Sehr geehrter Herr Stein, könnte eine absolute gegenüber einer einfachen Mehrheit in einem Wahlkreis bei der erst Stimme praktikabel sein, um die Überhangs- u. Ausgleichsmandate zu minimieren? MfG JP

Sehr geehrter Herr P.,

vielen Dank für Ihre Frage zu der geplanten Wahlrechtsreform, die ich als direkt gewählter SPD-Bundestagsabgeordneter für Kiel, Altenholz und Kronshagen gern beantworte.

Ich persönlich habe große Sympathien für die Direktmandatvergabe durch eine absolute Mehrheitswahl. Ein solches System richtet die Aufmerksamkeit noch einmal stärker auf das Engagement der Abgeordneten vor Ort und die Gewinner sind zudem auch mit einer breiteren Basis innerhalb der Wählerschaft ausgestattet. Wenn man das absolute Mehrheitswahlrecht allerdings so praktiziert, wie es überwiegend gehandhabt wird - nämlich mit einer Stichwahl im zweiten Wahlgang, wenn im ersten Wahlgang keiner der Bewerber die absolute Mehrheit erreicht - führt das jedoch keinesfalls zu einer Verringerung der auszugleichenden Mandate. Denn die Ausgleichmandate kommen ja dadurch zustande, dass die Anzahl der direkt gewählten Abgeordneten die Anzahl der Abgeordneten übersteigt, die einer Partei laut Zweitstimmenergebnis zustehen. Insofern kommt man nicht durch eine reine Veränderung des Wahlsystems bei der Erststimme zu einer Verkleinerung des Bundestages, sondern nur durch eine Regelung, die sich direkt auf die Zweitstimme bezieht, so wie es die Regierungskoalition jetzt vorgeschlagen hat.

Sollten Sie allerdings eine Direktmandatvergabe durch eine absolute Mehrheitswahl ohne Stichwahl im Blick gehabt haben, so hielte ich das für nicht realisierbar. Bei der vergangenen Bundestagswahl im Jahr 2021 hat überhaupt nur ein einziger Kandidat bei der Erststimme über 50 Prozent der Stimmen erreicht. Das war mein Kollege Johann Saathoff im Wahlkreis Aurich – Emden.

Mit freundlichen Grüßen

Mathias Stein