Stefan Wenzel
Stefan Wenzel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dr. Michael L. •

Frage an Stefan Wenzel von Dr. Michael L. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen

hallo Herr Wenzel,

ich bin glühender Verfechter des öffentlichen Nahverkehrs und so an einer sauberen Umwelt und bezahlbarem Güteraustausch interessiert.
Kann man nicht doe "Öffis" durch eine höhere Benzinsteuer subventionieren?
Wir würden doch zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denke ich.

Und ein Kapitel vermisse ich total: Die Verkehrspolitik in Bezug auf Häfen und Seefahrt.
Was ist mit dem Ausbau des Jadeweserports?
sind die Grünen dafür?
es wäre ja toll für die Wirtschaft und Niedersachsen als Küstenland - aber andereseits: was ist mit der Umweltbelastung durch Schiffe?

Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen. zu antworten

M. Lamuhr

Stefan Wenzel
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dr. Lamuhr-Brecher,

ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und die Gelegenheit zur Stellungnahme.

Wir halten es für dringend erforderlich, den ÖPNV zu fördern und attraktiver zu gestalten. Unsere Vorschläge dazu möchte ich Ihnen gern im Folgenden näher bringen. Eine Erhöhung der Steuern halten wir allerdings nicht für angezeigt, da erhöhte Spritpreise auch den ÖPNV (Busse und mit Kraftstoff betriebene Bahnen) treffen würde, also kein Wettbewerbsvorteil für den ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr erzielt würde, und zudem eine solche Maßnahme in der Bevölkerung nicht auf Akzeptanz stoßen würde.

Zur Förderung des ÖPNV fordern wir statt der bevorstehenden Abschaffung eine Weiterentwicklung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG), damit die kommunalen Aufgabenträger auch künftig zweckgebunden Gelder für Ihre Investitionen in den ÖPNV erhalten. Wir haben dazu bereits einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

Angesichts begrenzter Verkehrshaushalte muss eine Umschichtung bei den Finanzierungsmitteln (GVFG) von der Straße (40 Prozent) auf die Schiene (60 Prozent) erfolgen. Bisher ist das Verhältnis umgekehrt. Wir fordern zudem die Sicherung und bedarfsgerechte Anpassung der Regionalisierungsmittel (Fördermittel des Bundes für den SPNV der Länder). Der SPNV/ÖPNV braucht langfristige finanzielle Sicherheit. Stattdessen stellt die Landesregierung jedes Jahr die Höhe der Förderung zur Disposition und zweckentfremdet einen erheblichen Teil der Bundesmittel für die Schülerbeförderung. Die SchülerInnenverkehre müssen durch differenziertere Förderung und stärkere Spreizung der Schulanfangs- und -endzeiten, wo immer möglich, in ein normales öffentliches Verkehrsangebot über den ganzen Tag eingebunden werden. Dazu möchten wir als zusätzlichen Anreiz auch die direkten Zuweisungen an die Aufgabenträger aus dem Landesnahverkehrsgesetz einsetzen.

In den vergangenen zehn Jahren sind die Fahrgastzahlen im niedersächsischen Schienennahverkehr um fast 30 Prozent gestiegen. Dies macht eine Neubewertung zur Reaktivierung von Bahnstrecken und Haltepunkten erforderlich. Stillgelegte Bahnstrecken und -haltepunkte werden wir bei ausreichendem Bedarf reaktivieren.

Das Niedersachsenticket soll als flächendeckende Verbundkarte inklusive kostenloser Fahrradmitnahme im ÖPNV ausgebaut werden.

Wir wollen einen ÖPNV mit landesweit durchgehenden Tarifen (über alle Verkehrsträger) und einen Taktfahrplan mit Anschlusssicherheit sowohl zum Fernverkehr als auch vom Zug zum Bus.

In Räumen und Zeiten schwacher Nachfrage Ergänzung und gegebenenfalls auch Ersatz von Linienverkehren durch flexible ÖV-Angebotsformen wie Disko-, Nacht-, Event- oder Fahrradbusse und auch die bei geringer Auslastung ökologischeren Rufbusse und Anrufsammeltaxen.

Durch die Ausweitung auf einen landesweiten Schienenfahrzeug-Pool, auf den alle Aufgabenträger Zugriff haben, wollen wir günstigere Beschaffungskosten und einen fairen Wettbewerb zwischen den großen öffentlichen Verkehrsanbietern und auch kleineren Wettbewerbern durchsetzen. Die vertiefte Zusammenarbeit von öffentlich getragenen ÖPNV-Unternehmen in Niedersachsen wollen wir unterstützen. Dadurch wollen wir ihre verstärkte Mitwirkung auch im Bieterwettbewerb zum Schienennahverkehr ermöglichen.

Zusätzlich wollen wir das Landesvergabegesetz auf den ÖPNV ausweiten und damit die Arbeitsbedingungen im Nahverkehr fairer gestalten. Der Wettbewerb darf nicht über die Lohnkosten ausgetragen werden.

Die Idee eines prioritären Landes-Busliniennetzes bietet neue Chancen. Ein solches Netz verstehen wir als Ergänzung des ÖPNV-Rückgrats Schiene und nicht als dessen Ersatz. In demografischen Problemgebieten wie im Harz, im Wendland und an der Küste wollen wir mit EU-Fördermitteln Pilotprojekte dazu beginnen.

Nicht zuletzt ist es unser Ziel, den barrierefreien Zugang zum ÖPNV so schnell wie möglich mit landesweiten Standards an allen Stationen durchzusetzen. Ausdrücklich geht für uns dabei eine schnellere, flächendeckende Umsetzung im Vergleich zu einer maximalen Umsetzungsqualität vor.

Zu Ihrer zweiten Frage: Der JadeWeserPort in Wilhelmshaven ist seit September letzten Jahres in Betrieb. Die Grünen haben den Bau dieses Hafens unterstützt, weil durch diesen ersten und einzigen Tiefwasserhafen an der deutschen Nordseeküste weitere Vertiefungen der Zufahrten zu den Häfen Bremen und Hamburg überflüssig werden. Insofern nützt dieser Hafen der Umwelt, weitere Flussvertiefungen werden damit überflüssig. Für diese Position treten wir als Grüne ein.

Die Seeschifffahrt muss umweltfreundlicher werden, deshalb wollen wir die Entwicklung beim Einsatz von Erdgas als Treibstoff für Frachtschiffe voranbringen. Wir können uns vorstellen, dass vergleichbar mit den Plänen der Landesregierung in Schleswig-Holstein für den Hafen Brunsbüttel, wichtige Häfen des Landes wie der JadeWeserPort mit Flüssiggasstationen zum Betanken von Schiffen ausgerüstet werden. GreenPort-Regelungen, nach denen z.B. Schiffe mit umweltfreundlichen Antrieben geringere Hafengebühren zahlen müssen, sollen den Umweltschutz der Schifffahrt verbessern und die Belastung der Anwohner weiter vermindern.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Wenzel

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