Frage an Mathias Stein von Lennard P. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Guten Abend,
Nachdem die Union und SPD den ersten ersten Entwurf eines Lobbyregisters nach großem Aufschrei der Opposition und auch Zivilbevölkerung zurückzogen, wurde ein neuer Entwurf, beispielsweise ohne legislativen o. exekutiven Fußabdruck vorgelegt?
Wie werden Sie abstimmen und warum wehrt sich auch die SPD gegen die Forderungen von diversen NGO‘s wie beispielsweise Transparency oder Lobby Control? He
Sehr geehrter Herr Plaga,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Lobbyregistergesetz, auf die ich sehr gern eingehe.
Sie haben recht mit Ihrer Aussage, dass der Entwurf des Lobbyregistergesetzes weder einen legislativen noch einen exekutiven Fußabdruck enthält. Dies hat unterschiedliche Gründe. Bei dem „legislativen Fußabdruck“ handelt es sich um eine Offenlegungspflicht für Kontaktaufnahmen mit Bundestagsabgeordneten. Diese Veröffentlichungspflicht wäre aber mit der im Grundgesetz garantierten Mandatsfreiheit der Bundestagsabgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar. Abgeordnete können ihre Kontakte mit Interessenvertretern aber freiwillig veröffentlichen, was für mich seit Jahren praktizierte Selbstverständlichkeit ist. Die Auflistung meiner Termine mit Interessenvertreter*innen können Sie hier auf meiner Homepage einsehen: https://mathias-stein.de/person/lobbytermine/
Beim „exekutiven Fußabdruck“ geht es um die Veröffentlichung von Kontaktaufnahmen mit Lobbyisten in Bundesministerien und deren Stellungnahmen. Da ein Großteil der Gesetzentwürfe in den Ministerien verfasst wird, wären dies nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch für unsere Arbeit als Bundestagsabgeordnete wichtige Informationen. Denn wir könnten dadurch besser nachvollziehen, welche Firmen oder Verbände wie auf den Entstehungsprozess von Gesetzen Einfluss genommen haben, die wir dann im Parlamentarischen Verfahren bearbeiten und beraten. Der „exekutive Fußabdruck“ war daher einer der Forderungen des „Zehn-Punkte-Plans für mehr Transparenz“, mit dem die SPD-Bundestagsfraktion in die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner CDU/CSU gegangen ist (vgl. https://www.spdfraktion.de/themen/zehn-punkte-plan-mehr-transparenz). Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte für die Einführung des „exekutiven Fußabdrucks“ auch einen Vorschlag gemacht, der sogar die Erwartungen von lobbykritischen Vereinen übertroffen hat. Das CDU-geführte Bundeskanzleramt hat den „exekutiven Fußabdruck“ allerdings bis zum Ende kategorisch abgelehnt.
Das Lobbyregistergesetz, das wir mit der Union verhandeln konnten, ist trotzdem ein großer Fortschritt für den deutschen Parlamentarismus. Denn zum ersten Mal erfahren wir nun wirklich, wer Einfluss auf die Arbeit des Deutschen Bundestages und die Bundesregierung nimmt. Derzeit gibt es nur eine „öffentliche Liste“ von Verbänden, die Interessen gegenüber dem Bundestag oder der Bundesregierung vertreten. Diese Liste ist als Anlage der Geschäftsordnung des Bundestages vorgesehen. Die Regelung ist aus dem Jahre 1972 und die Liste ähnelt eher einem Telefon-buch. Die Eintragung ist freiwillig und der informative Wert daher gleich Null.
Mit dem Lobbyregistergesetz wird es nun zum ersten Mal ein verbindliches Lobbyregister geben. Es wird gesetzlich eingeführt, so dass es im Gegensatz zur geschäftsordnungsrechtlichen Liste nicht der Diskontinuität obliegt.
Die wesentlichen Fortschritte durch das Lobbyregistergesetz sind:
1. eine Registrierungspflicht für einen breiten Personenkreis von Interessenvertretern (§§ 1 und 2 LobbyRG),
2. weitgehende Angaben zur Identität und Aufgaben der Interessenvertreter sowie zur Struktur und Finanzierung der Interessenvertretung (§ 3 LobbyRG),
3. ein einheitlicher und verbindlicher Verhaltenskodex des Bundestages und der Bundesregierung (§ 5 LobbyRG),
4. ein Ordnungsgeld bis zu 50.000 Euro für Verstöße gegen die Registrierungspflicht sowie die Veröffentlichung von Verstößen gegen den Verhaltenskodex (§§ 7 und 5 LobbyRG).
Das ist ein guter Anfang. Ich hoffe aber sehr, dass wir nach der Bundestagswahl in einer zukünftigen Bundesregierung ohne CDU/CSU u.a. mit einem „exekutiven Fußabdruck“ noch mehr notwendige Transparenz erreichen können.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Stein