterwegs sind und sie – wenn zum Beispiel eine Verbindungstrecke nicht vorhanden ist – längere Strecken zurücklegen müssen. Dies kann bei einzelnen nicht realisierten Verkehrsprojekten zu mehreren Tausend oder gar Zehntausend zusätzlichen Fahrkilometern täglich führen. Diese Kosten für die Wirtschaft und die Umweltbelastungen werden bei einer buchhalterischen Betrachtung nicht berücksichtigt.
Da die zur Verfügung stehenden öffentlichen Mittel nicht ausreichen, um alle notwendigen Sanierungen und Neubaumaßnahmen zu finanzieren, darf die buchhalterische Betrachtung nicht die endgültige Betrachtung sein. Die Ergebnisse der buchhalterischen Betrachtung müssen in eine volkswirtschaftliche Betrachtung einfließen. Die buchhalterische Betrachtung ist zu einseitig und spiegelt die Lebenswirklichkeit nicht wieder. Bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung sind ÖPP-Projekte meist billiger. Falls bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung ÖPP-Projekte billiger sind, sollte es möglich sein, dass sich private Investoren auch künftig an der Sanierung oder am Neubau von Verkehrsinfrastrukturprojekten beteiligen. Kommt jedoch die volkswirtschaftliche Betrachtung bei einem Projekt zu dem Ergebnis, dass die Beteiligung privater Investoren teurer ist, dann darf dieses Projekt nicht mit Hilfe Privater gebaut werden.
Diese differenziert kritische Sicht auf ÖPP – Projekte steht nicht im Widerspruch zur einleitenden Aussage in meinem Schreiben. Private dürfen kein Eigentum an unserer Verkehrsinfrastruktur erwerben, das heißt, sie dürfen sich nicht an der Infrastrukturgesellschaft beteiligen. Bei einzelnen Projekten jedoch gilt es zu prüfen, ob bei einer Realisierung mit Hilfe von ÖPP der volkwirtschaftliche Nutzen größer ist oder nicht.
Ich hoffe, sehr geehrter Herr Jankner, Ihnen hiermit hinreichend Rückmeldung gegeben zu haben und stehe Ihnen natürlich auch weiterhin bei Rückfragen jederzeit sehr gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Stephan Mayer
Aufgrund technischer Probleme im Zusammenhang mit unserer neuen Webseite, konnten auf abgeordnetenwatch.de zwischen dem 13.07.2017 - 19.07.2017 leider keine Antworten eingestellt werden. Wir möchten Sie bitten, die Umstände zu entschuldigen.