Frage an Stefan Wenzel von Oliver N. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Wenzel,
zunächst einmal wünsche ich Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2013!
In Niedersachsen (aber auch bundesweit) haben sich in den letzten 4 Jahren sehr viele Interessengemeinschaften von Erbbauberechtigten gegründet, weil sich u.a. aufgrund starker Erbbauzinserhöhungen eine sehr große Unzufriedenheit entwickelt hat.
Die jüngsten Beschlüsse der Niedersächsischen Gerichte, allen voran des OLG Braunschweig, sind für Wirtschaftsexperten nicht nachvollziehbar.
Legen sie doch den Blick auf eine Justiz frei, die stur und starrsinnig an einer einmal getroffenen Entscheidung des BGH von 1980 festhält, obwohl offenkundig ist, dass große Teile der Grundlagen, auf die sich der BGH 1980 gestützt hat, mittlerweile weggebrochen sind.
Wirtschaftswissenschaftler "lachen" mittlerweile über die Begründungen des OLG Braunschweig, wonach die Erbbauzinserhöhungen "rechtmäßig" sein sollen und "angeblich" der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung entsprechen würden.
Aussagen und vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. Sibbertsen (Leibniz-Universität Hannover) und ebenfalls von Prof. Dr. Gabisch (Universität Göttingen) - diese liegen Ihrer Fraktion vor, bestätigen sehr deutlich, dass es den Gerichten an Sachverstand - bezogen auf die Einschätzung der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung - mangelt.
Erbbaurechtsgeber, allen voran die Klosterkammer Hannover, wissen um die Umstände, sie wissen, dass besonders Rentner und Familien unter den ständigen Erbbauzinsanpassungen zu "leiden" haben.
Aber anstatt gemeinsam mit den Pächtern Lösungen zu finden, möchte die Klosterkammer das Problem weiterhin aussitzen - der wirtschaftlichen Interessen wegen.
Fragen:
1. Für welche Änderungen würden Sie sich zukünftig einsetzen?
2. Wie erklären Sie sich die Aussagen der Wirtschaftswissenschaftler, bezogen auf das Urteil des OLG Braunschweig?
3. Würden Sie Vertreter einzelner IG´s auch zum persönlichen Gespräch einladen?
Vielen Dank!
Oliver Neuber
Sehr geehrter Herr Neuber,
da wir im gesamten Verlauf der Auseinandersetzung um die Höhe der Erbpachtanpassungen durch die Klosterkammer in engem Kontakt zu den Interessensgemeinschaften gestanden haben - telefonisch, per Mail und durch persönliche Gespräche - kann ich mir an dieser Stelle sicher ersparen, die inhaltliche Diskussion und unsere Position dazu noch einmal breit darzustellen. Auch in den Beratungen in den Ausschüssen und dem Plenum des Landtages haben wir die Interessen der Erbpachtnehmer immer im Blick gehabt und uns unter anderem dafür eingesetzt, dass die Vertreter und Vertreterinnen der Interessensgemeinschaften auch persönlich im Ausschuß für Haushalt und Finanzen ihre Argumente erläutern konnten. Eine Politik im Dialog mit den Betroffenen ist für uns selbstverständlich und deshalb ist es natürlich auch selbstverständlich, dass wir auch in Zukunft das persönliche Gespräch führen werden.
Die Gewaltenteilung in der Demokratie ist für uns eine unverzichtbare Säule des Rechtsstaates. Sie haben deshalb sicher Verständnis, dass wir als Repräsentanten der Legislative ihre Schelte an den niedersächsischen Gerichten nicht nachvollziehen wollen. Wir haben Verständnis dafür, dass Sie als unterlegene Partei mit den gerichtlichen Entscheidungen nicht zufrieden sind, aber es ist ein sinnvolles Prinzip, dass sich die Politik in solchen Fällen nicht zum Oberschiedsrichter aufspielen darf. Dabei ist der Umstand, dass ein Gericht sich nicht nur an den Fachgutachten der streitenden Parteien orientiert, sondern in eigener Verantwortung entscheidet, ein nicht ungewöhnliches und durchaus erwünschtes Ergebnis.
Sicher muss diskutiert werden, ob das Erbbaurecht eine Modernisierung erfahren sollte. Das ist eine Aufgabe der Bundespolitik. Zu beachten wäre dabei, dass Verschiebungen im Kräfteverhältnis zwischen Erbbaurechtsgebern und -nehmern nicht die Bereitschaft insgesamt schädigen, das Instrument Erbbaurecht auf beiden Seiten zu nutzen. Außerdem ist die Verhandlungsstärke der beiden Seiten häufig weniger von der rechtlichen Normierung abhängig, sondern von den jeweiligen Marktverhältnissen, die sich bekanntlich immer wieder verändern. Veränderungen im Erbbaurecht sind also alles andere als trivial und bedürfen einer intensiven Prüfung. Die von Ihnen beauftragten Gutachten können in diesem Zusammenhang einen wichtigen Beitrag liefern und vielleicht eine Diskussion im Bundestag initiieren.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Wenzel