AFD-Verbot: Würden Sie für ein Verbot stimmen?
Liebe Herr von Notz, Marco Wanderwitz will im Herbst einen Antrag für ein AfD-Verbot stellen. Landesverbände dieser Partei sind bereits als rechtsextremistisch eingestuft. Der Verfassungsschutz hat die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Würden Sie für ein Verbot stimmen? Wenn nein, warum nicht, und was gedenken Sie zu tun, um die Demokratie zu schützen? Ich erlebe den Staat hier leider als sehr passiv und das macht mich hoffnungslos. Danke für eine Antwort und beste Grüße.
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Sehr geehrte Frau E.,
haben Sie besten Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut! Sie hatten mir diese Frage mehrfach gestellt. Ich hatte eine andere Frage von Ihnen eben bereits geantwortet.
Ihre Sorge vor dem Erstarken der AfD als Partei, die in weiteren Teilen von unseren Verfassungsschutzämtern als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird, teile ich.
Das Grundgesetz sieht das Instrument das Parteiverbots aus einem guten Grund vor: Es ist eine direkte Folge aus der historischen Erfahrung, dass auch in einer Demokratie Demokratiefeinde gewählt werden können. In der Vergangenheit hat das Bundesverfassungsgericht bereits mehrere Parteien verboten. Ob die Voraussetzungen des Parteiverbots bei der AfD erfüllt sind, entscheidet einzig und allein das Gericht. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder tragen die Verantwortung, verfassungsfeindliche Bestrebungen zu beobachten und zu dokumentieren.
Die drei antragsberechtigten Verfassungsorgane, der Bundesrat, der Bundestag und die Bundesregierung haben die Verpflichtung, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Diese Verantwortung hat komplexe juristische Hintergründe: Das Grundgesetz kennt kein schärferes Schwert als das Parteiverbot. Deshalb stellt das Bundesverfassungsgericht zu Recht sehr hohe Anforderungen. Selbst wenn das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextrem einstufen würde, wäre das keine Garantie für den Erfolg eines Verfahrens. Wenn ein Verfahren eingeleitet wird, muss es aber unbedingt Erfolg haben.
Das darf uns freilich nicht zur Zögerlichkeit verleiten. Es müssen aber genügend rechtssichere Beweise vorliegen, die in Karlsruhe letztlich auch Bestand haben. Die Beweissammlung ist Aufgabe der Antragsstellenden. Wir begrüßen, dass die Gesellschaft für Freiheitsrechte ein Gutachten zu den Erfolgsaussichten einer Verbotsverfahrens erstellen wird. Dieses Gutachten kann die Antragsbegründung unterstützen.
Mit Marco Wanderwitz, den ich sehr schätze und mit dem ich sehr regelmäßig gemeinsam auf Podien sitze, sowie den Initiatoren des zweiten Antrags stehe ich in einem sehr intensiven, kollegialen Austausch und habe auch in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Deutschen Bundestags in den vergangenen Monaten viel hinter den Kulissen vermittelt.
In jedem Fall gilt: Die vorgezogene Neuwahl hat verhindert, dass es in dieser Legislaturperiode zu einer Entscheidung im Deutschen Bundestag gekommen ist. Alle politisch Verantwortlichen müssen sich dennoch zeitnah dieser Frage stellen. Seien Sie gewiss, dass ich mir meiner Verantwortung sehr bewusst bin.
Für Ihre Zuschrift und Ihr Engagement nochmals herzlichen Dank!
Beste Grüße nach Geesthacht!
Konstatin v. Notz