Frage an Monika Grütters von Andreas E. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Grütters,
ich wende mich an Sie als vorsitzende des Ausschusses "Kultur und Medien".
Ich wohnte jahrelang im Ausland, habe das Hickhack um den neuen Rundfunkstaatsvertrag nur am Rande mitbekommen. Jetzt habe ich zufällig im Blog der Tagesschau gelesen, daß ab dem 1. September 2010 ein Großteil der Inhalte nicht mehr oder nur noch begrenzte Zeit verfügbar sein werden:
http://blog.tagesschau.de/?p=8089
Ich wohne wie gesagt erst seit kurzem wieder in Deutschland, habe im Ausland aber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk & Fernsehen schätzen gelernt und zahle gerne meine GEZ.
Aber das was in dem neuen Rundfunkstaatsvertrag beschlossen wurde ist ja wohl der Hammer.
Beiträge, die mit meinem Geld finanziert wurden sollen einfach so verschwinden?!? Nur weil die "Privaten" zu viel Wettbewerb fürchten? Hat die CDU immer noch nicht verstanden dass das Internet das Fernsehen ablösen wird?
Wie ist ihr Standpunkt dazu? Was kann ich tun um dagegen zu protestieren?
Gruss
Andreas Ebner
Sehr geehrter Herr Ebner,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst einmal freue ich mich, dass Sie ebenso wie ich das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland schätzen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk garantiert unabhängige Berichterstattung und Themenvielfalt und ist damit eine Errungenschaft, die in ihrer Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben meiner Meinung nach viel zu oft unterschätzt wird.
Ihre Kritik richtet sich nun gegen die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ihre im Internet publizierten Beiträge nach einer gewissen Zeit wieder „offline“ zu nehmen. Ich verstehe das Dilemma, das sich hier auftut. Natürlich ist es ärgerlich, wenn mit Steuergeldern publizierte Inhalte nur zeitweilig zur Verfügung stehen, obwohl ihre ständige Verfügbarkeit ohne Mehrkosten technisch kein Problem wäre.
Hinzu kommt, dass gerade die wegen ihrer Neutralität und Objektivität hochgeschätzten Beiträge in den öffentlich-rechtlichen Internetauftritten auch bei Wikipedia regelmäßig als Quellen verwendet werden und ihre Löschung auch dort zu einem vermehrten Auftreten toter Links führen würde.
Allerdings wird wohl der überwiegende Teil der Beiträge zumindest für ein Jahr verfügbar sein. Inhalte mit Bildungscharakter werden für 5 Jahre verfügbar sein, und überragende Beiträge zur Zeit- und Kulturgeschichte werden weiterhin ständig abrufbar sein. Grundsätzlich besteht auch für jeden User weiterhin die Möglichkeit, sich Inhalte auch privat zu archivieren.
Andererseits muss natürlich auch berücksichtigt werden, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch die Gebühren im Gegensatz zu privaten Medienakteuren über eine sichere Einnahmequelle verfügen und sich nicht ausschließlich über Werbung finanzieren müssen. Die Politik ist auch dazu aufgerufen, privates Unternehmertum in der Medienbranche zu ermöglichen.
Ihr Hinweis, dass das Internet das Fernsehen als wichtigstes Medium ablösen wird, halte ich für zutreffend. Die Interaktivität ist ein Vorteil, der zu langfristigen Etablierung des Internets als zentralem Medium beitragen wird. Aktuell ist noch das Fernsehen das dominierende Medium, aber der Bundestag hat mit der Einrichtung der Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ schon auf das sich wandelnde Mediensystem reagiert. Ich denke, dass Ihre Anregungen auch dort gerne aufgenommen werden. Über die Internetpräsenz des Deutschen Bundestages (www.bundestag.de) lässt sich auch die Enquete-Kommission schnell finden.
Unmittelbar zuständig für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind jedoch in Deutschland die Bundesländer, die auch als Vertragspartner des Rundfunkstaatsvertrags fungieren. Daher darf ich Ihnen raten, Ihre Anregungen zum einen an die Enquete-Kommission im Bundestag und zum anderen an die zuständigen Länderministerien zu richten.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters