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Kristian Klinck
SPD
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Frage von Michael M. •

Warum gewähren wir dem Herrn Edward Snowden kein Asyl?

Sehr geehrter Herr Klinck!
Edward Snowden hat das wahrscheinlich größte Verbrechen an der Privatssphäre von Milliarden von Menschen aufgedeckt und an die Öffentlichkeit gebracht. Solche Aufdeckungen und Informationen sind wichtig für den Zusammenhalt und Zukunftsfähigkeit moderner Demokratien. Demnach wäre es sinnvoll, wenn Deutschland als moderne, souveräne Demokratie dem Herrn Snowden politisches Asyl bietet, bis die USA eben diese Wichtigkeit seiner Taten anerkennen, statt ihn für das Brechen von Gesetzen zu vefolgen, die mehr als ein Jahrhundert alt sind. Warum beweist Deutschland eben nicht diese Souveränität und gewährt dem Herrn Edward Snowden politisches Asyl? Gerade auch unter dem Aspekt, dass auch eben deutsche Staatsbürger massenhaft ausspioniert worden.
Vielen Dank für Ihre Zeit.

Mit freundlichen Grüßen

Michael M.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Für die aufgrund von hohem Arbeitsanfall im Verteidigungsausschuss erheblich verzögerte Bearbeitung bitte ich um Entschuldigung.

Die Gewährung von Asyl ist kein parlamentarischer Vorgang, sondern fällt in den Verantwortungsbereich der Exekutive. Dennoch möchte ich Ihnen gerne eine Einschätzung geben und hoffe, dass es Ihnen Recht ist.

Eine umfassende Würdigung der Handlungen Edward Snowdens würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Für mich steht einerseits fest, dass die weltweiten Spionage- und Überwachungstätigkeiten der amerikanischen Geheimdienste zum damaligen Zeitpunkt jedes Maß verloren hatten und auch nicht mehr mit dem Argument der nationalen Sicherheit gerechtfertigt werden konnten. Auf der anderen Seite kann es kein Staat der Welt tolerieren, wenn militärische oder anderweitig für die nationale Sicherheit relevante Geheimnisse durch eigene Mitarbeiter an die Öffentlichkeit gelangen. Ob Edward Snowden politisches Asyl gewährt werden sollte, dürfte daher auch im Auge des Betrachters liegen. 

Die Begründung für die Ablehnung des Asylantrags war damals eine formale: Ein Asylantrag kann nur in Deutschland gestellt werden. Edward Snowden hielt (und hält) sich aber in Russland auf.

Meiner Vermutung nach wird Edward Snowden das Risiko, nach Deutschland zu reisen und hier einen Asylantrag zu stellen, nicht eingehen, da er für diesen Fall fürchten muss, aufgrund des Auslieferungsabkommens zwischen Deutschland und den USA verhaftet und an die USA ausgeliefert zu werden. Dies wäre eine Entscheidung der Bundesregierung. Sie könnte durchaus eine Auslieferung verweigern und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anweisen, Snowden Asyl zu gewähren. Angesichts der für diesen Fall zu erwartenden außenpolitischen Folgen kann ich mir derzeit jedoch keine Parteienkonstellation in der Bundesregierung vorstellen, die sich für diese Handlungsoption entscheiden würde.

Vermutlich aus diesen Überlegungen heraus wurde die von den Grünen geforderte Aufenthaltserlaubnis aus übergeordnetem Interesse für Snowden im Jahr 2013 von der damaligen Regierung aus CDU und FDP abgelehnt. Diese Forderung der Grünen dürfte aus meiner Sicht eher ihrer damaligen Oppositionsrolle als einer sorgfältigen politischen Abwägung geschuldet gewesen sein.

Ein Signal an Edward Snowden, dass er in Deutschland Asyl bekommen würde, würde einerseits einen klaren menschenrechtlichen Fokus der deutschen Politik dokumentieren und wäre zudem ein deutliches Signal nationaler Selbstbestimmung. Ich will die Argumente dafür daher nicht vollständig zurückweisen. Gleichzeitig werbe ich für eine klare Verankerung Deutschlands in unserem Bündnis, der NATO, und für eine enge Zusammenarbeit mit den USA. Somit bin ich in der Frage, ob Edward Snowden Asyl gewährt werden sollte, in einem moralischen Spannungsfeld. Da habe ich heute keine Lösung, ich möchte Ihnen das aber transparent machen. 

Abschließend möchte ich Ihnen noch mitteilen, dass es mir ein wichtiges Anliegen ist, dass deutsche IT-Systeme - beispielsweise die des Bundestags - gegen jeden Angreifer geschützt sind.

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