Foto lächelnd mit rotem Hintergrund
Nadine Heselhaus
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Nadine Heselhaus zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Sylvia H. •

Wie gedenken Sie gegen die Diskriminierung von Personen ohne Smartphone bzw. digitale Affinität durch die Deutsche Bahn bzw. das Deutschlandticket vorzugehen?

Sehr geehrte Frau Heselhaus.

Das Bundesunternehmen Bahn führt in den letzten Jahren immer mehr eine Zwangsdigitalisierung durch, Menschen ohne Smartphone bzw. ohne die Möglichkeit zur Internetnutzung werden dadurch von elementaren Mobilitätsleistungen ausgeschlossen. Dasselbe gilt für das Deutschlandticket, das man nur in Kartenform bekommt, wenn man einen Verkehrsbetrieb bzw. -verbund in der Nähe hat, der eine Karte ausgibt. Viele Menschen und Organisationen empfinden dies als diskriminierend, und meiner Meinung nach ist das ein Fall für den Verbraucherschutz. Der Artikel 3 des Grundgesetzes garantiert u.a. die Gleichheit vor dem Gesetz und verbietet Diskriminierung und Bevorzugung aufgrund bestimmter Eigenschaften. Von der Bahn werden ganz konkret Personen diskriminiert, die kein Smartphone benutzen wollen und/oder keinen Internetzugang haben. Sie sind in der SPD für den Verbraucherschutz zuständig, wie gedenken Sie sich gemäß Ihrer Funktion für diese Menschen einzusetzen?

Foto lächelnd mit rotem Hintergrund
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht!

Sie sprechen ein sehr wichtiges Thema an, um das ich mich als verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion im letzten Jahr intensiv gekümmert habe. In zwei Gesprächen mit Vertreter*innen der Deutschen Bahn, darunter einem Vorstandsmitglied, habe ich deutliche Kritik an der vollständigen Digitalisierung bestimmter Dienstleistungen (BahnCard, Sparpreistickets, Deutschlandticket) geäußert. Auch die Verkehrspolitiker*innen unserer Fraktion haben das Thema in ihren regelmäßigen Runden mit der Deutschen Bahn mehrfach angesprochen. 

Dass seit dem letzten Jahr die BahnCard (außer der BahnCard 100) nur noch als digitale Variante und nicht mehr ebenfalls in Form einer Plastikkarte angeboten wird, halte ich für falsch. Zwar verweist die Bahn darauf, dass man sich, wenn man über ein mit einer E-Mail-Adresse verknüpftes Kundenkonto verfügt, die BahnCard am PC herunterladen und selbst ausdrucken könne. Das ist allerdings umständlich und nicht kundenfreundlich und hilft Menschen, die nicht nur über kein Smartphone, sondern über gar keinen Internetzugang verfügen, nicht weiter. Auch das Deutschlandticket sollte es meiner Meinung nach generell und nicht nur bei einzelnen Anbietern auch im Kartenformat geben.

Hinsichtlich der Einstellung des Verkaufs von Sparpreistickets an Automaten verweist die Bahn auf die geringe Nutzung des Vertriebsweges Automat und die damit verbunden Kosten. So seien viele Automaten nicht im Besitz der DB, sondern gehörten z. B. Verkehrsverbünden. Zum Anbieten von Sparpreisen seien hier entsprechende Schnittstellen nötig und dies verursache Kosten, die nicht im Verhältnis stünden zur geringen Nutzung des Angebots.

Bei der Frage, welche Vertriebswege zum Ticketverkauf angeboten werden, handelt es sich um eine Entscheidung im operativen Bereich des Unternehmens Deutsche Bahn. Der Bund als Eigentümer nimmt auf Entscheidungen dieser Größenordnung in der Regel keinen direkten Einfluss. Die Bahn ist zudem hoch verschuldet und hat mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen. Dazu gehören ein Sanierungsstau (den die aktuelle Regierung beherzt angegangen ist) und ein Mangel an Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit. Der politische und öffentliche Fokus liegt eher auf diesen Punkten. Zur Reduzierung ihrer hohen Verschuldung wird die Bahn zudem von verschiedenen Seiten, besonders aus der Politik, immer wieder zu mehr Effizienz aufgefordert. Hiermit argumentiert die Bahn ebenfalls in Bezug auf ihre Vertriebskanäle.

Zurückgerudert ist die Bahn dank des politischen und öffentlichen Drucks immerhin in zwei Punkten: Ab Oktober 2023 waren Sparpreistickets an Schaltern nur noch verkauft worden, wenn Kund*innen ihre Mailadresse oder Mobilnummer angaben. Dies wurde mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2024 wieder geändert. Auch hat die Bahn die angekündigte Abschaffung der weißen Ankunftszeiten-Aushänge an Bahnhöfen zurückgenommen. 

Das wird Sie wahrscheinlich nicht zufriedenstellen und auch für mich reichen diese Korrekturen nicht aus. Ich kann Ihnen versichern, dass für mich die Frage des niedrigschwelligen Zugangs zu (günstigen) Verkehrstickets und zu vergleichbaren Dienstleistungen sehr große Bedeutung hat. Ich werde das Thema weiterhin im Blick behalten und immer wieder ansprechen, direkten Einfluss auf diesbezügliche Entscheidungen der Deutschen Bahn habe ich jedoch nicht. Umso wichtiger ist, dass der öffentliche Druck aufrechterhalten wird.

Wir müssen die Digitalisierung zweifellos weiter vorantreiben. Sie kann Verbraucher*innen das Leben erleichtern, für die Effizienz von Abläufen sorgen, Personalengpässe überbrücken, Aufwand, Zeit und Kosten sparen. Das darf jedoch nicht dazu führen, dass rund drei Millionen Menschen in unserem Land von gesellschaftlicher Teilhabe – und dazu gehört das Bahnfahren – ausgeschlossen werden. Menschen, die aus Alters-, finanziellen oder sonstigen Gründen keinen Zugang zum Internet haben. Das ist eine Frage des Respekts. Mindestens in einer Übergangsphase ist es daher notwendig, analoge Angebote parallel aufrechtzuerhalten. 

Sie haben mich und meine Partei in diesem Punkt auf Ihrer Seite.

Nochmals vielen Dank für Ihre Kontaktaufnahme und alles Gute für Sie.

Mit freundlichen Grüßen

Nadine Heselhaus, MdB