Frage an Konstantin von Notz von Reinhard G. bezüglich Innere Angelegenheiten
Sehr geehrter Herr Konstantin von Notz,
das Weltwirtschaftsforum hat kürzlich Videokonferenzen abgehalten. Dazu waren auch die Führer von großen internationalen Unternehmen geladen.
Im Oktober 2020 wurde vom Weltwirtschaftsforum ein „White Paper“ veröffentlicht. Drin geht es um eine zukünftige andere Agenda der Arbeitswelt.
www3.weforum.org/docs/WEF_NES_Resetting_FOW_Agenda_2020.pdf
Der Titel lautet: „Resetting the Future of Work Agenda: Disruption and Renewal in a Post-COVID World“
Eigene Übersetzung: „Agenda zur Zurücksetzung der Zukunft der Arbeit: Zerrüttung und Erneuerung in einer Welt nach Covid“
Kennen Sie diese Agenda? Könnte der Einfluss des Weltwirtschaftsforums, beziehungsweise der Teilnehmer und des Umfeldes doch größer sein, als manche es glauben?
Anderes, was von Weltwirtschaftsforum kommt, wird derzeit umgesetzt, wie das „Known Traveller“ Konzept von 2018 zur weltweiten zentralen Sammlung von digitalen Informationen über alle Bürger.
http://www3.weforum.org/docs/WEF_The_Known_Traveller_Digital_Identity_Concept.pdf
Was denken Sie über diese Pläne und über den Einfluss des Weltwirtschaftsforums?
Wie denken Sie über das jetzt vom Bundestag verabschiedete „Registermodernisierungsgesetz“, nach dem die Steueridentifikationsnummer zu einer umfassenden Bürgernummer werden soll?
Was direkt an ein extern formuliertes Konzept von einer weltweiten digitalen ID Nummer nämlich an „ID2020“ anschliesst?
Wird eigentlich im Bundestag zu oft abgenickt, was anderenorts gefordert wurde? Inwieweit wird noch eigenständige Politik gemacht?
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Herr G.,
haben Sie besten Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut. Dass sich beim Weltwirtschaftsforum - auch unter Anwesenheit und Einbeziehung geladener Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Unternehmen – über neue Formen der Arbeit im Lichte der Covid19-Pandemie ausgetauscht wird, halte ich ehrlich gesagt für wenig verwunderlich. Das von Ihnen übermittelte Whitepaper kannte ich bislang nicht.
Ihre Fragen zielen, zumindest meinem Empfinden nach, darauf ab, dass sich im Zuge des Weltwirtschaftsforums Staatschefs und Vertreter von Unternehmen zu einer Art Geheimbund zusammentun, um dunkle Pläne in die Realität umzusetzen. Ich halte derartige Thesen für wenig stichhaltig und wäre sehr vorsichtig damit, sie weiterzuverbreiten – auch im Fragemodus, wie Sie es tun. Auch würde ich davor warnen, die Bedeutung einzelner Whitepaper, die eben Whitepaper sind, überzubewerten.
Auch haben die Pläne zur Registermodernisierung meines Erachtens wenig mit großen Verschwörungsplänen einer Elite zu tun. Über die Registermodernisierung, schon das stellt die These in Frage, diskutieren wir bereits seit vielen Jahren.
Unsere Kritik am Vorgehen der Bundesregierung haben wir sehr deutlich zum Ausdruck gebracht, haben Kleine Anfrage geschrieben, den Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags mit einer Prüfung der Verfassungskonformität beauftragt, Anhörungen initiiert und einen eigenen Antrag zur Registermodernisierung vorgelegt, in dem wir grundrechtsschonende Alternativen aufzeigen.
Hier eine kleine Zusammenfassung mit zahlreichen Informationen: Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes bestätigt: Auch Referentenentwurf des BMI zur Registermodernisierung verfassungsrechtlich problematisch (gruen-digital.de)
Hier der von uns vorgelegte Antrag auf Drucksache 19/25029 (bundestag.de)
Hier alle Infos und Stellungnahmen zur öffentlichen Anhörung des Innenausschusses Öffentliche Anhörung des Innenausschusses zur umstrittenen Registermodernisierung (gruen-digital.de)
Wenn Sie hierzu schreiben, dass die Bundesregierung hiermit den Plan der schleichenden Einführung einer weltweiten digitalen ID verfolgt, so kann ich Ihnen nur antworten, dass das System nicht einmal innerhalb Europas kompatibel ist. Schon daher halte ich auch diese These für – vorsichtig ausgedrückt – sehr weit hergeholt.
Gerne lade ich Sie ein, sich einmal den genauen Gesetzgebungsprozess zur Registermodernisierung anzuschauen und sich ein eigenes Bild bezüglich Ihrer Frage zu machen, ob im Bundestag „zu oft abgenickt“ wird, was anderenorts gefordert wurde und inwieweit „noch eigenständige Politik“ gemacht wird. Ich kann Ihnen sagen, dass wir, selbst in Zeiten einer Großen Koalition und den damit verbundenen Mehrheiten täglich im Parlament um die besten politischen Konzepte streiten.
Mit wieviel Verve diese Debatte durchaus geführt werden, können Sie eventuell etwas besser nachvollziehen, wenn Sie meine Rede zur 2./3. Lesung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung anschauen. Deutscher Bundestag - Mediathek
Mit besten Grüßen nach Bielefeld!
Konstantin von Notz