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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hans M. •

wieso nutzt der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Herr Bach, einen Diplomatenpass der Bundesrepublik Deutschland?

soweit bekannt ist, erfolgt die Ausstellung der Diplomatenpässe allein im öffentlichen Interesse, weshalb die Verordnung ausdrücklich klarstellt, dass auf die Ausstellung kein Anspruch besteht. § 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Ausstellung amtlicher Pässe der Bundesrepublik Deutschland (AVVaP) regelt, welche Verfassungsorgane, Amts- und Mandatsträger einen Diplomatenpass erhalten.
Herr Bach bekleidet jedoch mit seiner Funktion als Chef des IOC keine deutsche Mandatsträgerschaft.
Ich bitte um Erläuterung. Vielen Dank.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr M.,      

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.     

Die von Ihnen angesprochene Frage ist durchaus berechtigt und wird bereits seit Längerem diskutiert. Im Jahr 2016 hatte sich die grüne Bundestagsfraktion bereits mit dem Thema befasst und wir stehen hierzu auch aktuell mit den zuständigen Ministerien in Kontakt.

Thomas Bach ist seit 1994 im Besitz eines bzw. mehrerer deutscher Diplomatenpässe. Vor seiner Tätigkeit als IOC-Präsident, die er 2013 antrat, war er bereits seit 1981 mit Unterbrechungen in unterschiedlichen Funktionen für das IOC tätig. Nach Angaben der ehem. Bundesregierung war Herr Bach im Besitz von drei Diplomatenpässen jeweils mit Gültigkeit bis zum 25. März 2017, 4. März 2018 und 6. August 2021  (vgl. Antwort auf die Frage von Özcan Mutlu (auf  BT-Drs. 18/11078, abrufbar unter https://dserver.bundestag.de/btd/18/110/1811078.pdf). Aktuell ist er noch im Besitz eines Diplomatenpasses mit Gültigkeit bis zum 28. August 2023.

Grundsätzlich gilt als Rechtsgrundlage für die Ausstellung dieser Diplomatenpässe § 4 Abs. 5 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Ausstellung amtlicher Pässe der Bundesrepublik Deutschland (AVVaP), auf die Sie zutreffend hinweisen. Gemäß § 1 Abs. 3 des Passgesetzes ist bei Vorliegen eines berechtigten Interesses die Ausstellung mehrerer Pässe möglich. Als Begründung für das "besondere deutsche Interesse" wurde die Förderung der olympischen Bewegung angeführt.

Herr Bach werbe in seiner Funktion als Präsident des IOC in einer Vielzahl von Ländern, zum Teil mit erschwerten Reisebestimmungen, für den olympischen Gedanken. Aus zeitlichen Gründen müsse die Visaeinholung für die Zielstaaten parallel erfolgen. Diese Handhabung hat durchaus Kritik erfahren (siehe etwa https://www.deutschlandfunk.de/ioc-praesident-bach-ein-diplomatenpass-ist-voellig-fehl-am-100.html). Nicht unproblematisch erscheint die Begründung auch vor dem Hintergrund, dass Herr Bach als IOC-Präsident laut der IOC-Statuten zur Neutralität verpflichtet ist und keine Landesinteressen vertreten darf.

Grundsätzlich war und ist es in Deutschland nicht völlig unüblich, hochrangige deutsche Mitarbeitende von internationalen Organisationen mit Diplomatenpässen auszustatten. Die einschlägigen Richtlinien sehen diese Möglichkeit explizit vor (siehe § 4 Absatz 4 Ziffer 6 AVVaP: http://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_27062014_505951510.htm).

Ihre Kritik am Vorgehen im vorliegenden Fall empfinde ich persönlich unter Würdigung aller relevanten Umstände – insbesondere mit Blick auf verschiedene andere im Raum stehende Kritiken – aber durchaus nachvollziehbar.             

Mit besten Grüßen nach München!
Konstantin v. Notz

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