Frage an Monika Grütters von Martha K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau MdB,
Es ärgert mich immer mehr, wie Merkel uns Bürger täuscht, indem sie die unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen mit Gefahr für deren Leben begründet. CSU-Parteitag, Merkel: Dadurch "retten wir Leben ….“. ( http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_76187658/wuetende-merkel-verlaesst-csu-parteitag-grusslos.html ) Dabei sind die Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan gar nicht in akuter Lebensgefahr, da sie bereits in der Türkei, Jordanien oder anderen Ländern in Sicherheit waren. Selbst die Genfer Flüchtlingskonvention, auf die sich Merkel, Gabriel und andere berufen, sieht ausdrücklich keinen Schutzgrund vor, wenn die Kriegsflüchtlinge das Kriegsgebiet verlassen haben und sich in einem sicheren Land befinden (FAZ, 30.10.2015). Dies ist ja wohl bei allen Syrern, Irakern, Afghanen, usw. der Fall. Ich verstehe, dass die Flüchtlinge ein besseres Leben wollen, aber Gefahr für Leib und Leben, nein! Also, eigentlich sind sie Wirtschaftsflüchtlinge. Wie sehen Sie das?
Auch Merkels Forderung nach einer gerechten Verteilung der Flüchtlinge in Europa ist nur Augenwischerei ( http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2015/09/2015-09-04-fluechtlinge-gesamt.html ) und wird zu nichts führen. Denn nicht wenige Länder lehnen die Aufnahme von Muslimen grundsätzlich ab: Polen, Kroatien, Slowenien, Estland (n-24, 16.11.15). Und: Wir wissen doch alle, wie lange es dauert, sich in Europa auf etwas zu einigen. Wir haben aber keine Zeit mehr! Wie stehen Sie dazu? Im letzten Monat kamen 180.000 Flüchtlinge nach D. Wie lange wollen Sie, als unser Volksvertreter zu Merkel noch schweigen?
Eine echte Lösung: Merkel muss öffentlich erklären, dass Deutschland keine Flüchtlinge mehr will. Weniger Sozialleistungen. Milliarden Unterstützung für sichere Flüchtlingslager in der Türkei, Libanon, Nordafrika, usw. Sicherung der europäischen Außengrenzen. Sofortiges Zurücksenden von illegalen Einreisenden nach Europa. Was unternehmen Sie eigentlich?
Martha
Sehr geehrte Frau Kohl,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Christliche Werte bilden für mich als praktizierende Katholikin auch im politischen Alltag einen wichtigen Maßstab, sie bieten mir Halt und Orientierung. So sehe ich es als eine auch aus dem christlichen Menschenbild erwachsende Verpflichtung an, dass wir Schutzsuchenden helfen, die vor Krieg und Verfolgung aus ihrer Heimat geflüchtet sind.
Deswegen habe ich die schwierige Entscheidung der Bundeskanzlerin in der Nacht vom 04. auf den 05. September 2015 nicht zuletzt als gläubige Katholikin für richtig gehalten. Sie hat unter großem Zeitdruck entschieden, die vielen Flüchtlinge, die sich auf den Weg zur deutschen Grenze gemacht hatten, einreisen zu lassen und sie nicht mit allen verfügbaren Mitteln daran zu hindern. Ich glaube auch im Rückblick, dass dies einem freiheitlichen und demokratischen Land, das sich seiner universalen Grundwerte rühmt, angemessen ist. Denn schließlich stellt unser wichtigster Verfassungsgrundsatz klar, dass die Würde jedes Menschen unantastbar ist und wir damit verpflichtet sind, Menschen zu helfen, die vor kriegerischen Auseinandersetzungen fliehen. Die Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak sind politisch Verfolgte, viele von ihnen haben Schreckliches erlebt und ihre Versorgung in den Nachbarländern war keineswegs problemlos sichergestellt.
Sie schlagen vor, dass Deutschland selbst keine Flüchtlinge mehr aufnehmen und lediglich Länder wie die Türkei, den Libanon, etc. bei der Versorgung der Flüchtlinge finanziell unterstützen solle. Diese Länder leisten aber bereits sehr viel: So kommen in Jordanien auf einen Flüchtling ca. zehn Einwohner, im Libanon sogar nur ca. 4,5 Einwohner, während es in Deutschland derzeit pro Flüchtling ca. 80 Einwohner sind. Wenn Deutschland, das viel weniger Menschen Schutz bietet als die genannten Länder, als wirtschaftlich starkes Land nun bereits über die große Herausforderung debattiert – wie soll dann erst die Lage bei viel dramatischeren Größenordnungen in diesen wirtschaftlich schwächeren Ländern sein? Es ist meines Erachtens unsere Pflicht, dass auch wir einen angemessenen Beitrag leisten. Ich bin überzeugt, dass Deutschland aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke, die es nicht zuletzt seinem Export und damit seinem guten Ruf in aller Welt verdankt, dieser Verantwortung durchaus gewachsen ist. So wird zum Beispiel der gerade beschlossene Haushalt 2016 wieder ohne Neuverschuldung auskommen. Deutschland kann die Aufgaben finanziell meistern, da es hierzulande trotz Risiken im weltwirtschaftlichen Umfeld eine robuste Konjunktur und eine gute Binnennachfrage gibt.
Grundsätzlich ist es jedoch richtig, wenn wir versuchen, Flüchtlinge in möglichst großer Nähe zu ihrem eigentlichen Lebensmittelpunkt zu versorgen, um nach Beendigung eines Konfliktes eine schnelle Rückkehr in die Heimat zu ermöglichen. Aus diesem Grund haben die 28 Staats- und Regierungschefs der EU mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu beim letzten EU-Türkei-Gipfel auch Beschlüsse gefasst, um die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen in den Nachbarländern Syriens und insbesondere der Türkei zu verbessern. Zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Flüchtlinge in der Türkei hat die EU drei Milliarden Euro zugesagt, die ab dem 1. Januar 2016 bereitstehen sollen. Die Bundeskanzlerin hat nach dem Gipfeltreffen betont, dass das Geld ausschließlich der Finanzierung von Flüchtlingsprojekten dient. Damit können eine bessere Gesundheitsversorgung gewährleistet und die Bildungschancen der etwa 900.000 Flüchtlingskinder verbessert werden.
Die türkische Regierung hat außerdem zugesichert, heimische Küsten besser zu schützen und effektiver gegen Schlepper vorzugehen. Mit dem Abkommen zeigt die EU, dass der verstärkte Schutz der Außengrenzen auch eine Priorität der deutschen Politik ist. Die Länder an den Außengrenzen stehen vor großen Herausforderungen und haben unsere Unterstützung verdient. So hat die Bundesregierung sich auch darauf geeinigt, das deutsche Engagement für die Grenzschutzagentur Frontex zu verstärken.
Es gilt aber nicht nur, die Außengrenzen zu sichern und die Nachbarländer Syriens in ihren Aufnahmekapazitäten zu unterstützen, sondern letztlich müssen auch die Ursachen für Flucht und Vertreibung in den Blick genommen werden. Das ist ein wesentlicher Grund, warum wir uns jetzt an der Seite Frankreichs verstärkt an der Bekämpfung des IS beteiligen. Die Beschlüsse des EU-Türkei- Gipfels und auch das gemeinsame europäische Engagement in Syrien zeigen aus meiner Sicht, dass es sehr wohl möglich ist, in Europa gemeinsame Lösungen zu finden.
Neben außenpolitischen Initiativen hat die Bundesregierung auf die große Zahl der ankommenden Flüchtlinge auch mit einer Anpassung der Regelungen im Inneren reagiert, um die Herausforderungen besser bewältigen zu können. So wurde Anfang November die Einführung beschleunigter Verfahren für bestimmte Asylbewerber beschlossen. Dazu gehören auch Antragsteller aus sicheren Herkunftsstaaten oder Folgeantragsteller. Sie sollen in besonderen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden. Außerdem soll der Familiennachzug zu Personen, die als international subsidiär Schutzberechtigte anerkannt sind, für zwei Jahre ausgesetzt werden. Die Rückführung von Personen, deren Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtskräftig abgelehnt wurde, wird vereinfacht und beschleunigt werden. Schließlich wird der Bund die Länder bei der Rückführung aus den Erstaufnahmeeinrichtungen umfassend durch die Bundespolizei unterstützen. Die Bundespolizei erhält in den kommenden drei Jahren 3 000 zusätzliche Stellen.
Nicht übersehen werden sollte auch, dass die Bundesregierung auch auf den starken Anstieg von Asylanträgen aus den Balkan-Ländern reagiert hat, den wir noch zu Beginn des Jahres beobachten konnten und die in den allermeisten Fällen abgelehnt werden. Lag die Zahl der Antragssteller aus diesen Ländern im März 2015 noch bei 19730, so ist sie bis Oktober 2015 auf gut 8500 zurückgegangen. Das ist nicht nur einer engagierten Aufklärung der Menschen vor Ort durch deutsche Stellen zu verdanken, die den falschen Versprechungen von Schleusern klar entgegengetreten sind, sondern auch einigen organisatorischen Veränderungen in der Versorgung vor Ort. So wird in den Erstaufnahmeeinrichtungen der bisher mit dem „Taschengeld“ abzudeckende Bedarf künftig durch Sachleistungen ersetzt. Für Ausreisepflichtige, deren Rechtsmittel ausgeschöpft sind und deren Ausreisedatum und Reisemöglichkeit feststehen, werden die Leistungen auf die Zeit bis zum Ausreisedatum befristet.
Sehr geehrte Frau Kohl,
die Bundeskanzlerin hat - wie auch die CDU/CSU insgesamt - stets betont, dass im September eine Notsituation herrschte, die schnelles Handeln erforderlich machte. Es ist für die CDU/CSU unstrittig, dass so schnell wie möglich zu geregelten Verfahren zurückgekehrt werden muss. Schritte auf diesem Weg sind bereits unternommen worden. Dazu gehört etwa die Wiederaufnahme des so genannten Dublin Verfahrens auch für syrische Flüchtlinge. Anfang Dezember haben außerdem die Innenminister der Länder ihre Zustimmung zum Vorschlag des Innenministers signalisiert, zur vollständigen Einzelfallprüfung zurückzukehren und das vereinfachte Verfahren zu beenden.
Ich möchte mit diesen Hinweisen wahrlich nicht die Herausforderungen kleinreden, vor denen wir stehen. Die - selbst nur temporäre - Aufnahme vieler Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen ist nicht nur eine organisatorische Herausforderung, sondern wirft auch gesellschaftliche Fragen auf, die viele Menschen verunsichern.
Aber ich möchte Ihnen gerne ein wenig Mut machen. Denn aus meiner Sicht haben wir diesen Menschen ein überzeugendes Angebot zu machen: Ein starkes und gefestigtes Wertefundament, das es uns erlaubt hat, in den vergangenen Jahrzehnten in Frieden, Freiheit und Wohlstand zu leben. Diese Werte sind auch der Grund, warum wir den Flüchtlingen, die vor Krieg, Vertreibung und Tod fliehen, Schutz gewähren.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters