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Stephan Mayer
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Frage von Tobias W. •

Frage an Stephan Mayer von Tobias W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Mayer,

Ich beziehe mich auf einen Beitrag im Spiegel:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,682636,00.html

der Spiegel zitiert Sie wie folgt:

"Eine Schweigemauer kann ich in der katholischen Kirche beim besten Willen nicht erkennen", widersprach am Dienstag der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Mayer. Die Deutsche Bischofskonferenz habe deutlich gemacht, dass sie bei Missbrauch keine Toleranz gelten lasse. "Wenn es Verfehlungen gab - und es gab sie -, dann muss diesen nachgegangen werden", sagte Mayer. "Man darf aber nicht den Fehler machen, die katholische Kirche in Bausch und Bogen an den Pranger zu stellen."

Da Sie die Schweigemauer beim besten Willen nicht erkennen können, darf ich Ihnen vielleicht auf die Sprünge helfen. 1962 instruierte der Vatikan alle seine Bischöfe, Fälle sexuellen Missbrauchs zu vertuschen. Der Guardian berichtete darüber und stellt das Vatikandokument zur Verfügung:

http://www.guardian.co.uk/world/2003/aug/17/religion.childprotection

Im Mai 2001 schrieb Herr Ratzinger (damals noch nicht Papst) einen Brief an alle Bischöfe, um sie darauf hinzuweisen, dass die Anweisung von 1962 immer noch in Kraft ist. Der Spiegel schreibt zu Frau Leutheusser-Schnarrenbergers Krichenkritik:

"Konkret wies die FDP-Politikerin auf eine Kirchen-Direktive von 2001 hin, die für Schulen in katholischer Trägerschaft gelte und auch schwere Missbrauchsfälle zunächst unter päpstliche Geheimhaltung stelle."

Damit bezog sich die Justizministerin offensichtlich auf das Rundschreiben Ratzingers im Mai 2001.

Wollen Sie die offensichtlichen Fakten leugnen, wenn Sie sich der TATSACHE verschließen, dass die Kirche Missbrauchsfälle aktiv verschleiert? Ich würde mir auch von so genannten Christdemokraten Ehrlichkeit in der Sache wünschen. Anders ist diesem kriminellen Sumpf nicht beizukommen. Das Dokument von 1962 rückt die kath. Kirche in meinen Augen in die Nähe einer kriminellen Organisation.

mit freundlichen Grüßen,

T. Weisserth

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Sehr geehrter Herr Weisserth,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de, in der Sie Bezug auf einen Artikel im Spiegel über sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche nehmen. Gerne beantworte ich Ihnen Ihre Fragen.

Ich stehe auch weiterhin zu meinen Aussagen, die im Spiegel zu sexuellem Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen zitiert worden sind. Nach den vielen Verdachtsfällen in der Katholischen Kirche, aber auch in zahlreichen weiteren staatlichen und privaten Einrichtungen, hat die katholische Kirche umfangreiche Ermittlungen eingeleitet. Auch der Papst Benedikt XVI. hat die deutschen Bischöfe ermuntert, mit ihren Maßnahmen und dem eingeschlagenen Weg der Aufklärung uneingeschränkt fortzufahren. Ich vertraue daher darauf, dass die katholische Kirche in angemessener Weise ihre Aufklärung und Aufarbeitung fortsetzen wird.

Missbrauch von Minderjährigen gehört zu den schlimmsten Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung überhaupt. Werden Kinder Opfer eines Missbrauchs, führen die körperlichen und seelischen Schäden häufig zu langanhaltenden traumatischen Erfahrungen und psychischen Störungen. Dies belegen auch die zumeist verstörenden Aussagen der Opfer. Die damaligen Verdachtsfälle zeigen, dass sexueller Missbrauch insbesondere in so genannten "geschlossenen Systemen" verstärkt auftritt. Statistiken und Forschungsergebnisse belegen jedoch, dass der sexuelle Missbrauch am häufigsten auf familiärer Ebene vorkommt. Erst danach folgen beispielsweise Internatsschulen, Sportvereine oder kirchliche Einrichtungen.

In diesem Sinne hat sich auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, bereits am 22. Februar 2010 zum Auftakt der Vollversammlung der Bischöfe in Freiburg geäußert. Der Erzbischof hat sich dabei ebenfalls in aller Deutlichkeit bei den Opfern entschuldigt, was ich sehr begrüße. Die deutschen Bischöfe haben durch ihre Abschlusserklärung anlässlich der Freiburger Vollversammlung unterstrichen, dass sie die Aufklärung der Missbrauchsfälle in den eigenen Reihen ernst nehmen und sie zugleich eine enge Zusammenarbeit mit der Justiz wünschen. Die Ernennung von Bischof Stephan Ackermann zum Beauftragten der Bischofskonferenz für alle Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich sowie die Überarbeitung der Leitlinien zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche von mit Unterstützung von interdisziplinären Fachleuten sind dafür richtige Schritte.

Die CDU/CSU-Fraktion hält angesichts der schwerwiegenden traumatischen Folgen bereits seit längerer Zeit diese Einstufung des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen als Verbrechen für dringend erforderlich. Jeder einzelne Verdachtsfall belegt einmal mehr den dringenden Handlungsbedarf für eine Strafverschärfung. Aus meiner Sicht sollte daher auch über eine Anhebung des unteren Strafrahmens des sexuellen Missbrauchs - von 6 Monaten hin zu einem Jahr - diskutiert werden.

Für eventuelle Nachfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Stephan Mayer
Bundestagsabgeordneter

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