Frage an Monika Grütters von Daniel M. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Prof. Grütters,
als Mann und Vater in Berlin-Marzahn möchte ich Sie auf einen beispiellosen Vorgang hinweisen, den der Bürgermeister des Bezirks-Marzahn-Hellersdorf umsetzen möchte.:
Aus Hygiene- und Sauberkeitsgründen soll die frisch renoviere Mehrzwecksporthalle des Freizeitforum Marzahn (FFM) ab dem Jahre 2014 an mindestens fünf Tagen in der Woche exklusiv nur für Frauen und Mädchen offenstehen.Jungs und Männer müssen sich während dieser Zeit andere sportliche Betätigungsorte suchen. Zur Information hier ein link zum Bericht des Tagesspiegels:
Diese Pläne stoßen in der Bevölkerung und vor allem bei Jungs, Männern und Vätern auf absolute Ablehnung.
Ich möchte Sie fragen, wie es mit der Zustimmung Ihrer Partei zu einer freiheitlichen
Ordnung im Sinne der Gleichberechtigung von Mann und Frau übereinstimmen kann, daß im Jahre 2013 einem genetisch determinierten Bevölkerungsanteil (Männer/Jungen) ein Verbot zum Betreten eines öffentlichen Gebäudes ausgesprochen werden kann.
Ich erinnere Sie nur ganz kurz an das Grundgesetz, Artikel 3.
Eine Benachteiligung von Frauen und Mädchen ist in diesem Fall nicht zu erkennen, da eine Vereinsgründung sowie die Inanspruchnahme der Halle für jeden möglich ist.
Diese Vorgänge erinnern an vergangene Tage, in denen einer bestimmten Menschengruppe aufgrund ihrer genetischen Determination der Zugang zum öffentlichen Leben erst erschwert und dann unmöglich gemacht wurde.Über die weiteren Folgen solchen Gedankenguts muss ich Sie hoffentlich nicht hinweisen.
Wie kann es sein, daß die zuständige Gleichstellungsbeauftrage in diesem Vorgang keine Benachteiligung für Männer,Jungen und auch Familien sieht? Warum ist es überhaupt möglich, für ein solches Projekt Gelder der EU zu erhalten?
In Erwartung einer schnellen Antwort verbleibe ich
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Mietke
Sehr geehrter Herr Mietke,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich mache zunächst einmal darauf aufmerksam, dass die mir bekannten Anträge kein Aufenthaltsverbot für Männer oder Jungen enthalten. Darüber hinaus glaube ich auch nicht, dass eine Benachteiligung der männlichen Bevölkerung in Marzahn-Hellersdorf die maßgebliche Motivation der beteiligten Akteure ist.
Vielmehr ist in Marzahn-Hellersdorf offenbar festzustellen, dass Frauen in Sportvereinen deutlich unterrepräsentiert sind und die Vereine dieses selbst als Problem wahrnehmen.
Nach Befragungen von Frauen im Bezirk hat sich die zeitweise Bereitstellung einer Sporthalle für frauenspezifische Angebote als eine mögliche Lösung herauskristallisiert. Ich weise gerne daraufhin, dass dieses Prinzip in Deutschland nicht unbekannt ist. So wird zum Beispiel in vielen deutschen Schulen auf die Möglichkeit zurückgegriffen, Jungen und Mädchen in bestimmten Altersstufen und in ausgesuchten Fächern (vor allem in den Naturwissenschaften) getrennt voneinander zu unterrichten. Die begleitende Forschung ist inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass solch ein Unterricht durchaus für beide Geschlechter in besseren Schulleistungen mündet.
Auch vor diesem Hintergrund kann ich Ihren Vorwurf, dass eine solche Einrichtung ein Verstoß gegen §3 unseres Grundgesetzes sei, nicht nachvollziehen. Dass Sie darüber hinaus meinen, aufgrund dieser Vorgänge eine Parallele zu „vergangenen Tagen“ ziehen zu müssen, finde ich geschmacklos und einer konstruktiven Diskussion nicht zuträglich. Wenn wir mit solchen Argumenten streiten, dann ist es um unsere auf Ausgleich und Konsens gerichtete Demokratie nicht gut bestellt. Gerade auf bezirklicher Ebene sollte es möglich sein, Probleme und Lösungen sachlich zu diskutieren und nicht jede Frage zu einem Votum über grundsätzliche Prinzipien zu erklären. Es sollten vielmehr pragmatische Entscheidungen getroffen werden.
Deshalb kann ich es gut verstehen, wenn man nicht der Meinung ist, dass die Einrichtung einer solchen Sporthalle das Problem der Unterrepräsentation von Frauen in Sportvereinen lösen wird, oder vielleicht sogar glaubt, dass diese Situation überhaupt nicht einer Entscheidung durch die Politik bedarf. Das alles rechtfertigt aber keine Fundamentalkritik, die die Initiatoren dieses Projekts desavouiert, vielmehr sollten sich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in aller Sachlichkeit und mit guten Gründen artikulieren.
Auch in der CDU-Wuhletal gab es bei diesem Thema sachlich begründete Bedenken, die sie in der Bezirksverordnetenversammlung in die Diskussion eingebracht - und so erreicht hat, dass die Sporthalle nur an fünf (statt sieben) Tagen in der Woche dem Frauensport vorbehalten bleiben soll. Darüber hinaus wird das Projekt hinsichtlich seiner Wirkungen evaluiert. Sollten die erhofften Effekte ausbleiben, wird eine Weiterführung des Projekts wohl nicht angestrebt werden. Das halte ich für einen akzeptablen Kompromiss, der durchaus auch kritische Einwände berücksichtigt.
Darüber hinaus wird es am 16. Juni 2013 noch eine Einwohnerversammlung geben, auf der alle interessierten Bürgerinnen und Bürger den Austausch mit dem Bezirksamt suchen können, um weitere Anregungen zu geben. Ich halte das für den richtigen Weg und hoffe, dass es dabei möglichst viele konstruktive und der Sache angemessene Beiträge geben wird.
Mit freundlichen Grüßen,
Monika Grütters