Frage an Stephan Mayer von Manfred D.
Herr Mayer,
nachdem Sie gegen die Ablehnung von Schiedsgerichten bei obigen Handesabkommen gestimmt haben, darf man davon ausgehen das Sie:
1. für diese Handesabkommen sind
und
2. derartigen Schiedsgerichten positiv gegenüber stehen?
Sehr geehrter Herr Dittrich,
für Ihre Nachricht vom 29. September 2014, in der Sie mich nach meiner Einstellung zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA und einer Einführung von Schiedsgerichtsbarkeiten in diesen Abkommen fragen, danke ich Ihnen recht herzlich.
Bei meiner Antwort möchte ich deutlich zwischen den beiden Abkommen differenzieren:
Ich bin der Überzeugung, dass TTIP ein großer Fortschritt für Europa und die USA sein kann. Es würde Maßstäbe setzen, an denen sich die Verhandlungen über einen Freihandel weltweit orientieren können. Ich bin der Auffassung, dass darin auch viele positive Impulse für die Deutsche Wirtschaft und für die Sicherung bestehender bzw. Schaffung neuer Arbeitsplätze enthalten sind. Ich möchte betonen, dass TTIP nur mit Zustimmung der Öffentlichkeit gelingen kann. Da derzeit die Verhandlungen noch laufen, kann sich auch am Inhalt noch einiges ändern. Das bestehende hohe europäische Schutzniveau mit einer freiheitlich demokratischen Verfassung als Grundlage steht jedoch nicht zur Disposition.
Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass eine hohe Transparenz zum Freihandelsabkommen für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein zentrales Anliegen ist. Das Freihandelsabkommen kann nur gelingen, wenn die breite Öffentlichkeit das Abkommen unterstützt. Die EU-Kommission informiert zu diesem Zweck das Europäische Parlament sowie die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten (d.h. auch die Bundesregierung) über den Verhandlungsprozess. Die Bundesregierung gibt wiederum regelmäßig Informationen an den Deutschen Bundestag weiter. Damit ist gewährleistet, dass alle demokratisch legitimierten Institutionen über aktuelle Entwicklungen bei den Verhandlungen informiert sind. Zusätzlich wurde am 09. September durch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion eine Arbeitsgruppe zum Thema TTIP konstituiert, sodass eine lückenlose und umfangreiche Bearbeitung des Abkommens möglich ist.
TTIP lässt im derzeitigen Stadium der Verhandlungen offen, ob ein Kapitel zu Schiedsgerichtsverfahren enthalten sein wird. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird sich dieser Thematik ebenfalls in der Arbeitsgruppe zum Thema TTIP nach sorgfältiger Auswertung der bei der EU-Kommission hierzu im Rahmen der dreimonatigen Konsultationsphase inzwischen eingegangenen, sehr zahlreichen Stellungnahmen, widmen. Persönlich stehe ich den Schiedsgerichtsvereinbarungen zum Investorenschutz äußerst skeptisch gegenüber. Schiedsgerichtsvereinbarungen wurden in der Vergangenheit vor allem in Handelsabkommen zwischen Deutschland und Staaten vereinbart, in denen der hohe qualitative Grad des Justizwesens, den wir in Deutschland haben und schätzen, insbesondere hinsichtlich der Unabhängigkeit der Richter, nicht unbedingt in gleicher Weise gewährleistet waren. Diese Gefahr besteht bei TTIP allerdings nicht, welches schließlich zwischen den USA und der EU geschlossen wird.
Die Verhandlungen zu CETA sind abgeschlossen. CETA ist nach Auffassung Deutschlands und aller anderen EU-Mitgliedstaaten ein sogenanntes gemischtes Abkommen, d.h. Vertragsparteien auf europäischer Seite sind sowohl die EU wie auch alle Mitgliedstaaten. Dies wird auch durch ein aktuelles, vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bestätigt. Daher bedarf es einer Ratifikation von CETA durch die EU (Europäisches Parlament und Rat) sowie durch die 28 Mitgliedstaaten. In Deutschland erfolgt dies durch den Bundestag und den Bundesrat. Durch den Ratifizierungsprozess ist eine umfassende Kontrolle des Abkommens durch die demokratisch legitimierten Institutionen gewährleistet.
CETA enthält Regelungen zum Investitionsschutz und zum Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren. Generell ist es meine Position, dass Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls, die rechtsstaatlich und demokratisch begründet sind, nicht unterwandert werden dürfen. Nur Investitionen, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaats stehen, sind durch Investitionsschutzverträge geschützt. Dementsprechend räumt das Investitionsschutzkapitel in CETA nur solchen Investitionen Schutz ein, die unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen des jeweiligen Anlagelandes getätigt wurden, in Deutschland also im Einklang mit deutschen Recht und EU-Recht stehen. Außerdem enthält CETA eine Regelung, wonach nicht-diskriminierende staatliche Maßnahmen im öffentlichen Interesse, wie beispielsweise im Bereich des Umwelt- und Gesundheitsschutzes, keine entschädigungspflichtige indirekte Enteignung darstellen. Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn die betreffenden Maßnahmen manifest unverhältnismäßig sind. Dann wären sie aber bereits nach deutschem Verfassungsrecht rechtswidrig, so dass CETA insoweit keine zusätzlichen Ansprüche für Investoren schafft. Ein aktuelles Rechtsgutachten des Max-Planck-Instituts für das Bundeswirtschaftsministerium bestätigt, dass der durch CETA gewährte Schutz ausländischer Investoren deutlich hinter dem Investitionsschutz des Grundgesetzes zurück bleibt. Mit anderen Worten: Das deutsche Verfassungsrecht bietet für ausländische Investoren bereits heute einen wesentlich stärkeren Schutz gegen staatliche Maßnahmen als CETA. Der im Grundgesetz verankerte gesetzgeberische Spielraum zum Schutz öffentlicher Interessen (z.B. nationale Sicherheit, Umwelt, Gesundheit etc.) wird durch CETA nicht tangiert.
Für weitere Fragen und Anliegen stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Stephan Mayer