Wann wird der verpflichtende Fingerabdruck im Personalausweis abgeschafft?
Sehr geehrter Herr von Notz,
seit vergangenem August ist die Erfassung von Fingerabdrücken bei der Neuausstellung von Personalausweisen verpflichtend. Dadurch werden automatisch alle Bürger wie Kriminelle behandelt. Die zwangsweise und anlasslose Abgabe von Biometriedaten entspricht nicht den Werten von Rechtsstaaten, sondern der Kontrollsucht von Polizeistaaten! Einmal erfasst, kann die Daten von dort an jede noch so autoritäre Regierung gegen ihre Bürger verwenden. Wenn der Staat nicht einmal seinen Bürgern vertraut – warum sollten diese dann staatlichen Behörden vertrauen? Außerdem kann niemand vollständig garantieren, dass diese hochsensiblen Daten nicht irgendwann von Hackern oder feindlichen Staaten entwendet werden können.
Im Koalitionsvertrag wurde eine Überwachungsgesamtrechnung erst Ende 2023 angekündigt. Durch die aktuellen Ereignisse wird sich der Plan sicherlich noch weiter verzögern.
Doch die Zeit drängt! Jeden Tag werden werden weitere Bürger zur Datenabgabe gezwungen
Sehr geehrter Herr M.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut!
Die Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesen ist zweifellos ein wichtiges Anliegen. Das Ansinnen, Manipulationen und das sog. „Morphing“ (Verschmelzen mehrerer Gesichtsbilder zu einem) zu verhindern, um weiterhin sichere Ausweise und Pässe zu gewährleisten, ist grundsätzlich richtig. Die konkrete Umsetzung der Reform durch die alte Bundesregierung befürworten wir jedoch nicht. Denn diese Reform kennt eigentlich nur Verlierer.
Die Ankündigung, Passbilder zukünftig nur noch auf der Amtsstube anfertigen zu lassen, hatte zurecht hohe Wellen geschlagen. Unsere Fraktion hat sich damals intensiv für die Belange und Interessen der Bürgerinnen und Bürger, der Kommunen, der vielen kleinen Fotostudios sowie der Sicherheit unserer Ausweise eingesetzt und die zahlreichen offenen Fragen im parlamentarischen Verfahren in Richtung Bundesregierung adressiert.
Die von Ihnen angesprochenen Probleme haben wir als Grüne wiederholt in den Deutschen Bundestag eingebracht. Ich erlaube mir, Sie an dieser Stelle auf eine meiner Reden hierzu im Plenum des Deutschen Bundestags hinzuweisen: https://www.gruene-bundestag.de/parlament/bundestagsreden/sicherheit-im-pass-und-ausweiswesen.
Die zahlreichen offenen Fragen wurden in einer von uns initiierten Anhörung des Innenausschusses intensiv bewegt. Ein Video der entsprechenden Anhörung und zahlreiche hierzu abgegebene Stellungnahmen der geladenen Expertinnen und Experten finden Sie hier: https://www.bundestag.de/webarchiv/Ausschuesse/ausschuesse19/a04_innenausschuss/anhoerungen#url=L3dlYmFyY2hpdi9BdXNzY2h1ZXNzZS9hdXNzY2h1ZXNzZTE5L2EwNF9pbm5lbmF1c3NjaHVzcy9hbmhvZXJ1bmdlbi84MDAwODQtODAwMDg0&mod=mod541724.
Sie sehen: Immer wieder haben wir in der Vergangenheit im Deutschen Bundestag auch über Biometrie diskutiert und uns gegen eine entsprechende Verpflichtung ausgesprochen. Anders als ein Passwort, das eben leicht geändert und ersetzt werden kann, ist dies mit einmal entwendeten, biometrischen Daten nicht möglich, wodurch sich auch weitreichende Fragen der Datensicherheit ergeben. Diese Fragen wurden aus unserer Sicht im Gesetzgebungsprozess nicht ausreichend berücksichtigt. Wir sind nach wie vor nicht davon überzeugt, dass durch die neuen Vorgaben ein Sicherheitsproblem in der Passbilderzeugung geschlossen wird, da aus unserer Sicht ein solches Sicherheitsproblem nicht besteht. Gleichzeitig ist wichtig, sich klar zu machen, dass er bei der Verpflichtung der Erfassung von Biometrie um eine EU-Vorgabe handelt.
Derzeit befindet sich das Bundesministerium des Innern und für Heimat noch in der Umsetzung des Gesetzes. Durch einen Call for Proposals wurden im März 2021 interessierte Anbieter dazu aufgefordert, Vorschläge für ein Verfahren einer sicheren Übermittlung der Lichtbilder an die Pass- und Ausweisbehörden einzureichen. Dabei handelt es sich um ein komplexes Vorhaben, welches die Übermittlung von biometrischen Daten von privaten Dienstleistern über eine Cloud an die Pass- und Personalausweisbehörden beinhaltet.
Einige der eingereichten Vorschläge erforderten eine tiefergehende Überprüfung der technischen Machbarkeit. Nach der Sichtung werden die Ergebnisse nun mit allen Konzepteinreichenden weiter diskutiert, um die nächsten Schritte bei der Erstellung der Technischen Richtlinie einleiten zu können. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat wird parallel dazu mit dem Entwurf der notwendigen Anpassungen der Pass- und Personalausweisverordnung beginnen.
Für uns ist es an dieser Stelle wichtig darauf hinzuweisen, dass es dem Fotofachhandel bis Mai 2025 möglich sein wird, Lichtbilder für die Pass- und Ausweisbeantragung noch auf dem herkömmlichen Wege zu erstellen. Das oben beschriebene Verfahren der digitalen Übermittlung des Lichtbilds wird für Dienstleister erst ab Mai 2025 gesetzlich verpflichtend.
Gerne versichere ich Ihnen an dieser Stelle: Als Grüne Bundestagsfraktion werden wir die weiteren Schritte der Umsetzung des Gesetzes auch in Zukunft sehr intensiv verfolgen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen weitergeholfen zu haben und stehe Ihnen für einen weiteren Austausch gerne zur Verfügung.
Mit besten Grüßen nach Othfresen!
Konstantin v. Notz