Sie mutmaßen bzw. "meinen" in der FT, dass die Bundestagswahl von "ausländischen Akteuren" "erfolgreich manipuliert wurde". Können Sie das belegen und quantifizieren?
Können Sie beweisen (!)
- welche Einflussnahme genau stattfand
- dass sich Wähler*innen unmittelbar davon beeinflussen lassen
- wie viele Wähler*innen sich von welcher Manipulation beeinflussen ließen?
Können Sie ferner belegen, ob es sich um Falschnachrichten handelte? Falls ja um welche?
Quelle"
https://www.ft.com/content/35f46c4b-4fc1-4c1c-a19c-91a0d30f8528

Sehr geehrter Herr D.,
haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.
Sie sprechen ein Problem an, das den Umgang mit (russischer) Desinformation ganz erheblich erschwert. Es liegt ja im Wesen der Tätigkeiten ausländischer Dienste, insbesondere im Kontext Desinformation, dass die handelnden Akteure stets zu verschleiern versuchen, woher ihre Angriffe stammen. Und die Aufgabe, solche Angriffe dennoch eindeutig zu attribuieren, ist zweifellos ein Große, die die zuständigen Behörden mit großer Ernsthaftigkeit angehen müssen.
Daher liegt es auch ein Stück weit in der Natur der Sache, dass das vollständige Ausmaß ausländischer Einflussnahme auf unsere demokratischen Willensbildungsprozesse bis hin zu Wahlen nie komplett sichtbar sein wird. Es ist aber keineswegs so, dass es keine sehr konkreten Indizien und mittlerweile auch Beweise gibt. Längst wissen wir durch journalistische Recherche, wie planmäßig die russische Seite hier agiert. In diesem Zusammenhang würde ich Sie gerne auf die Enthüllungen der sog. SDA-Leaks verweisen: https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/russland-propaganda-fakenews-sda-deutschland-100.html. Sie haben durchaus sehr tiefe Einblicke in die russische Desinformations-Maschinerie gewährt.
Immer wieder werden durch die zuständigen Behörden, in Deutschland vor allem das für die Spionageabwehr zuständige Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), insbesondere russische, aber beispielsweise auch chinesische Einflussnahmeoperationen aufgedeckt, nachgewiesen und auch durchaus eindeutig attribuiert. Mit Blick auf die vergangene Bundestagswahl finden Sie zum Beispiel hier https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/hintergruende/DE/spionage-und-proliferationsabwehr/gefaehrdung-der-bundestagswahl-2025-durch-unzulaessige-auslaendische-einflussnahme.html eine Darstellung der Angriffe, die das BfV im Vorfeld befürchtet hat, aber vor allem auch im Rahmen einer "Nachbetrachtung" die konkrete Bestätigung, dass es im Vorfeld und während der Wahl tatsächlich vermehrt zu entsprechenden Einflussnahmen gekommen ist.
Aus meiner Sicht ist es Teil des Problems, dass die Verantwortlichen in der Bundesregierung (in der vergangenen Wahlperiode vor allem auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser) das Problem nach wie vor nicht mit der gebotenen Entschlossenheit angehen. Eine ressortübergreifende Strategie gegen Desinformation, die meine Fraktion und ich seit Jahren fordern, fehlt bis heute.
Teil einer solchen Strategie müsste auch sein, das bestehende Ausmaß, teils erfolgreicher, sehr weitgehender Manipulationen von demokratischen Willensbildungsprozessen noch deutlich besser zu erfassen und Angriffe attribuier- und vor allem auch quantifizierbar zu machen.
Für Ihre Frage nochmals vielen Dank und herzliche Grüße!
Konstantin v. Notz