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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dietrich K. •

Warum dürfen Unternehmen für Mitarbeitenden die wegen Fehlverhalten rechtskräftig verurteilt worden deren Geldstrafe bezahlen und diese dann allen Ernstes noch von der Steuer absetzen?

Sehr geehrter Herr von Notz,

es ist meiner Erkenntnis nach in Deutschland für Unternehmen möglich (beispielsweise für deren Manager die z.B Wirtschaftskriminalität im Namen des Unternehmens begangen haben) die Geldstrafe für den Mitarbeitenden rechtskräftig verurteilten Manager zu übernehmen und die besagten Geldstrafe dann sogar noch von der Steuer abzusetzen? Wieso ist sowas rechtlich möglich? Wird damit Wirtschaftskriminalität nicht noch steuerlich begünstigt? Es gibt eine Liste in der aufgeführt ist welche Dinge nicht von der Steuer abzusetzen sind. Es wäre doch ein leichtes hier auch etwa Geldstrafen (auch für Mitarbeitende) mit aufzunehmen?

Mit freundlichen Grüßen
Dietrich.K

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage und das in ihr zum Ausdruck kommende Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut. Auch wenn der Schwerpunkt meiner eigenen Arbeit in der Innenpolitik liegt, beantworte ich Ihre Frage gerne.

Der effektive Kampf gegen Wirtschaftskriminalität ist seit langem ein wichtiges Anliegen grüner Politik. Korruption, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Manipulationen im Finanzmarkt sind Rechtsverstöße, die verheerende Auswirkungen auf den Wettbewerb und den freien Markt, für Umwelt und Menschenrechte haben. Wir Grüne stehen insgesamt für eine bessere Verfolgung und Sanktionierung von Straftaten ein, die aus Unternehmen heraus begangen werden.

Bei Rechtsverstößen wollen wir Unternehmen wirksamer zur Rechenschaft ziehen. Wir wollen verhindern, dass Rechtsverstöße wegen organisierter Unverantwortlichkeit nicht geahndet werden können. In den vergangen Wahlperioden haben wir wiederholt konkret dargelegt, welche Maßnahmen es braucht, um kriminellem Handeln in Unternehmen vorzubeugen, abzustellen und  strafrechtlich zu verfolgen (vgl. bspw. unseren Antrag „Mit einer starken Corporate Governance kriminellem Handeln in großen, komplexen Unternehmen vorbeugen“ auf BT-Drs. 19/24384).

In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Grüne, SPD, FDP darauf verständigt, den Kampf gegen Steuerhinterziehung, Finanzmarktkriminalität und Geldwäsche organisatorisch und personell zu stärken und eine effiziente Verfolgung zu gewährleisten.

Zu Ihrer konkreten Frage: Geldstrafen, Bußgelder und Ähnliche Zahlungspflichten können von einem beschuldigten Unternehmen quasi nie als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben steuermindernd in Ansatz gebracht werden (Stetter in Müller/Schlothauer/Knauer, Münchener Anwaltshandbuch StrV, 3. Aufl. 2022, § 44, Rn. 72). Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass in einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen sowie weitere vergleichbare Zahlungen für die Betroffenen einem steuerlichen Abzugsverbot unterliegen, § 12 Nr. 4 EStG.

Wer zu einer Geldstrafe verurteilt wird, muss diese nicht zwingend selbst entrichten, sondern Dritte können die Strafe im Grunde übernehmen (vgl. BGH NStZ 1991, 486; siehe bspwse. auch https://www.freiheitsfonds.de/). Sagt ein Arbeitgeber eine solche Deckung vorab zu, ist diese Abrede in aller Regel nichtig (vgl. Ziemons in Oppenländer/Trölitzsch, GmbH-GF-HdB, 3. Aufl. 2020, § 29 Rn. 40). Eine solche Zusage kann im Einzelfall ein Indiz für eine Anstiftung zum bzw. Teilnahme an dem Delikt der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters sein oder sogar eine eigenständige Strafbarkeit begründen (Richter in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetzes, 243. EL August 2022, § 49 BörsG, Rn. 20). Da eine Erstattung durch ein Unternehmen auch gesellschaftsrechtlich nur unter bestimmten Bedingungen zulässig ist (vgl. Ziemons in Oppenländer/Trölitzsch, GmbH-GF-HdB, 3. Aufl. 2020, § 29 Rn. 40), gibt es kein durchgreifendes Bedürfnis an einem generellen Verbot.

Übernimmt ein Unternehmen eine Geldstrafe oder ein Bußgeld, das gegen eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer verhängt wurde, stellt diese Leistung einen Arbeitslohn dar, für den der Arbeitgeber Lohnsteuer abzuführen hat (Stetter in Müller/Schlothauer/Knauer, Münchener Anwaltshandbuch StrV, 3. Aufl. 2022, § 44, Rn. 72, Rn. 115). Diese steuerliche Bewertung gilt unabhängig davon, ob es sich bei der Straftat um eine persönliche Angelegenheit des Arbeitnehmers handelt oder ob der Arbeitgeber selbst aus geschäftlichen Gründen an dem Ausgang des Strafverfahrens interessiert ist. Die Übernahme einer Geldstrafe führt also nicht nur dazu, dass sich das Vermögen des Unternehmens reduziert, vielmehr ist die Leistung auch steuerpflichtig. Vor diesem Hintergrund teile ich die Einschätzung nicht, dass die rechtlichen Vorgaben insofern Wirtschaftskriminalität begünstigen würden.

Beste Grüße nach Bad Oeynhausen!
Konstantin v. Notz

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