Frage an Monika Grütters von Ayse Y. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Abgeordneter,
ich beziehe mich auf einen Bericht der „Berliner Abendschau“ v. 28. März 2016 zu abgelehnten Asylbewerbern: Ein Bashir aus Nigeria, ehemalige Besetzer am Oranienplatz, der 2014 geräumt wurde. Er hat kein Chance auf Asyl, wird aber geduldet, seit 2011 lebt er in Berlin auf der Straße. Wovon er lebt, wird in dem Bericht nicht erwähnt, man kann es vermuten. Er und viele abgelehnte Asylbewerber fordern ein neues Leben in Deutschland ein.
Frage: Warum werden die ehemaligen Besetzer immer noch in Berlin geduldet, statt sie auszuweisen? Meinen Sie nicht, dass solche Berichte, die zeigen, wie schwach unser Rechtstaat ist, andere Abgelehnte ermutigt, staatlich Anordnungen zur Ausreise einfach zu ignorieren?
Des weiteren wurde gezeigt, dass in einer Kirchengemeinde an der Bergmannstrasse viele Illegale mit abgelehnten Asylanträgen Unterschlupf bekommen. Warum schaut Senat hier tatenlos zu? Wird hier nicht, ebenso wie Islamisten die Scharia über weltliches Recht stellen, ebenfalls vorgegangen? Was würden Sie sagen, wenn Moscheen anfangen würden, abgelehnten Asylberbern aus islamischen Ländern „Moscheeasyl“ zu gewähren?
Wie realistisch ist Merkels Forderung nach „Anpassung der Flüchtlinge“ ( http://www.vaterland.li/ausland/international/Merkel-fordert-von-Fluechtlingen-Anpassung;art102,160260 ) , wenn der Berliner Senat nicht einmal jetzt Recht durchsetzen kann?
MfG Ayse
Sehr geehrte Frau Yilmaz,
vielen Dank für Ihre Frage. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich auf Basis eines Fernsehberichtes keine Aussage darüber machen kann, ob und inwiefern der Aufenthalt dort gezeigter Personen in unserem Land rechtmäßig oder illegal ist.
Hinsichtlich Ihrer Frage erscheint es mir wichtig, einmal darauf hinzuweisen, dass die Duldung eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung darstellt und im Aufenthaltsgesetz der Bundesrepublik Deutschland geregelt ist. Es handelt sich bei geduldeten Personen ausdrücklich nicht um Menschen, die sich illegal in unserem Land aufhalten, sondern um Menschen, bei denen eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist. Detailliert geregelt sind die Gründe, die bei der Entscheidung für eine Duldung eine Rolle spielen können, in §60 des Aufenthaltsgesetzes. Menschen, die in Deutschland geduldet sind, zeigen demnach nicht wie „schwach“ der Rechtsstaat ist, sondern die Duldung ist ein mögliches Ergebnis eines regelgerechten rechtsstaatlichen Verfahrens.
Was wiederum die Durchsetzung der Ausreisepflicht betrifft, muss zunächst angemerkt werden, dass diese in die Zuständigkeit der Bundesländer fällt. Das Land Berlin gehört dabei zu jenen Bundesländern, in dem sich im Bundesvergleich wenige abgelehnte Asylbewerber aufhalten, ohne abgeschoben zu werden. Nur in Sachsen-Anhalt, Bayern und Thüringen war die Quote der 2014 abgelehnten Asylbewerber, die sich am 31.12.2015 noch in Deutschland aufhielten, noch geringer als in Berlin. Das Land Berlin hat die Abschiebezahlen in den letzten Jahren deutlich gesteigert und liegt auch im Bundesvergleich im vorderen Bereich. Frank Henkel hat mit Antritt seines Amtes als Innensenator dafür gesorgt, dass der Durchsetzung der Ausreisepflicht größere Priorität eingeräumt wird. Seit 2011 steigt die Zahl der Abschiebungen kontinuierlich, und das setzt sich auch im Jahr 2016 fort. So waren nach 7 Wochen (Stand: 23. Februar 2016) im Jahr 2016 bereits 40 Prozent der Abschiebungen im Vergleich zum Jahr 2015 erreicht.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Abschiebung das letzte Mittel ist, die Ausreisepflicht zu vollziehen. Mit einer Abschiebung müssen alle vollziehbar ausreisepflichtigen Personen rechnen, bei denen alle Ausreisehindernisse beseitigt worden sind und die nicht freiwillig ausreisen. Das rechtsstaatliche Verfahren erlaubt es Betroffenen, gegen die Anordnung einer Abschiebung Rechtsmittel einzulegen. Auch ggf. vorhandene gesundheitliche Gründe können gegen eine sofortige Abschiebung sprechen. Im Rahmen der Verabschiedung des Asylpakets II wurden im Bereich der Rückführungen u.a. die Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen präzisiert und klargestellt, um Verzögerungen und Missbrauch entgegenzuwirken. Darüber hinaus wird vor einer Abschiebung den betroffenen Personen immer die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise gegeben.
Abschließend möchte ich noch auf Ihre Frage nach dem Kirchenasyl eingehen. Zur Situation, die im Fernsehbericht nur kursorisch geschildert wird, liegen mir nicht genug Informationen vor, um fundiert Stellung nehmen zu können. Im Allgemeinen hat es in der Frage des Kirchenasyls aber bereits zu Beginn des letzten Jahres eine politische Einigung zwischen dem Bundesinnenminister und den Vertretern der Kirche in Deutschland gegeben. Die Kirchen in Deutschland haben sich klar dazu bekannt, dass das Kirchenasyl kein eigenständiges, neben dem Rechtsstaat stehendes Institut ist. Die Gewährung von Kirchenasyl kommt vielmehr nur in Einzelfällen als "Ultima Ratio" in Betracht. In solchen Fällen soll es so frühzeitig wie möglich eine Einzelfallprüfung geben, für die die Kirche und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zentrale Ansprechpartner benennen.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters