Wie stehen Sie zu der Frage, ob man die aktive Sterbehilfe legalisieren sollte und wie stehen Sie zur indirekten Sterbehilfe?
Sehr geehrte Frau B.,
haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.
Das Bundesverfassungsgericht hat vor gut zwei Jahren das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung für nichtig erklärt. Seither besteht hinsichtlich des assistierten Suizids eine Regelungslücke. Sterbehilfevereine führen weitgehend unreguliert und teils im eigenen wirtschaftlichen Interesse Suizidhilfe durch – sogar in Pflegeheimen. Ein gesetzliches Schutzkonzept, das die Freiverantwortlichkeit einer Entscheidung zur Selbsttötung gewährleistet, besteht derzeit nicht. In dieser Wahlperiode wird der Bundestag über mögliche Neuregelungen in diesem Bereich beraten und entscheiden.
Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, die Autonomie des Einzelnen bei der Entscheidung über die Beendigung seines Lebens zu respektieren. Zugleich muss Schutz gewährt werden vor Einflüssen, die die Selbstbestimmung über das eigene Leben gefährden.
Bei der Frage nach der Neuregelung handelt es sich um eine Gewissensentscheidung, bei der sich unterschiedliche Initiativen ohne Fraktionsdisziplin Vorschläge erarbeiten und zur Entscheidung stellen. Ich habe mich einer interfraktionellen Gruppe von Abgeordneten angeschlossen, die sich um die MdB Kappert-Gonther, Strasser, Heveling und weiterer Abgeordneten aller demokratischen Fraktionen gebildet hat. Wir haben unter Einbeziehung von Expertinnen und Experten einen Gesetzentwurf sowie einen begleitenden Antrag zur Suizidprävention erarbeitet. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, den Zugang zur Suizidassistenz entsprechend der vom Bundesverfassungsgericht konkretisierten grundrechtlichen Anforderungen zu gewährleisten.
Zugleich wollen wir sicherstellen, dass der Entschluss zur Selbsttötung weder auf einer vorübergehenden Lebenskrise oder psychosozialen Einflussnahme beruht noch mangelnde Aufklärung und Beratung für die Entscheidung maßgeblich sind. Dafür stellt der Gesetzentwurf die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe, ermöglicht diese aber unter bestimmten Voraussetzungen. Das Schutzkonzept sieht neben psychiatrischen Untersuchungen auch eine interdisziplinäre Beratung vor. Um die Freiverantwortlichkeit festzustellen, verankert der Entwurf zudem ein Mehraugenprinzip und sieht eine Wartefrist von drei Monaten und zwei Wochen im Regelfall vor. Zudem soll die Werbung für die Hilfe zum Suizid verboten werden. In einem ausführlichen parlamentarischen Verfahren sollen nach einer öffentlichen Anhörung von weiteren Sachverständigen Änderungen möglich sein.
Kern des Gesetzesentwurfs ist die Gewährleistung der Selbstbestimmung. Das Schutzkonzept stellt sicher, dass der Wunsch zum Suizid weder kurzfristig, situativ und spontan gefällt wird, noch Folge innerer oder äußeren Drucksituationen ist.
Beste Grüße nach Havixbeck!
Konstantin v. Notz