Portrait von Roland Fischer
Roland Fischer
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Roland Fischer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Karl Heinz E. •

Frage an Roland Fischer von Karl Heinz E. bezüglich Soziale Sicherung

sehr geehrter Herr Fischer,
als angehender Rentner (in 3 Jahren) kann ich meinen derzeitigen Lebensstandard bei Weitem nicht halten. Ich werde gezwungen sein aus München wegzuziehen.
Sind Sie der Meinung dass es richtig und gerecht ist die Renten wie vorgesehen immer weiter abzusenken?

Portrait von Roland Fischer
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Eder,

noch Ende der 1980er Jahre stand in der gesetzlichen Rentenversicherung die Sicherung des Lebensstandards der Rentnerinnen und Rentner im Vordergrund. Damals erhielt der "Eckrentner" noch 70 Prozent seines letzten Nettoentgelts als Rente. Der Eckrentner ist übrigens nur eine rein statistische Größe, es hat ihn tatsächlich nie gegeben. Schließlich hat kein Mensch 45 Jahre lang immer genau den Durchschnittsverdienst aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erzielt, denken Sie nur an die Ausbildungszeiten. Politik hat seit der Rentenreform 1957 immer wieder, teilweise sogar dramatisch, in die gesetzliche Rente eingegriffen, z. B. mit der Finanzierung der deutschen Einheit über die Renten-, statt der Steuerkasse oder mit vielen versicherungsfremden Leistungen, die bei weitem nicht alle vom Bundeszuschuss, also aus Steuermitteln, getragen werden.

Vor zehn Jahren änderte sich dann - leider - der Grundsatz der gesetzlichen Rente völlig. Statt der Sicherung des Lebensstandards stand nun und bis heute die Höhe des Beitragssatzes im Vordergrund und private Vorsorge sollte die auftretenden Lücken schließen. Der Beitragssatz ist bis 2020 auf maximal 20 Prozent, bis 2030 auf maximal 22 Prozent gedeckelt. Das Rentenniveau aber kann bis 2020 auf 46 Prozent und bis 2030 auf 43 Prozent absinken. Auch in der Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren einiges dramatisch verändert. Früher war es die Regel, dass Menschen nach ihrer Ausbildung im gleichen Betrieb übernommen und bis zur Rente beschäftigt wurden. Heute gibt es zu Beginn des Berufslebens Praktika (ohne Sozialversicherung), ständige Wechsel des Arbeitgebers, immer wieder Zeiten der Arbeitslosigkeit, zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse mit Leiharbeit, Werkverträgen und Minijobs. Und damit bin ich beim ersten und wichtigsten Problem, um das sich Politik kümmern muss: Armut im Arbeitsleben bedeutet automatisch Armut im Alter. Nur mit guten Löhnen und Gehältern kann es später eine vernünftige Rente geben, das betrifft vor allem Frauen. So war die durchschnittliche Altersrente bei Neuzugängen 2011 in Bayern bei den Männern 922,58 € (wenig genug), bei den Frauen aber nur 517,79 €.

Heuer sind in den alten Bundesländern die Renten zum 1. Juli um gerade einmal 0,25 Prozent erhöht worden, bei einer Inflationsrate von 1,9 Prozent. Alleine in den letzten zehn Jahren betrug der Kaufkraftverlust für die Rentnerinnen und Rentner fast 12 Prozent, in München sind es nicht zuletzt wegen der steigenden Mieten noch mehr. Die Zahl der älteren Menschen, die Grundsicherung im Alter beziehen, wird sich nach einer Prognose der Stadt in den nächsten sieben Jahren verdoppeln. Ich schildere diese Daten und Fakten deswegen etwas ausführlicher, weil sich aus Ihnen eindeutig die Antwort auf Ihre Frage ableitet: Es ist weder richtig noch gerecht, dass das Rentenniveau immer weiter sinkt und es ist allerhöchste Zeit, dass sich die Politik um die gesetzliche Rente als den wichtigsten Faktor der Altersvorsorge kümmert.

Die gesetzliche Rente hat im Gegensatz zu allen privaten Modellen alle Kriege, Währungsreformen und Krisen überstanden. Ja sie rechnet sich mit einer Rendite von über vier Prozent sogar mehr als z. B. Lebensversicherungen, die gerade mal 1,75 Prozent Zinsen garantieren. Die Rentenkasse sind allen früheren Unkenrufen zum Trotz gut gefüllt. Aber statt jetzt Rücklagen aufzubauen (dazu hat der DGB ein sehr gutes Modell vorgestellt), hat Schwarz-Gelb die Beiträge gesenkt und Finanzminister Schäuble sich mit 1,11 Milliarden Euro heuer aus dem Bundeszuschuss bedient.

Die SPD hat als einzige Partei ein umfassendes Rentenkonzept beschlossen, das auch durchgerechnet und finanzierbar ist. Wir wollen die Rente mit 67 mindestens solange aussetzen, bis tatsächlich die Menschen zwischen 60 und 65 in sozialversicherungspflichtiger Vollzeitbeschäftigung sind. Wir werden die Abschläge bei der Renten wegen Erwerbsminderung abschaffen und die Zurechnungszeit verlängern. Das Rentenniveau wird bis mindestens 2020 nicht weiter abgesenkt. Wer 45 Versicherungsjahre (also Beitrags-, Kindererziehungs-, Ausbildungs-, Krankheitszeiten usw.) vorweisen kann, kann ohne jede Abschläge mit 63 Jahren in Altersrente gehen. Und wer 40 Versicherungsjahre, darunter 30 Beitragsjahre hat, bekommt eine garantierte Rente von mindestens 850 Euro.

Keine Frage, auch die Sozialdemokratie hat bei der Rente einige Fehler in der Vergangenheit gemacht. Aber wer sich die Programme der großen Parteien ansieht wird feststellen, dass die SPD als einzige auch daraus gelernt hat. Ich finde es unerträglich, wenn gerade die Menschen, die ihr Berufsleben in unserer Stadt verbracht, ja sie mit aufgebaut haben, sich München im Alter nicht mehr leisten können. Gerade deswegen engagiere ich mich seit Jahren vor allem bei den Themen Arbeit, Miete und Rente, hier sehe ich den größten Handlungsbedarf.

Mit freundlichen Grüßen
Roland Fischer