Werden Sie sich jetzt endlich für das AFD-Verbotsverfahren stark machen?
Sehr geehrte Frau E.
Friedrich Merz und die CDU agieren impulsiv und verantwortungslos, wenn sie bewusst auf Mehrheiten mit der AfD setzen. Als SPD fordern wir ihn auf, der gemeinsamen europäischen Asylpolitik und den Sicherheitsgesetzen zuzustimmen und so faktisch unsere Sicherheit zu verbessern statt die Brandmauer zur AfD einzureißen. Denn es ist auch ganz klar: Eine Mehrheit für einen Verbotsantrag wird es ohne die Unterstützung von CDU oder FDP nicht geben.
Sie wissen, dass ich beobachte, wie sich die Radikalisierungsspirale bei der AfDimmer schneller dreht . Wir erkennen deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wird an einer Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertretern der Partei, deutlich.
Das Bundesverfassungsgericht legt strengste Maßstäbe bei der Bewertung der Verfassungswidrigkeit einer Partei an. Eine ablehnende Haltung gegenüber den Werten der Verfassung reicht für ein Parteiverbot nicht aus. Eine Partei kann nur dann verboten werden, wenn sie planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen will. Dies setzt voraus, dass konkrete, gewichtige Anhaltspunkte vorliegen, die nahelegen, dass die Partei darin erfolgreich sein kann. Aus der Erfahrung vergangener Verfahren (z.B. das gescheiterte NPD-Verbot) müssen wir davon ausgehen, dass dieses mindestens eineinhalb Jahre, womöglich länger, dauern wird.
Ein Verbotsantrag muss umfassend begründet sein und kann nicht später ergänzt werden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung müssen bereits alle erforderlichen Beweismittel vorliegen. Seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend sammelt das Bundesamt für Verfassungsschutz Informationen über Bestrebungen, die gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind. Aufgrund ihrer immer deutlicher zu Tage tretenden Haltung, wird auch die AfD als Gesamtpartei in diesem Sinne als Verdachtsfall geführt. Die Auswertung der Erkenntnisse des Verfassungsschutzes spielen für uns als Fraktion eine Rolle für die Entscheidung bezüglich eines Antrags auf ein Parteiverbotsverfahren.
Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag ist von einer gründlichen und finalen Befassung mit entsprechenden Anträgen in dieser Wahlperiode nicht mehr auszugehen. Eine Mehrheit für einen Beschlussantrag, mit dem sofort über einen Verbotsantrag des Deutschen Bundestages entschieden werden soll, ist nach heutigem Stand eine Mehrheit im Plenum absolut nicht zu rechnen, da die Fraktionen CDU/CSU und FDP jegliche Unterstützung dieses Vorhabens zum jetzigen Zeitpunkt mit wenigen Ausnahmen ausgeschlossen haben. Ohnehin könnte ein solcher Beschlussantrag den neuen Bundestag nicht binden (Diskontinuität; für Näheres siehe: https://verfassungsblog.de/das-afd-verbot-in-der-sackgasse). Der Antrag auf ein Verbot der AfD müsste bis zum Zusammentritt des neuen Bundestages Ende März 2025 beim Bundesverfassungsgericht eingehen. Dies ist in der Kürze der Zeit jedoch nicht mehr zu erwarten, da allein die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten und die Erstellung einer ordnungsgemäß begründeten Antragsschrift mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Deshalb sollte sich der Deutsche Bundestag in der kommenden Wahlperiode mit den neuen Er-kenntnissen und Einschätzungen der zuständigen Behörden zeitnah auseinandersetzen und einen entsprechenden Antrag beraten. Ich möchte, dass sich der Bundestag nach der Wahl zügig mit den Einschätzungen des Verfassungsschutzes auseinandersetzt und einen Verbotsantrag berät.
Darüber hinaus müssen wir das rechtsextreme Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, politisch bekämpfen. Wir wissen, dass Gedanken als solche nicht durch Verbote zu bekämpfen sind. Die Sozialdemokratie hat eine lange Tradition Sozialdemokraten im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Neben einem wehrhaften Staat setzen wir uns für eine demokratische Streitkultur, die Entkräftung von Verschwörungstheorien und politische Bildung ein. Denn es muss unser Ziel sein, dass der Rechtsextremismus auch über das Vehikel AfD hinaus nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine Heselhaus