Frage an Mathias Stein von Peter T. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Stein, nachweislich werden bei hohen Geschwindigkeiten im Straßenverkehr mehr Schadstoffe erzeugt und auch die Polizei spricht sich für ein Tempolimit aus. Warum haben Sie und fast alle SPD-Abgeordneten dann GEGEN Tempo 130 gestimmt? Wir sind das einzige Land mit diesem "Luxus". Wieviel "Zuwendungen" erhält die SPD insgesamt von Auto-Konzernen und den entsprechenden Lobbygruppen? Vielen Dank im Voraus.
Sehr geehrter Herr T.,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Ich versichere Ihnen: Inhaltlich sind wir bei diesem Thema vollständig einer Meinung.
Durch ein Tempolimit werden die Autobahnen sicherer: Seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten um 80 bis 140 Fälle reduzieren könnte. Fakt ist, dass 42 Prozent aller schweren Unfälle auf Autobahnen sogenannte Geschwindigkeitsunfälle sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Zahl der schweren Unfälle stark rückläufig wäre, ist damit hoch. Neben der Zahl der Getöteten ist auch die Zahl der Schwerverletzten durch Unfälle auf Bundesautobahnen ein wichtiger Faktor, der durch die Geschwindigkeitsbegrenzung reduziert werden könnte.
Durch ein Tempolimit werden die Umwelt und das Klima geschützt: Der Kraftstoffverbrauch hängt exponentiell mit der Geschwindigkeit zusammen. Ein Pkw verbraucht bei 160 km/h bis zu 35 Prozent Kraftstoff mehr als bei 130 km/h. Die AG1 der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität kommt zu dem Schluss, dass 1,2 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden könnten, der ADAC spricht sogar von „bis zu 2 Millionen Tonnen“ - und all dies, ohne nennenswerte Kosten. Gemessen am Gesamtvolumen der angestrebten Minderung im Verkehrssektor bis 2030 von ungefähr 60 Mio. Tonnen wäre dies ein erheblicher Beitrag.
Wir beide sind uns also bei diesem Thema einig. Leider wird diese Meinung aber nicht von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer geteilt. Er hat eine aufkeimende Diskussion in den entsprechenden Fachgremien darüber Anfang des Jahres unverzüglich beendet und damit eine auch mir unverständliche rote Linie gezogen.
Im Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU haben wir uns darauf geeinigt, dass über das Verfahren und die Arbeit im Parlament Einvernehmen zwischen den Koalitionsfraktionen hergestellt wird. Beim Thema Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen war dies aber nun erkennbar nicht der Fall, deshalb habe ich den Antrag der Grünen abgelehnt und so den Koalitionsvertrag eingehalten.
Gern weise ich Sie an dieser Stelle darauf hin, dass sich auch die Grünen in den Bundesländern, in denen sie regieren, bei diesem Thema nicht gegen ihren Koalitionspartner CDU durchsetzen konnten: Nicht in Hessen, nicht in Baden-Württemberg, nicht in Schleswig-Holstein. Auch auf eine Bundesratsinitiative der acht Landesregierungen mit Beteiligung von Bündnis 90/Die Grünen zum Thema Tempolimit 130 km/h auf Autobahnen warten wir bis heute vergebens.
So leid es mir tut, Ihnen das sagen zu müssen. Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen heute im Deutschen Bundestag war ein Showantrag, der genau den Effekt erzeugen sollte, den er bei Ihnen erzeugt hat. Unsere verkehrspolitische Sprecherin, Kirsten Lühmann, hat in ihrer Bundestagsrede zu dem Antrag kurz und knackig deutlich gemacht, was sie von dieser Showveranstaltung hält. Sie finden die Rede unter diesem Link: https://dbtg.tv/fvid/7395100 .
Übrigens hat eine rot-grüne Regierung in Bremen bereits im Jahr 2008 ein allgemeines Tempolimit von 120 km/h auf ihren 80 Kilometer Autobahn eingeführt. Das ist einer der guten Gründe, bei der nächsten Bundestagswahl für ein linkes, fortschrittliches Regierungsbündnis im Deutschen Bundestag zu kämpfen – und genau das werde ich tun.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Stein