Stimmen Sie dem Antrag 20/4886 der CDU/CSU zum Thema ME/CFS zu? Wir sind mittlerweile 2 Mio unbehandelte Fachkräfte und Kinder in Deutschland?
Lieber Herr Dr. Notz, ich wurde im Alter von 27 durch einen banalen Virusinfekt aus meinem sportlich akademischen Leben gerissen und bin seit 18 Jahren mit der Krankheit ME/CFS ohne Therapie, Forschung ,Heilung und Hoffnung. Ich berate mittlerweile bundesweit betroffene Menschen (darunter viele Kinder und auch Ärzte!!) mit dem Fachwissen, welches ich mir auf meinem langen Leidensweg angeeignet habe und habe bereits 100.000€ in Diagnostik und Therapieversuche investiert. Mit der Einstufung von ME/CFS als die schwerste Form von Long Covid melden sich täglich immer mehr Menschen bei mir, da es in SH keine Versorgungsstrukturen gibt. Auch das ZDF hat in der Sendung 37 Grad über diese humanitäre Katatrosphe vor unserer Haustür berichtet. Am 19.01. 2023 wurde das Thema ME/CFS im Bundestag einheitlich diskutiert, mit dem Ziel den Erkrankten zu helfen. Ich würde gerne wissen, ob Sie persönlich dem Antrag zustimmen werden. Ich freue mich über Ihre Rückmeldung, vielen Dank, Barbara von E.
Sehr geehrte Frau v. E.,
vielen Dank für Ihre Anfrage und das damit verbundene Interesse an meiner politischen Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut. Da der Schwerpunkt meiner politischen Arbeit im Bereich der Innenpolitik liegt, möchte ich Ihre Anfrage nach Rücksprache mit den Expertinnen und Experten meiner Fraktion wie folgt beantworten:
Fast eine halbe Million Menschen in Deutschland leiden am Chronic Fatigue Syndrome (CFS). Die Dunkelziffer dürfte noch höher sein. Vor allem Frauen sind betroffen. Für die betroffenen Menschen ist das Leiden oft unerträglich, jede körperliche Aktivität wird als große Anstrengung empfunden. Die Menschen sind häufig tage- und wochenlang ans Bett gefesselt, eine Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben, das Treffen mit Freunden, sportliche Betätigung häufig unmöglich. Gleichzeitig berichten viele Betroffene von Odysseen durch das Versorgungssystem, eine Therapie existiert bislang nicht und oft kann ihnen nicht geholfen werden. Die Ursachen des Chronischen Fatigue Syndroms sind noch nicht abschließend geklärt. Allerdings weiß man inzwischen, dass diese neurologische Erkrankung durch Virusinfektionen ausgelöst werden kann. CFS kann auch Langzeitfolge einer Erkrankung an Covid-19 sein (Long Covid).
Die Ampelkoalition hat den Handlungsbedarf frühzeitig erkannt und im Koalitionsvertrag Instrumente zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Versorgung verabredet. Dazu gehören ein deutschlandweites Netzwerk von Kompetenzzentren sowie interdisziplinäre Ambulanzen. Einige weitere Maßnahmen wurden inzwischen auf den Weg gebracht: Um die Forschung zu intensivieren, sind Haushaltsmittel in Höhe von 16,5 Millionen Euro für 2023 und 2024 vorgesehen. So wird aktuell mit der Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an der Charité Berlin die Wirksamkeit von drei Gruppen bereits bekannter Medikamente für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit CFS und „Long Covid“ erforscht. Das bietet die Chance, die Therapieoptionen durch Medikamente zu ergänzen.
Damit die Behandlung verbessert wird und Betroffene schneller eine Diagnose erhalten, wurde der Gemeinsame Bundesausschuss damit beauftragt, eine Richtlinie für die interdisziplinäre und standardisierte Diagnostik von Long-Covid und ähnliche Krankheitsbilder wie etwa ME/CFS zu entwickeln. Auch der zeitnahe Zugang zu einem multimodalen Therapieangebot soll auf diese Weise geregelt werden. Ergänzend wurde ein Informations- und Beratungsangebot geschaffen. Auf der Webseite longcovid-info.de der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erhalten Betroffene und ihre Angehörigen Hilfestellung und Orientierung bei Fragen rund um die Themen Arztsuche, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.
Beste Grüße nach Kiel
Konstantin v. Notz