Frage an Stephan Mayer von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Mayer,
Frau Rudert kritisiert die neue Rundfunkgebühr und bezeichnet diese treffend als Zwangssteuer. Sie fragt, warum Menschen nicht selbst entscheiden dürfen, was sie in Anspruch nehmen und bezahlen wollen?
Ihre darauf bezogene Frage weicht m.E. dieser Kritik aus und stellt falsche Zusammenhänge auf.
Ich zitiere aus Ihrer Antwort:
"Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine besondere Funktion und Aufgabe, die meines Erachtens die Art der Finanzierung nachvollziehbar macht. Ausgerichtet ist dieser auf die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft, die durch ihre breitgefächerten Interessen auch nach einem breitgefächerten Programm verlangt."
http://www.abgeordnetenwatch.de/stephan_mayer-778-78330--f422914.html#q422914
Frage 1:
Welchen wichtigen Beitrag für die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft leisten die täglichen Seifenopern, Krimis, (Small)Talkshows und Unterhaltungsendungen?
Frage 2:
Wenn unsere Gesellschaft auf Grund Ihrer breitgefächerten Interessen nach einem breitgefächerten Programm verlangen sollte, warum verdammt noch mal zahlt nicht jeder Teil dieser Gesellschaft für das was er verlangt und nutzt, wie das in anderen Bereichen der Wirtschaft üblich ist?
Wir zwingen doch auch nicht Menschen, die Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen, den Sportwagen des Nachbarn mitzufinanzieren?
Sie weisen in ihrer Antwort darauf, dass durch die technische Entwicklung bedingt (viele neuzeitliche elektronische Geräte können Rundfunk empfangen), das bisherige gerätebezogene Gebührenmodell nicht mehr zeitgemäß wäre.
Leider übersehen Sie, dass durch die technische Entwicklung bedingt es ein leichtes wäre, die Angebote des Rundfunks so zu verschlüsseln, dass nur ein bezahlendes Publikum (egal mit welchem Gerät) diese nutzen könnte. Die Bezahlung könnte nutzungsbhängig erfolgen.
Frage 2:
Wäre das nicht fairer als alle Haushalte in Sippenhaft zu nehmen?
Viele Grüße, Thomas Schüller
Sehr geehrter Herr Schüller,
für Ihre kritische Auseinandersetzung mit meiner Antwort an Frau Rudert vom 26. September 2014, in der ich meine Einschätzung zur GEZ-Gebühr darlege, danke ich Ihnen recht herzlich und setze mich gerne mit den von Ihnen aufgeworfenen Fragen auseinander.
Meines Erachtens tragen auch die von Ihnen genannten Sendungen wie Serien, Krimis, Talkshows und Unterhaltungsendungen zu einer umfassenden Befriedigung der demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse einer heterogenen und pluralen Gesellschaft bei. Mithin stehen mit reinen Informationssendern wie ZDFinfo ganztägig Programme bereit, die in dieser Art und Weise von den privaten Fernsehsendern nicht bereitgestellt werden und ausschließlich der Information dienen.
Zu Ihrer zweiten Frage möchte ich mich auf die aktuelle Rechtsprechung des rheinland-pfälzische und des bayerischen Verfassungsgerichtshof vom Mai 2014 berufen; hier wurden jeweils ähnlich gelagerte Klagen von Unternehmen abgewiesen und die Gebühr für das öffentlich-rechtliche Radio- und Fernsehangebot als verfassungsgemäß eingestuft. Der Rundfunkbeitrag als öffentlich-rechtliche Abgabe fußt dabei auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Er ist die vorrangige Finanzierungsquelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der Beitrag knüpft nicht mehr an dem Bereithalten eines Empfangsgerätes an. Die Beitragspflicht besteht unabhängig von der tatsächlichen Rundfunknutzung, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk der gesamten Gesellschaft nutzt. Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat beizutragen, wer die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks empfangen kann, aber nicht notwendig empfangen (haben) muss.
Sollten Sie, wie zu Ende Ihrer zweiten Frage und zu Beginn Ihrer dritten Frage angedeutet, eine Petition zur Änderung der Gesetzesgrundlage für die Gebührenerhebung einreichen wollen, wenden Sie sich bitte an den Ministerpräsidenten Ihres Landes bzw. Ihren Landtagsabgeordneten. Die Rundfunkgebühren in Deutschland fallen nämlich in die alleinige Zuständigkeit der Bundesländer. Der Bund hat hier keine rechtlichen Kompetenzen.
Wie bereits auch schon Frau Rudert mitgeteilt, erwarten die Ministerpräsidenten Ende 2015 einen Evaluationsbericht zur Umstellung des Gebührenmodells. Für weitere Fragen und Anliegen stehe ich Ihnen selbstverständlich jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Stephan Mayer, MdB