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Frage von Günther G. •

Frage an Roland Fischer von Günther G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Fischer, wie stehen sie zur Einführung einer Vermögenssteuer und der Börsenumsatzsteuer.
mit freundlichen Grüßen
Günther Gruchala

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Lieber Günther Gruchala,

die Einführung beider angesprochenen Steuern halte ich für dringend notwendig. Ich gehe auf beide Steuern etwas ausführlicher ein - gerade weil der politische Gegner trotz der gigantischen Staatsschulden immer noch lautstark nach Steuersenkungen schreit.

Mit der Börsenumsatzsteuer können wir eine der Ursachen der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise, die zügellosen kurzfristigen Spekulationen auf den Aktienmärkten, bekämpfen. Ein aus meiner Sicht höchst willkommener Nebeneffekt wäre es, endlich auch die Verursacher der Krise an der Finanzierung der Folgekosten mit zu beteiligen. An den Finanzplätzen in London und New York wird eine solche Steuer längst erhoben. Im Übrigen halte ich es nur für gerecht, wenn auch Umsätze an den Börsen besteuert werden. Gerechter jedenfalls, als den lauten Überlegungen aus der Union zur Erhöhung der Mehrwertsteuer (die ja eigentlich auch Umsatzsteuer heißt) z. B. auf Lebensmittel zu folgen.

Die Wiedererhebung der Vermögenssteuer (sie wurde ja nie abgeschafft) ist für mich ein wesentlicher Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und ein persönliches Anliegen. Ich sehe für mich da auch keinen Widerspruch zum Regierungsprogramm der SPD für die kommenden vier Jahre. Hier heißt es wörtlich: "Dass Vermögende einen ihrer Leistungsfähigkeit entsprechenden steuerlichen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten, ist sozial gerecht und wirtschaftlich vernünftig."

Im internationalen Vergleich der Steuern auf Vermögen liegt Deutschland derzeit bei 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer bei 1,9 Prozent. In den USA (3,1 Prozent), Japan (2,8 Prozent), Frankreich (3,1 Prozent), Großbritannien (4,3 Prozent) und Italien (2 Prozent) ist die Besteuerung höher - wir würden also höchstens internationalen Durchschnitt erreichen, der genau bei 1,9 Prozent liegt.

Das erst einmal unverdächtige Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat erst kürzlich vorgerechnet, dass schon bei einer Erhebung der Vermögenssteuer in Höhe des Durchschnitts der Europäischen Union rund 25 Milliarden Euro in die Staatskassen fließen würden. Steuern, die in Deutschland übrigens ausschließlich den Ländern zustehen würden und die dringenden Investitionen in z. B. Bildung und die Abschaffung der Studiengebühren ermöglichen würden.

Bereits vor Jahren habe ich zusammen mit dem Münchner Alt-Oberbürgermeister Georg Kronawitter und anderen einen ganz konkreten Vorschlag unterbreitet - auch, um die Mär vom Zugriff auf Omas Klein-Häuschen zu entkräften: Die Vermögenssteuer gilt ausschließlich auf privates Vermögen, Betriebsvermögen bleiben steuerfrei. Sie ist so zu gestalten, dass sie nur die obersten fünf Prozent der Vermögensbesitzer trifft, jedes selbst genutzte Wohnungseigentum ist frei zu stellen.

Es ist für mich unerträglich, dass Millionen von Menschen an der Grenze zur Armut leben müssen und die Politik bislang nicht den Mut aufbringt, große Vermögensbesitzer stärker an der Finanzierung des Staates zu beteiligen. Noch 1993 verfügten die ärmsten 25 Prozent der Familien bzw. Alleinlebenden noch über 0,1 Prozent am gesamten Vermögen. 1998 hatten sie nicht nur keinen Anteil mehr am Vermögen, sie waren sogar mit 1,5 Prozent verschuldet. Auf der anderen Seite verfügten die reichsten zehn Prozent der Haushalte 1993 über 46 Prozent des gesamten Vermögens, 1998 waren es schon über die Hälfte, 2003 besaß das reichste Fünftel der Bevölkerung in Deutschland 67,5 Prozent des gesamten Vermögens. Von 1997 bis 2003 erhöhte sich die Anzahl der deutschen Millionäre - ohne Immobilienbesitz - von 510.000 um 246.000 auf 756.000. Das Vermögen der Millionäre wuchs in einem Jahr um 5 Prozent oder 380 Milliarden Euro auf über acht Billionen Euro. Trotz dieser Entwicklung korrigiert die Steuerpolitik nicht, sondern verstärkt eher noch den Trend zur höheren Konzentration von Vermögen.

Die Besitzer von großen Vermögen profitieren von der Armut des Staates, der sich von ihnen Geld leihen muss. Je mehr sich der Staat verschuldet hat, desto mehr Zinsen muss er zahlen. Während nun die große Mehrheit der Bevölkerung für die Staatsschulden über Steuerzahlungen aufkommen muss, kassieren die Vermögensbesitzer die Zinsen. Die Steuerpolitik der letzten 25 Jahre ist alles andere als nachhaltig: Der Staat hat durch Steuersenkungen die Unternehmen und Vermögenden deutlich entlastet, der Anteil der Steuern auf Gewinne und Vermögenseinkommen hat sich halbiert, der Anteil an Lohnsteuern ist erheblich gestiegen.

Die vorgeschlagene Vermögenssteuer trifft nur den vermögendsten Teil der Bevölkerung, sie beeinträchtigt daher nicht den Massenkonsum - im Gegensatz zur Mehrwertsteuer. Der Staat kann die Vermögenssteuer vollständig zur Finanzierung dringender öffentlicher Aufgaben einsetzen und stärkt damit die Binnenkonjunktur. Von mehr Geld für beispielsweise Kinderbetreuung, Bildung und kommunaler Infrastruktur profitieren alle.

Schließlich trifft die Vermögenssteuer nur die Privatvermögen, Betriebsvermögen wird nicht belastet. Damit nehmen wir die Sorge kleiner und mittlerer Unternehmen, eine Vermögenssteuer könne nicht allein aus den laufenden Gewinnen bezahlt werden und Betriebe würden in Zahlungsschwierigkeiten oder gar Konkurs geraten.

Auch für ältere Menschen darf nicht plötzlich Vermögenssteuer anfallen, wenn die Kinder das gemeinsame Elternhaus verlassen. Unser Vorschlag zielt auf die wirklich Reichen, die Millionen- und Milliardenvermögen besitzen. Die vorgeschlagenen Freibeträge und vor allem die Nichtberücksichtigung von selbst genutztem Wohnungseigentum sichern dies. Die Vermögenssteuer wird vom Bund beschlossen und fließt ausschließlich den Ländern zu. Sie - und über die Finanzzuweisungen die Kommunen - haben immer weniger finanziellen Spielraum für die dringend notwendigen kommunalen Investitionen und für die Bildung. Privatisierungserlöse durch den Verkauf von "Tafelsilber" sind auch in Bayern endlich. Durch ein mehr an Steuergerechtigkeit durch die Wiedereinführung der reformierten Vermögenssteuer werden die Staatsfinanzen gestärkt, der Erhalt und Ausbau der Infrastruktur sichergestellt und eine lebenswerte Umwelt und eine leistungsfähige Daseinsvorsorge für alle garantiert. Dabei geht es nicht um noch höhere Abgaben für die Masse der Beschäftigten, RentnerInnen und VerbraucherInnen, sondern um den Verzicht auf sinnlose Steuergeschenke für Unternehmer, Großverdiener und Vermögende. Es geht nicht um eine Neiddiskussion, sondern um einen Schritt zu einer gerechteren Steuerpolitik, die die Leistungsfähigsten in der Gesellschaft zu einem angemessenen Beitrag für die Allgemeinheit heranzieht.

Übrigens: Auch in dieser Frage vertrete ich konsequent meine Meinung, meinen Standpunkt. So zuletzt auch auf dem Programmparteitag der SPD am 14. Juni 2009 in Berlin - wenn auch als einziger mit einem Redebeitrag dazu.

Mit freundlichen Grüßen

Roland Fischer