Ist nach Ausscheiden von Arne Schönboom eine Neuausrichtung des BSI bzw. der Sicherheitsarchitektur möglich/absehbar, um die Cybersicherheit gegen hybriden Bedrohungen ressortübergreifend zu erhöhen?
Sehr geehrte Frau S.,
haben Sie besten Dank für Ihr Fragen und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich gefreut. Die rund um das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bekannt gewordenen Umstände geben auch uns Anlass zur Sorge.
Die notwendige Aufklärung des Sachverhalts hält weiter an. Sie ist das wichtigste Anliegen, auch um weiteren Schaden vom Bundesamt als einer innerhalb der deutschen Sicherheitsarchitektur ganz zentralen Behörde abzuwenden. Personaldiskussionen lenken immer ab - von der Sachaufklärung, von parallel zu unternehmenden, gesetzgeberischen Schritten zur Erhöhung der Resilienz unserer Gesellschaft und dem effektiven Schutz kritischer Infrastruktur und von der Notwendigkeit, auch die bestehenden Strukturen zur Erkennung und Abwehr hybrider Bedrohungen zu effektivieren.
Der Aufgabe einer schnellstmöglichen und umfassenden Sachaufklärung stellen wir uns als Parlament. So haben sich in der vergangenen Sitzungswoche gleich mehrere Ausschüsse und Gremien sehr intensiv mit der Thematik beschäftigt. Derzeit liegen keine Hinweise darauf vor, dass die entsprechende Software, die ja letztlich vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nicht zertifiziert wurde, in Bundesministerien, nachgeordneten Behörden oder dem Parlament zum Einsatz kam. Gleichzeitig werden wir uns weiterhin sehr genau die Vorgänge rund um den Cybersicherheitsrat Deutschland e.V. und Verbindungen in die Spitze des BSI, aber auch die genauen Abläufe beim Zertifizierungsprozess und die Rolle der einzelnen Sicherheitsbehörden sowie der Fachaufsicht anschauen müssen. Denn nur so können wir notwendige Konsequenzen ziehen.
Klar ist: Das BSI ist eine sehr relevante Sicherheitsbehörde mit sehr vielen, hochkompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei der zentrale Infos zusammenlaufen. Zudem spielt das BSI in mehreren laufenden Gesetzgebungsprozessen eine zentrale Rolle. Auf die große Expertise können wir derzeit nicht verzichten. Keinesfalls dürfen wir zulassen, die Integrität des Amtes weiter zu beschädigen. Innenministerin Faeser fordern wir weiterhin auf, die zahlreichen offenen Fragen schnellstmöglich zu beantworten. Hierzu gehört auch, sich zur geplanten Nachfolge von Arne Schönbohm zu verhalten.
Auf all diese Punkte machen Abgeordnete der Grünen Bundestagsfraktion derzeit beinahe täglich in den Medien aufmerksam und gerne würde ich Sie exemplarisch auf die Berichterstattung von heiseonline hierzu verweisen. Auch in einem ausführlichen Interview, das ich vor einigen Tagen der taz gegeben habe, habe ich mich zu dem Sachverhalt geäußert.
Bezüglich der Notwendigkeit, unsere kritischen Infrastrukturen sehr viel besser zu schützen, stimme ich voll mit Ihnen überein. Auf diese Notwendigkeit haben wir in den vergangenen Jahren als Grüne BT-Fraktion immer wieder hingewiesen, in den vergangenen Monaten angesichts nochmals gestiegener Bedrohungslagen verstärkt - sowohl innerhalb der Ampel-Koalition als auch öffentlich.
Erst in der vergangenen Woche habe ich hierzu einen Gastbeitrag verfasst, der in der Wirtschaftswoche erschienen ist. In ihm verweise ich auf die Notwendigkeit, die vielen Projekte im Koalitionsvertrag zur Verringerung der Vulnerabilität und zum verbesserten Schutz kritischer Infrastrukturen politisch priorisiert umzusetzen.
Gerade hat Bundesinnenministerin Faeser im Bundestags-Innenausschuss angekündigt, das im Koalitionsvertrag vereinbarte "Kritis-Dachgesetz" noch in diesem Jahr vorzulegen. Diesen Schritt begrüßen wir. Auch die jüngste Ankündigung der Ministerin, einen neuen gemeinsamen Koordinierungsstab zum Schutz von KRITIS (GEKKIS) einzurichten, der u.a. aktuelle Lagebilder generieren, einen strukturierten Austausch der Ressorts ermöglichen und als ad-hoc Gruppe bei relevanten Vorfällen zusammenkommt, begrüßen wir.
Übrigens hat die Grüne Partei auf ihrer jüngsten Bundesdelegiertenkonferenz, unserem Parteitag, eine umfassende Initiative mit dem Titel „Für ein krisenfestes Land: Kritische Infrastruktur schützen und den Bevölkerungsschutz stärken“ (pdf) zu dem Thema verabschiedet, auf die ich sie an dieser Stelle gerne hinweisen möchte.
Mit besten Grüßen nach Groß Kreutz!
Konstantin v. Notz