Frage an Roland Fischer von Carlo H. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Fischer,
ich habe mir ein schwieriges Thema für meine Frage ausgesucht welches ich, zugegebener maßen, selbst nicht ganz durchschaue.
Ich würde gerne wissen, wie die künftige Konzeption unserer Sozialversicherungen Ihrer Meinung nach aussehen soll?
Meiner Meinung nach sind die Renten- und Krankenkassensysteme in Deutschland finanziell überfordert. Kurfristige Überschüsse (bei den Krankenkassen) scheinen mir eher Umverteilungsergebnisse zu sein, als die nachhaltige Auswirkung von echten Reformen. Die zusätzlich etablierte "private Riester Säule" (bei der Rente) reicht nicht und kann sich nicht jeder leisten. Soziale Ungerechtigkeiten sind in beiden Systemen vorprogrammiert.
Sollte man nicht das Konzept der "Bürgerversicherung" zukünftig, bei beiden Versicherungen, ernsthafter diskutieren?
Wis sieht Ihre persönliche Meinung zum "einfrieren" des Arbeitgeberbeitrags bei einer Sozialversicherungreform aus. Der "Solidargedanke" bei der Krankenversicherung wurde ja schon teilweise zu Lasten des Arbeitnehmers unterminiert.
Mit freundlichen Grüßen
C. Hoffmann
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich bin ein absoluter Befürworter der Bürgerversicherung, sowohl bei der Renten- als auch bei der Krankenversicherung. Eines der Hauptprobleme der beiden Versicherungen auf der Einnahmeseite ist die Beitragsbemessungsgrenze. Diese liegt bei der Rentenversicherung derzeit bei 5400 € im Monat und bei der Krankenversicherung bei 3675 € im Monat. Für Einkommen, dass über diesen Beträgen liegt, werden keine Beiträge an die Kassen abgeführt. Dies hat den Effekt, dass die prozentuale Belastung durch die Sozialversicherungen mit steigendem Einkommen sinkt! Dies verkehrt meines Erachtens den Solidaritätsgedanken der Sozialversicherungen in das Gegenteil. Solidarität kann nicht bedeuten, dass nur die Schwächeren untereinander solidarisch sind. Solidarität bedeutet, dass Gesunde für Kranke; Junge für Alte und Besserverdiener für Geringverdiener einstehen. Denn jeder von uns wird mal alt, kann krank werden oder auch seinen Arbeit verlieren. Genau so problematisch sehe ich die Versicherungspflichtgrenze.
Eine Bürgerversicherung schließt alle Einkommen - auch Kapitalerträge - mit ein. Alle Bürgerinnen und Bürger zahlen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in die Versicherung ein und erhalten die notwendige Leistungen. Es ist nicht mehr möglich sich aus dem System durch Privatversicherungen (zum Beispiel private Krankenversicherungen) abzuseilen oder sich mit Pauschalbeträgen (Beitragsbemessungsgrenze) frei zukaufen. Ein sehr wichtiger Nebeneffekt wäre dann auch, dass die vielen kleinen Selbstständigen, die sich keine privaten Versicherungen leisten können, endlich auch abgesichert werden.
Der schleichende Abschied von der paritätischen Finanzierung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss beendet werden. Sowohl AG als auch AN sollen zu 50% die Kosten der Sozialversicherungen tragen. Die Arbeitgeber haben eine gesellschaftliche Verantwortung, die nicht mit der Bereitstellung des Arbeitsplatzes abgegolten ist. Ich bin gespannt, ob die Arbeitgeber angesichts der derzeitigen tatsächlichen Finanzierung bereit wäre, auf einige Sitze in den hälftig besetzten Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherungsträger, also Vertreterversammlung und Vorstand, zu verzichten. Bis zur Einführung einer echten Bürgerversicherung und einer echten paritätischen Finanzierung der Systeme sollte auch hier der Grundsatz gelten „Wer zahlt, schafft an“.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Roland Fischer