Frage an Monika Grütters von Jessica M. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Prof. Monika Grütters,
zu Ihren Stellungnahmen hab ich einige Fragen an Sie.
1. Dreigliedriges Schulsystem
Nach Ihrer Auffassung haben die Inhalte und nicht die Struktur die Priorität. Wie stellen Sie sich die Lehrinhalte vor, wenn Schüler, die eigentlich eine sehr gute Realschulempfehlung erhalten haben, mit Schülern die gerade so eine Hauptschulempfehlung haben, in eine Klasse kommen. Die Lehrer müssten grundsätzlich Rücksicht auf die Schwächeren Schüler nehmen und könnten die Stärkeren nicht angemessen fördern. Wie soll das langfristig eine Verbesserung nach sich ziehen?
2. Kassensystem
Wie können wir am Besten bzw. am Schnellsten die Disparitäten zwischen Kassenpatienten und Privatversicherten überwinden? Ich denke dabei an unterbezahlte Ärzte, überfüllte Warteräume und benachteiligte Behandlung der Kassenpatienten.
3. Parteiverbot
Nach Ihren Aussagen sollte die NPD verboten werden. Wie sehen Sie die Gefahr der Linksextremen Parteien, inklusive der LINKEN. Sollten diese Parteien dann nicht auch verboten werden?
4. Koaltion
Nun komm ich auch schon zu meiner letzten Frage.
Wie sehen sie die Koalitionsmöglichkeiten auf der Bundesebene, aber auch auf der Landesebene? Schwarz-Gelb, Jamaica, Schwarz-Rot (natürlich nur auf die SPD bezogen) ?
PS: Wir haben die Kraft!
Hochachtungsvoll
Jessica
Sehr geehrte Frau Müller,
vielen Dank für Ihre Fragen. Bezüglich Ihrer Frage nach dem dreigliedrigen Schulsystem haben Sie meine Antwort vielleicht ein wenig missverstanden. Ich möchte nicht, dass wir die Debatte um das Schulsystem ausschließlich um die Frage nach der Anzahl der Schultypen führen. Ich glaube, dass wir mit einer Einheitsschule nicht zurechtkommen werden, da wir dort die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler nicht sinnvoll unter einen Hut bekommen werden. Ob die Alternative dann in einem zwei - oder dreigliedrigen Schulsystem besteht, ist aus meiner Sicht weniger wichtig als die Notwendigkeit, dass man zwischen den verschiedenen Typen eine möglichst hohe Durchlässigkeit gewährleistet. Dadurch lässt sich dann nämlich erst sicherstellen, dass Kinder entsprechend ihren Fähigkeiten auch die bestmöglichen Bildungsmöglichkeiten erhalten. Dazu gehört auch eine vernünftige und effektive finanzielle Ausstattung der Schulen. Dies ist in Berlin leider nicht gewährleistet. Es gibt in Berlin zu wenige Gymnasiumsplätze, so dass der Berliner Senat diese in seiner Not nun unter Berlins Schülerinnen und Schülern verlosen will, anstatt mehr Plätze zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus ist Berlin im aktuellen Bildungsmonitor wieder Schlusslicht, obwohl der Senat so viel Geld für die Schulen ausgibt wie kaum ein anderes Bundesland. Auch dies ist letztlich ein Nachweis dafür, dass der Berliner Senat in Bildungsfragen schon lange nicht mehr Herr der Lage ist.
In der Frage der Gesundheitspolitik ist für mich ganz klar, dass alle Menschen in unserem Land ein Recht auf eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung haben. Das muss natürlich unabhängig von Faktoren wie Einkommen, Alter, sozialer Herkunft oder gesundheitlichem Risiko gelten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist aus meiner Sicht eine schrittweise Weiterentwicklung des Gesundheitsfonds der beste Weg. Weder eine reine Staats- noch eine reine Kassenmedizin wäre aufgrund des medizinischen und medizinisch-technischen Fortschritts sowie des demografischen Wandels alleine in der Lage, für eine umfassende gesundheitliche Versorgung mit vertretbaren Kosten zu sorgen. Mithilfe des Gesundheitsfonds können Struktur, Organisation und Finanzierung sowohl der gesetzlichen als auch der privaten Krankenversicherung weiterentwickelt werden. Auf diese Weise können wir für mehr Transparenz, Wettbewerb und weniger Bürokratie im Gesundheitswesen sorgen. Damit steigern wir die Qualität medizinischer Versorgung und sorgen dafür, dass die vorhandenen Mittel effizienter eingesetzt werden.
Hinsichtlich der Frage von Parteiverboten möchte ich klarstellen, dass ich ein NPD - Verbotsverfahren unterstütze, sofern die Voraussetzungen dafür geschaffen werden können. Ein neuerliches Scheitern eines Verbotsverfahrens hätte fatale Wirkung und muss daher unbedingt vermieden werden. Außerdem ist auch die Beobachtung der NPD durch den Verfassungsschutz ein wirksames Instrument, weshalb hier gründlich abgewogen werden muss. Deutlich machen möchte ich an dieser Stelle, dass zwischen der NPD und der Linkspartei große Unterschiede bestehen. Während die NPD aus meiner Sicht zweifelsfrei eine verfassungsfeindliche Organisation ist, kann man das für die Linkspartei nicht behaupten. Doch gibt es einzelne Gruppen innerhalb der Partei, die der Bundesrepublik Deutschland feindlich gegenüberstehen und vor diesem Hintergrund auch vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Dies ist, bei allen inhaltlichen Differenzen, aber keinesfalls auf die gesamte Linkspartei zu übertragen. Daher halte ich ein Verbotsverfahren der Linkspartei überhaupt nicht für denkbar oder sinnvoll.
Zur Frage von Koalitionen möchte ich vorab deutlich machen, dass die Wahl von Regierungen in den Bundesländern aber auch im Bund noch immer die ausschließliche Aufgabe der Menschen in unserem Land ist. Sie bestimmen die politischen Kräfteverhältnisse und ziehen damit die Grenzen, innerhalb derer sich die Parteien bewegen. Deshalb finde ich es nicht gut, wenn man als Politiker bestimmte Koalitionen kategorisch ausschließt. Eines der zentralen Merkmale demokratischer Parteien ist es, ergebnisoffen, inhaltsbezogen und fair miteinander umzugehen. Damit will ich natürlich nicht der Beliebigkeit in Koalitionsfragen das Wort reden. Ich finde es wichtig und richtig, dass die Parteien dem Bürger sagen, welche Partner ihnen inhaltlich am nächsten stehen. Für den Fall, dass der Bürger dann anders entscheidet, muss man aber auch in der Lage sein, die staatspolitische Verantwortung, die dem Wählerauftrag inne wohnt, wahrzunehmen. Für die Bundestagswahlen halte ich eine Koalition aus CDU/CSU und FDP für das beste Modell, um Deutschland sicher und gestärkt aus der Wirtschaftskrise zu bringen. Etwas anders stellt sich die Situation auf Landesebene in der Großstadt Berlin dar. Hier sehe ich zur Zeit relativ große Gemeinsamkeiten zwischen der CDU und den Grünen, inwieweit eine solche Konstellation in Berlin tragfähig ist, wird sich vielleicht in der Zukunft erweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Monika Grütters