Wie können Wohnungsbau, Wohnraum und Mieten künftig sozial gerechter organisiert werden?
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Liebe Cornelia, danke für Deine Frage.
mir ist soziale Gerechtigkeit total wichtig und ich setze mich auf verschiedenen Ebenen dafür ein, dass wir gerade beim Wohnungsbau und den Mieten besser werden. Dabei geht es um den löchrigen Mieter*innenschutz, der funktionieren muss und das Baugesetzbuch, das zuviele Räume für Spekulation lässt. Gleichzeitig müssen die Wohnungen am besten mit innovatioven, mineralischen, ökologischen Materialien gedämmt werden, damit die Mietenden nicht auf den Energiekosten wegen fehlender Sanierung und Dämmungen sitzen bleiben. Es gibt schon jetzt gesetzliche Rahmenbedingungen, die besser für die soziale und ökologische Gerechtigkeit genutzt werden könnten. Hierfür müssen die Ämter mutiger agieren. Einige Punkte im Einzelnen:
- Leerstand und Zweckentfremdung kann jetzt schon bekämpft werden, wird aber zu selten entdeckt. Die Ämter sind auf Rückmeldungen aus den Nachbarschaften angewiesen. Gemeldet werden kann hier: https://serviceportal.hamburg.de/HamburgGateway/Service/Entry/AFM_LeerSd
- Wuchermieten können schon jetzt bekämpft werden, leider ist die Beweisführung schwierig für Mietende. Wir wollen hier auch eine zentrale Medestelle schaffen, der die Ämter und Behörden dann nachgehen sollen.
- Im Bereich des sozial geförderten Wohnraumes haben wir den 3. Förderweg für Mieten von 11-13€ eingeführt https://www.ifbhh.de/foerderprogramm/mietwohnungsneubau-3-foerderweg. Es gibt mittlerweile 4 Segmente des sozial geförderten Wohnungsmarktes: Wohnungsamt gebundene (WA) Wohnungen, die direkt von den bezirklichen Wohnungsämtern an vordringlich Wohnungssuchende Menschen zugewiesen werden und somit vor Wohnungs- oder Obdachlosigkeit geschützt werden sollen. Dann gibt es die drei Segmente für 7,10€, 9,20€ und 12,10€ https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/behoerde-fuer-stadtentwicklung-und-wohnen/themen/wohnen/wohnungsbaupolitik/gefoerderter-wohnungsbau-158654.
- In der hamburgischen Verfassung haben wir den Verkauf von Grundstücken verankert, damit diese der Spekulation vorenthalten werden können. Zudem kauf die Stadt mittlerweile viele Grundstücke und Immobilien auf, allein 160 Notarverträge letztes Jahr. Leider gibt es eine etwas löchrige Ausnahmeregelung.
- Der sog. Drittelmix beim Neubau und weitere Ankäufe von Belegungsbindungen sollen den sozial geförderten Wohnungsbau voranbringen.
Es gibt da dennoch einiges zu tun. Einmal im Bund aber auch in Hamburg haben wir als Land Möglichkeiten für Verbesserungen der Wohnsituation zu sorgen. Für beide habe ich die Programme bei den Grünen mitgeschrieben.
Im Kampf gegen Spekulation mit Wohnraum oder Grundstücken, wie dem Holstenareal, hätten wir ggf. mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme gegensteuern können. Das hat die zuständige Behörde verweigert. Einfacher noch wäre die Einführung einer Bodewertsteuer, wie es Baden-Württemberg angegangen ist. Danach müsste dieselbe Steuer gezahlt werden, egal ob bebaut oder nicht. Diese Art der Besteuerung orientert sich am Planrecht, also an einer möglichen Bebauung. Für Adler wäre es komplett unleistbar gewesen, diese Steuer zu leisten und sie hätten längst zu einem vernünftigen Preis verkaufen müssen. Diese Steuer darf natürlich nicht auf Mietende umwälzbar sein.
Im Bereich des Mieter*innenschutzes fordern wir im Bund einen temporären Stopp des Mietenanstiegs. Auch in Hamburg können wir das, bspw. mit den städtischen Wohnungeunternehmen, tun. Ich kämpfe dafür, dass wir in Hamburg bei den städtischen Wohnungsunternehmen zumindest eine Steigerung der Mieten stark begrenzen, insbesondere da wo Mietende zu wenig Geld verdienen. Eine Erhöhung des Mindestlohnes fordern wir im Bund, mit dem wir das Sozialsystem deutlich entlasten können und weniger Menschen mit geförderten Wohnraum versorgen müssen. Wir haben derzeit 50.000 wohnungslose Personen in der Stadt, das zeugt von zum Teil bauen am Bedarf vorbei in den letzten Jahren. Das müssen wir dringend aufholen.
In Hamburg wollen wir daher die Hamburger Wohngemeinnützigkeit einführen und den Drittelmix gegen einen sozialen Mix austauschen. Für beides habe ich mich im Programm stark gemacht und die Begriffe eingeführt. Konkret bedeutet das: Mindestens 50% sozial geförderter Wohunungsbau, besser 66%. Vor dem Hintergrund, dass wir mittlerweile Mieten bis zu fast 13€ als geförderte Mieten steuerlich subventionieren wollen, müssen wir den Teil des sozialen Wohnungsbaus deutlich erhöhen. Wir fördern durch diese Förderstufen auch eine bessere durchmischung von Quartieren. In der Vergangenheit ist leider zu viel teurer Wohnraum entstanden. Den aktuellen Drittelmix halte ich zum Teil für demokratieschädigend, weil er zu wenig Wirkung auf die Durchmischung der Quartiuere und zu wenig günstigen Wohnraumt bietet. Dazu habe ich hier etwas aufgeschrieben: https://larsboettger.de/der-hamburger-drittelmix-ist-demokratiefeindlich/
Gleichzeitig müssen wir schauen, wer wirklich sozial geförderte Mieten benötigt und die Förderungen effektiv und dynamisch gestalten. Mein Ansatz dazu ist dieser: Wenn ein Haushalt 5 Jahre lang genug verdient, dass sie keine Förderung mehr brauchen, können sie auch eine Miete nach Mietenspiegel bezahlen und die Förderung kann dann auf eine Wohnung übertragen werden, die keine Förderung hat. Dort können dann neue Menschen mit Förderbedarf einziehen. Das würde die Steuermittel deutlich effizienter einsetzen, denn wir haben mehr Haushalten geholfen, als wenn Haushalte, die das nicht mehr brauchen Jahrzehnte in den sozial geförderten Wohnunge leben. Da niemand ausziehen soll, müssen wir die Förderung verschieben können. Das ist mein Ansatz für eine gerechte Verteilung von sozialem Wohnraum.
Wir wollen weiterhin Grundstücke oder Projekte nur noch an gemeinnützige Unternehmen, Genossenschaften oder Baugruppen vergeben. Sie wollen wir mit einem günstigen IFB Darlehen unterstützen, wenn sie sozial und ökologisch bauen. Sollte die Grundsteuer mal in einer Bodenwertsteuer umgeändert werden, und je nach Lage und Bodenwert erhöht werden, dann nicht für gemeinnützige Akteure oder Selbstnutzende, dafür setze ich mich ein. So können wir große Vermögen von Großvermietenden mit Mietshäusern in guten Lagen einfach abschöpfen und den Bodenpreis deutlich einbremsen, bzw. sogar absenken. Die Agentur für Baugemeinschaften muss zudem mehr Grundstücke und Immobilien für Transformationsprojekte für kleingenossenschaftliche Baugruppen anbieten.
Die Saga spielt auch eine große Rolle im Hamburger Wohnungsmarkt. Sie möchte ich eigenständig und gemeinnützig aufstellen. Zudem müssen wir die Tricks mit den Nebenkosten dringend bekämpfen. Bei der Saga genauso wie bei den privaten Wohnungsunternehmen. Wir können das über die Vergabekriterien und Verträge einfordern und kontrollieren. Es dürfen keine Mehrkosten durch Contracting entstehen und was berechnet wird, muss auch tatsächlich geliefert werden. Diese Vorhaben müssen für die nächste Legislatur Priorität haben.
Im bundespolitischen Kontext habe ich u. a. in das Programm der Grünen verhandelt, dass die Modernisierungsumlage zeitlich befristet gelten muss und die Grundsteuer nicht mehr auf Mietende umwälzbar ist. Auch bei der Saga wird die Modernisierungsumlage in einigen Quartieren angewendet. Das möchte ich in der nächsten Legislatur stoppen.
Für die Erfassung von ortsgebundenen Ideen oder Problemstellungen, aber auch zur Dokumentation von guten Projekten oder Orte habe ich eine Website angelegt, mit der die interne Zusammenarbeit bei uns verbessert werden könnte. Jede*r kann hier etwas eintragen und wir schauen, dass wir dafür eine Lösung angehen, wenn nötig. Schau gern mal rein: http://www.gerechte-stadtentwicklung.de
Lieben Gruß, Lars Boettger.