Sind sie für das Sondervermögen Bundeswehr und wie soll ihrer Meinung nach verhindert werden, dass es wieder dazu kommt, dass das Beschaffungsamt zu hohen Preise bezahlt.
Sehr geehrter Herr B.,
vielen Dank für Ihre Frage und Ihr damit verbundenes Interesse an meiner politischen Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut. Heute stimmt der Bundestag über das Sondervermögen ab. Gerne erläutere ich Ihnen mein eigenes Abstimmungsverhalten und die Positionen der Grünen Fraktion.
Ein solch umfangreiches Investitionspaket für die Bundeswehr wäre zu Beginn der Legislaturperiode kaum denkbar gewesen. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine und daraus resultierende, neue sicherheitspolitische Herausforderungen waren es allerdings auch nicht.
Uns allen wurde schmerzhaft vor Augen geführt, dass die Deutsche Bundeswehr derzeit nicht in der Lage ist, ihrem Verteidigungsauftrag nachzukommen. Über viele Jahre wurden wichtige Reformen und notwendige Investitionen versäumt.
Die heutige Zustimmung meiner Fraktion zum 100 Milliarden Sondervermögen ist aus meiner Sicht die richtige Entscheidung. Mit dem Sondervermögen schließen wir bestehende Lücken bei der Ausrüstung der Bundeswehr zum Schutz unseres Landes und unserer Verbündeten außerhalb des Anwendungsbereichs der Schuldenbremse. So bleiben Spielräume im Bundeshaushalt für wichtige andere Projekte erhalten. Wichtig war eine gemeinsame, verlässliche Entscheidung.
Die neue Sicherheitslage erfordert, dass wir die Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit stärken und jahrelange Versäumnisse beheben. Wir haben nicht nur gegenüber dem Staat, sondern vor allem auch gegenüber unseren Soldatinnen und Soldaten die Verantwortung, sie schnellstmöglich besser auszurüsten, damit sie ihrem Auftrag nachgehen und unser aller Sicherheit gewährleisten können. Die aktuelle mangelhafte Ausstattung der Bundeswehr kann jedoch nicht nur durch mehr Geld gelöst werden, sondern benötigt vor allem eine Reform des Beschaffungswesens und klare Prioritäten.
Wir werden die Finanzierung der Bundeswehr langfristig im Grundgesetz sichern. Nicht angelehnt an ein starres 2-Prozent-Ziel, sondern bedarfsgerecht orientiert am Zweck der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit. Wir haben im Errichtungsgesetz festgehalten, dass wir im Durchschnitt der nächsten 5 Jahre etwa 2 Prozent bereitstellen werden. Es ist sicherheitspolitisch ein enormer Fortschritt, dass wir die Ausgaben zukünftig vor allem an den Fähigkeitszielen der NATO ausrichten werden. Deutschland soll langfristig ein verlässlicher Bündnispartner bleiben.
Für uns Grüne bedeutet eine angemessene Antwort auf die Sicherheitslage aber nicht nur verstärkte Investitionen in die Bundeswehr, sondern auch mehr Mittel in den Bereichen Krisenprävention, humanitären Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Hier bestehen weitere offene Baustellen, die mit dem Sondervermögen nicht abgedeckt werden konnten. Die humanitäre Hilfe darf nicht gekürzt werden, und das ist auch schon jetzt unser Auftrag für die kommenden Haushaltsverhandlungen.
Derzeit sehen wir uns neuen sicherheitspolitischen Gefahren ausgesetzt, die mehr Investitionen auch im Bereich IT-Sicherheit und Zivilschutz dringend erforderlich machen. In den letzten Wochen haben wir massiv darum geworben, auch die diese beiden zentralen Themen beim Sondervermögen zu berücksichtigen, konnten uns letztlich hiermit aber nicht durchsetzen – vor allem, weil CDU und CSU bis zuletzt darauf bestanden, dass das Geld ausschließlich der Bundeswehr zu Gute kommt.
Für uns gilt weiterhin: Wir brauchen eine Sicherheitspolitik auf Höhe der Zeit. Wir brauchen dringend einen effektiven Schutz unserer digitalen Infrastrukturen und effektivere Strukturen zur Erkennung und Abwehr neuer, hybrider Bedrohungen. Zudem müssen IT-Sicherheit und Zivilschutz besser verzahnt und zukünftig gemeinsam gedacht werden. Im Zuge der nun anstehenden Haushaltsberatungen werden wir auch diese Themen weiter mit Hochdruck vorantreiben und die vielen guten Projekte, die wir hierzu im Koalitionsvertrag verankern konnten, priorisiert umsetzen.
Beste Grüße nach Reinbek!
Konstantin v. Notz