Werden Sie sich für die Schaffung sicherer Fluchtwege aus Afghanistan einsetzen, und wenn ja, wie?
Vergleiche den offenen Brief der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye an die Bundesregierung.
https://sea-eye.org/offener-brief-an-die-bundeskanzlerin-afghanistan/
Schnelles Handeln ist angesichts der katastrophalen Lage notwendig, um Menschenleben zu retten. Wie werden Sie als Abgeordneter einer Regierungsfraktion sich dafür einsetzen?
Sehr geehrte Frau Trehern,
die dramatische Situation in Afghanistan bewegt uns alle gerade sehr und deswegen danke ich Ihnen für diese wichtige Frage.
Es ist unsere humanitäre Pflicht, zu helfen und sichere Fluchtwege für diejenigen zu ermöglichen, die das Land verlassen müssen. Die SPD Kiel hat sich bereits 2019 dafür stark gemacht, dass wir als erstes Bundesland dem Bündnis „Seebrücke – Sichere Häfen“ beitreten. Damit setzt Kiel ein klares Zeichen: Wir haben nicht nur die Möglichkeit, Flüchtende aufzunehmen, sondern wollen durch das Angebot eines sicheren Hafens auch klarstellen, dass es wichtig ist, legale uns sichere Zugangswege nach Europa zu schaffen, um das Sterben auf Fluchtrouten zu beenden.
Viele weitere deutsche Städte und Gemeinden setzen angesichts der Lage in Afghanistan ein Signal der Solidarität und zeigen, dass es Bereitschaft und Möglichkeiten zur konkreten Umsetzung sicherer Fluchtwege gibt. Damit schaffen kleinere Regionen das, was weder der EU noch dem zuständigen Innenminister Horst Seehofer zu gelingen scheint: Endlich eine würdige und umgehende Lösung für die in Not Geratenen zu finden. Als SPD-Bundestagsabgeordneter habe ich mit meiner Fraktion in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder Druck auf unsere Koalitionspartner*innen in der CDU/CSU geübt, um gemeinsam klare Richtlinien für eine menschliche und solidarische Flüchtlingspolitik zu definieren. Bedauerlicherweise haben weder die aktuelle Lage in Afghanistan noch die weiterhin sehr schwierige Situation der Geflüchteten auf den griechischen Inseln unseren derzeitigen Koalitionspartner dazu bewegen können, die Notwendigkeit eines Kurswechsels zu mehr Ehrlichkeit und mehr Humanität in der Flüchtlingspolitik anzuerkennen. Das ist frustrierend, nicht hinnehmbar und wir haben als SPD-Fraktion daraufhin klare Umsetzungsvorschläge für eine europäische und humanitäre Asylpolitik erarbeitet die Sie mit diesem Link aufrufen können. https://www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-menschlich-solidarisch-20200616neu.pdf- Wir kämpfen jetzt dafür, in einer Bundesregierung ohne CDU/CSU nach der Bundeswahl viel mehr davon umsetzen zu können. Denn für uns als SPD ist eins klar: Wir können nicht darauf warten – und das gilt nicht nur für Afghanistan - dass alle EU-Mitgliedsstaaten an einem Strang ziehen. Die Staaten oder die Kommunen, die helfen wollen, sollten diese Hilfe auch leisten dürfen. Innerhalb der EU müssen einige vorangehen.
Auf Bundesebene ist uns als SPD-Fraktion im vergangenen Jahr angesichts der verheerenden Verhältnisse in Moria und nach intensiven Bemühungen zumindest ein Teilerfolg gelungen und wir haben gegenüber der Union durchsetzen können, immerhin 2700 Menschen von dort eine würdige Aufnahme in Deutschland bieten zu können. Als SPD wünschen wir uns aber viel mehr Engagement und deswegen unterstütze ich die Städte und Kommunen, die als sichere Häfen ihre Hilfe anbieten und ich werbe auf Bundesebene dafür, dass auch das Innenministerium dieses Vorgehen würdigt und als Schritt des moralischen Pragmatismus zulässt.
Sowohl meine Fraktion als auch ich stehen hinter der Forderung einer menschenwürdigen Asylpolitik, die das Leid auf Flüchtingsrouten unbedingt beendet. Ich distanziere mich entschieden von denjenigen, die sich gegen die Hilfesuchenden in der Welt abschotten und hoffe sehr, dass wir nach der Bundestagswahl endlich eine Mehrheit für eine humane Flüchtlingspolitik im Parlament haben.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Stein