Portrait von Markus Grübel
Markus Grübel
CDU
100 %
11 / 11 Fragen beantwortet
Frage von Jana S. •

Unterstützen Sie den Antrag die AfD vom BVerfG verbieten zu lassen?

Nach den Ereignissen in Thüringen und den Ausführungen im Buch "Es ist 5 vor 1933" von Philipp Ruch ist ein Parteiverbotsverfahren m.E. dringend erforderlich.

Portrait von Markus Grübel
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau S.,

nein, ich werde den interfraktionellen Antrag einer kleineren Gruppe von Bundestagsabgeordneten aus der Unions-, der SPD und der GRÜNEN-Fraktion sowie aus der Gruppe Die Linke und von fraktionslosen Abgeordneten "über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der 'Alternative für Deutschland' gemäß des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes" nicht unterstützen. Gerne erläutere ich Ihnen die Gründe für meine Entscheidung: Genauso wie für meinen Fraktionskollegen Marco Wanderwitz MdB, einer der maßgeblichen Initiatoren des Verbotsantrags, steht für mich fest, dass es sich bei der vorgeblichen "Alternative für Deutschland" um eine höchstproblematische Partei handelt. Dies fängt damit an, dass sie ihren Parteinamen ad absurdum führt, wenn führende Vertreter (Bundestags- und Europaabgeordnete), statt für das Wohle Deutschlands zu arbeiten, sich von autokratischen Regimen wie Russland oder China kaufen lassen oder sich Massenmördern wie dem syrischen Diktator Assad an den Hals werfen. Innerhalb Deutschlands wiederum grenzt die AfD ganze Bevölkerungsgruppen aus, indem sie Menschen mit sog. Migrationshintergrund oder Muslime als Ganzes negativ beurteilt (siehe z.B. Aussagen der AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, für die alle Einwanderer aus muslimisch geprägten Staaten "Messermänner" und alle "Kopftuchmädchen" "Taugenichtse" sind). Dazu kommt der verheerende Geschichtsrevisionismus in weiteren Teilen der AfD, also die Forderung nach einem "Schlussstrich" unter unsere NS-Vergangenheit und das kokette Verwenden von SA-Parolen durch Björn Höcke und andere führende AfD-Repräsentanten. All dies hat zurecht dazu geführt, dass nicht nur Landesämter für Verfassungsschutz drei Landesverbände als "gesichert rechtsextrem", sondern auch das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD insgesamt als "rechtsextremen Verdachtsfall" eingestuft hat. Dennoch ist der Deutsche Bundestag und sind gerade wir als Abgeordnete aus der demokratischen Mitte des Hauses gut beraten, mit dem schärfsten Schwert im Umgang mit anderen Parteien, nämlich dem Antrag auf Verbot beim Bundesverfassungsgericht, äußerst behutsam umzugehen. Dies hat auch die übergroße Mehrheit meiner Kollegen in der Fraktionssitzung in der letzten Sitzungswoche unterstrichen. Ich teile deshalb die Formulierung meiner Fraktionsführung: "Die Fraktion hält den Versuch eines Verbots der AfD zum jetzigen Zeitpunkt für juristisch nicht erfolgversprechend und politisch kontraproduktiv." Wie erwähnt, heißt dies nicht, dass wir die AfD nicht als hochgefährlich für unsere politische Kultur und letztlich unser politisches System halten (als Bundestagsabgeordneter seit 22 Jahren konnte ich beobachten, wie sich das politische Klima im Bundestag seit dem Einzug der AfD im Jahr 2017 deutlich verschlechtert hat). Wir als CDU und CSU sind jedoch der Ansicht, dass wir die angebliche "Alternative für Deutschland" in erster Linie politisch und nicht juristisch stellen müssen. Denn für ein erfolgreiches Parteiverbot durch das höchste deutsche Gericht genügt es eben nicht, dass der Bundesverfassungsschutz die AfD als "Verdachtsfall" einstuft. Das heißt - und dies möchte ich ausdrücklich hervorheben -, zum jetzigen Zeitpunkt halte ich die Beantragung eines AfD-Verbots durch den Deutschen Bundestag für juristisch fragwürdig und für politisch unklug bis gefährlich. Dies sehen nicht nur die allermeisten meiner Fraktionskollegen, sondern sieht auch die große Mehrheit der Abgeordneten von SPD und FDP und vermutlich auch der GRÜNEN so (es existiert jedoch noch kein fertiger Antrag, in dem seine Unterstützer aufgeführt sind). Nicht nur, dass die unzweifelhaft in Teilen rechtsextreme Partei durch dieses juristische Manöver neues "Futter" für ihre Erzählung erhielte, dass sie von den "Altparteien" nur deshalb ausgegrenzt und sogar verfolgt würde, weil diese einen missliebigen politischen Konkurrenten loswerden möchten. Vielmehr würde die AfD ein (zum jetzigen Zeitpunkt nicht unwahrscheinliches) Scheitern ihres Verbots vor dem Bundesverfassungsgericht triumphierend als "Gütesiegel" oder sogar als Quasi-Wahlempfehlung aus Karlsruhe verkaufen. Obwohl es ein ganzes Bündel an Gründen für die aktuelle Stärke der AfD gibt, ist die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Politik der Ampelkoalition seit drei Jahren ein wichtiger Teil davon. Deshalb gilt für uns als CDU/CSU-Fraktion: Wir möchten nicht die Symptome dieser heftigen politischen Erkältung, sondern ihre Ursachen behandeln. Das heißt, wir als Politik sind aufgefordert, die politischen Probleme (Stichworte Migration, wirtschaftliche Rezession, "Bürgergeld" etc.) zu lösen, die den Bürgern unter den Nägeln brennen. Dadurch hätte ein beachtlicher Teil der bisherigen AfD-Wähler keinen Grund mehr, diese (aus Protest gegen die Politik der Ampel) zu wählen und übrigbleiben würde ein rechtsextremer Kern, der die Partei aus Überzeugung wählt. Zugleich sind wir als Gesellschaft insgesamt gefragt, zu verdeutlichen, dass es niemals eine "Alternative" sein kann, eine Partei, in der sich Nationalisten, Rassisten und Antisemiten tummeln, an die Macht zu wählen - gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte von 1933-1945, die Sie zurecht als Mahnung erwähnen. Denn dieses politische Konzept hatte Millionen Tote zur Folge, hat Deutschland innenpolitisch ins Verderben und außenpolitisch in die völlige Isolation geführt. Mein Kollege Wanderwitz und seine Mitstreiter haben deshalb völlig recht, wenn sie feststellen: Die Geschichte hat häufig genug gezeigt, dass die demokratische Wahl einer Partei (wie der NSDAP, anfangs Putin und seine Partei oder der Hamas im Gazastreifen u.vm.) noch lange nicht bedeuten muss, dass sich diese auch demokratisch verhält. Wir als Politik, Wirtschaft, Kultur, Kirchen, Religionsgemeinschaften etc. sind deshalb gefragt, "klare Kante" gegenüber Verfassungsfeinden aller Art zu zeigen und zu verhindern, dass sich 90 Jahre später unsere Geschichte wiederholt. Dazu ist jedoch ein AfD-Verbot kein geeignetes Mittel.

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Markus Grübel
Markus Grübel
CDU