Frage an Roland Fischer von Günter M. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Herr Fischer,
ich habe durch Anstrengung erreicht, dass ich trotz gesundheitlicher Einschränkungen mein Geld selbst verdiene. Ich erzog meine Kinder zu vorbildlichen Mitbürgern, die auch ehrenamtlich tätig sind.
Nunmehr bin ich etwas über 50 Jahre alt. Da ich meinen Arbeitsplatz wechseln musste, weil die gesundheitlichen Einschränkungen zu enorm wurden, hatte ich keinen Kündigungsschutz.
Mein Arbeitgeber sagte mir unmissverständlich, dass er lieber Spanier einstellt.
Daher wurde ich entlassen.
Letzten Monat war nun den Medien zu entnehmen, dass die Zuwanderung auf über 1 Mio. im Jahr 2012 angestiegen ist.
Wie Sie dem Link entnehmen können, begrüßte das Frau von der Leyen und bezeichnet das als Glücksfall:
Ich bin es leid, dass die offiziell 3 Mio. Erwerbslose, plus die Erwerbslosen die die Statistik nicht erfasst, als Bagatelle abgetan werden. Viele Menschen sind schon lange erwerbslos, auch durch widrige Umstände. Eine marktnahe Qualifizierung bzw. individuelle Lösungen erfolgen meistens nicht.
Wie kann es sein, dass man nach den hier lebenden Menschen kaum schaut, aber die Bundesagentur für Arbeit z.B. gezielt in Spanien Menschen anwirbt?
Ich bin kein Ausländerfeind, aber ich finde es unverschämt, dass die jungen und gesunden Zuzügler die anderen langsam verdrängen bzw. andere gar keine Möglichkeiten haben am Erwerbsleben teil zu nehmen.
Zwei Drittel der Renten sind Versicherungsleistungen, 1/3 der Renten werden aus Steuermitteln bezahlt. Wenn die Zuzügler als Rentner wieder nach Hause gehen, wird ihnen aber genauso viel überwiesen, wie den Leuten die hier leben.
Warum bekommen z.B. Thailänder die dort 20% der hiesigen Lebenshaltungskosten haben, 100% der Rente?
Kann es sein, dass die Entvölkerung im südl. Europa zu Problemen führt?
Mit freundlichen Grüßen
Günter Möder
Sehr geehrter Herr Möder,
ich bedauere sehr, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen Ihren Arbeitsplatz verloren haben. So wie Sie ihren Fall schildern, sollten Sie sich dringend arbeitsrechtlich beraten lassen.
Durch die völlig einseitige und damit falsche Politik von Frau Merkel in Europa kommt es zur vorhersehbaren Zuwanderung aus den südeuropäischen Ländern. Kein Wunder, wenn diesen Ländern nur ein gnadenloses Sparprogramm aufgebürdet wird und nicht gleichzeitig Wachstumsimpulse angestoßen werden. Wir bräuchten - und dafür mache ich mich stark - für die betroffenen Staaten eine Art Marshallplan, der gerade für die jungen Menschen eine Perspektive bietet.
Ich finde es hochinteressant, dass die Wirtschaft einerseits über zunehmenden Mangel an Fachkräften klagt, aber bislang fast nichts zur Qualifizierung der bereits Beschäftigten geschweige denn der - wie Sie zu Recht ausführen - vielen Erwerbslosen bei uns beiträgt. Seitens der Politik bedarf es einer Doppelstrategie: Zum einen wollen wir allen die Chance geben, so qualifiziert wie möglich zu arbeiten. Zum anderen wollen wir allen, die unfreiwillig von Arbeit ausgeschlossen sind, neue Zugänge eröffnen. Wir wollen Bildungsmobilität und Aufstiegschancen verbessern. Mit der beruflichen Aufstiegsfortbildung (Meisterin/Meister, Technikerin/Techniker, Fachwirtin/Fachwirt) steht bereits eine bewährte Karriereform zur Verfügung. Diese „Oberstufe” des dualen Systems wollen wir weiter ausbauen. Sie bietet auch eine Alternative zum Hochschulabschluss. Weitere Aufstiegswege für Fachkräfte sind die Hochschulen und deren Studienangebote. Im Sinne einer besseren Durchlässigkeit wollen wir die Hochschulen noch mehr für beruflich Qualifizierte öffnen und die Zugänge erleichtern, z.B. durch Anerkennungs- und Kompetenzfeststellungsverfahren.
Auch die Berufsbilder im Dienstleistungsbereich müssen zeitgemäß ausgestaltet und nach dem Berufsbildungsgesetz neu geregelt werden. Geschlechterspezifische Zuordnungen müssen überwunden werden. Dazu werden wir mit den Sozialpartnern neue Qualifikationen, Berufe und Ausbildungsfelder erschließen. Nur so können die Beschäftigungspotenziale im Dienstleistungsbereich erschlossen werden.
Unser Ziel ist es, die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen. Wir werden dazu die Möglichkeiten zur Berufstätigkeit für Ältere, Berufsrückkehrerinnen und Berufsrückkehrer, Migrantinnen und Migranten sowie Langzeitarbeitslose erweitern durch die Fortführung des Eingliederungszuschusses für Ältere, den Ausbau der Betreuungsstrukturen für Kinder und Pflegebedürftige sowie des Sprachkurs-Angebotes und die Rücknahme der Kürzungen bei den Qualifizierungskosten für Arbeitssuchende. Auch nachholende Qualifizierung wollen wir erleichtern.
Grundsätzlich ist Tatsache, dass hier lebende Ausländerinnen und Ausländer mehr an Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen zahlen, als sie insgesamt Leistungen beziehen. Unsere gesetzliche Rentenversicherung unterscheidet zum Glück nicht nach Staatsangehörigkeit oder Herkunft. Wer bei uns Beiträge zahlt, erhält auch nach Erfüllung von Wartezeiten und anderen Anspruchsvoraussetzungen die ihr oder ihm zustehenden Leistungen. Diese Ansprüche aus Beiträgen sind Eigentum. Dabei kommt es vor allem auf die Anzahl der Beitragsjahre und des erzielten Einkommens an. Der Steuerzuschuss des Bundes deckt lediglich leidlich die beitragsfreien versicherungsfremden Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ab. Details für Ausländer regeln oft auch zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen. Ich kann mich zum Beispiel persönlich noch gut an eine Aktion erinnern, die türkischen Staatsangehörigen bei dauerhafter Ausreise in die Türkei die Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung erstattet hat. Die Beiträge der Arbeitgeber blieben in der „Rentenkasse“ und sorgten für ordentliche Rücklagen.
Warum sollten wir Rentenansprüche von der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz abhängig machen? Die Rentenansprüche sind doch in Regionen mit besonders hohen Lebenshaltungskosten, z. B. im Ballungsraum München, auch nicht höher als beispielsweise in Nordost-Oberfranken. Und wenn ein deutscher Rentner seinen Lebensabend im Ausland verbringen will, steht ihm dort doch sicher auch unbestritten seine volle Rente zu, auch auf den Philippinen und in Bangladesch.
Die hohe Arbeitslosigkeit und die fehlende Perspektive in Südeuropa werden uns und diesen Ländern in der Tat noch Probleme bereiten, wenn wir - wie bereits ausgeführt - die falsche Austeritätspolitik fortsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Roland Fischer