Frage an Konstantin von Notz von Tim P. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr von Notz,
angesichts der Entwicklung in den letzten Wochen, vor allem im Umgang mit Medienvertretern von ZDF und ARD, den Aufrufen einiger bekannten Menschen wie beispielsweise Attilla Hildmann zu Gewalt und Widerstand gegen die Freiheit, und einer allgemeinen Spaltung der Gesellschaft frage ich mich, wie ich mich hier in Deutschland langfristig sicher fühlen kann. Wenn es Menschen gibt, die zu bewaffneter Gewalt und zu Morden aufrufen, dann gibt es bestimmt Menschen, die das auch tun und z.B. auf alle schießen, die Masken tragen, oder sich ihnen in den Weg stellen. Was wollen Sie dafür tun, das es nicht zu einem neuen Hanau oder Mord an Walter Lübcke kommt? Ich habe nämlich den Eindruck, dass der Verfassungsschutz nicht genug gegen rechten Terror tut, niemand in der Politik traut sich, Wörter wie Rechtsextremismus überhaupt auszusprechen aus Angst Leute zu verärgern, die AFD mit Faschisten und Rassisten wie Björn Höcke haben immer mehr Einfluss und die Polizei ist oft genug auf dem rechten Auge blind. Wäre vielleicht eine extra Polizeiabteilung, die enger mit dem BfV zusammenarbeitet hilfreich? Oder kann man vielleicht dafür sorgen, dass die Menschen wie Impfgegner aus ihrer Bubble rauskommen? Weil ich finde, so kann es nicht weitergehen!
Mit freundlichen Grüßen,
T. P.
Lieber T. P.,
herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut.
Ihre grundsätzlichen Sorgen um die Auswirkungen der Corona-Krise sind für mich sehr nachvollziehbar. Die Pandemie stellt unser Land und die ganze Welt vor eine nie dagewesene Herausforderung. Und in der Tat erleben wir gerade in diesen Krisenzeiten, dass wie unter einem Brennglas die Fehler und Versäumnisse der Bundesregierung auf vielen Gebieten, auch auf dem der inneren Sicherheit unseres Landes, hervortreten.
Lassen Sie mich Ihnen daher versichern, dass wir besonders in dieser Zeit alles daransetzen, die Bürger- und Freiheitsrechte hochzuhalten, gleichsam für die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger zu sorgen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, denn Krisenzeiten sind immer auch Zeiten des Miteinanders und der Solidarität. Erst vor kurzem habe ich daher mit Fraktionskolleginnen und -kollegen einen umfangreichen Antrag zu „Demokratie, Bürgerrechte und Zivilgesellschaft in Corona-Zeiten“ verfasst. Sie können ihn hier aufrufen: https://www.gruene-bundestag.de/themen/innenpolitik/demokratie-buergerrechte-und-zivilgesellschaft-in-corona-zeiten.
Der von Ihnen angesprochene Umgang mit Medienvertreterinnen und -vertretern, bis hin zu tätlichen Angriffen, ist selbstverständlich untragbar. Ich habe in meiner Rede im Bundestag am 7. Mai 2020 dies klar und deutlich gesagt: Wir müssen dem mit aller rechtsstaatlichen Entschlossenheit begegnen! Ich bin der festen Überzeugung, dass gerade in diese Zeiten der Krise der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ein wahres Pfund ist und von uns unbedingt geschützt und gestärkt werden muss. Meine gesamte Rede können Sie hier finden: https://dbtg.tv/fvid/7444763.
Dies wird auch gerade vor dem Hintergrund der derzeitigen Desinformationskampagnen bedeutsam. Wir sehen mit großer Sorge, dass derzeit Verschwörungsideolog*innen, radikale Impfgegner*innen, Rechtspopulist*innen und -extremist*innen die teils durchaus berechtigten Ängste der Menschen gezielt und bewusst ausnutzen, um aus der Krise Profit zu schlagen. Mittels Falschnachrichten, kruden Verschwörungsideologien und teils offen rechtsextremer Agitationen werden Antisemitismus, Rassismus, und andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit geschürt und verbreitet. Dieser demokratiefeindlichen Propaganda müssen wir uns mit aller rechtsstaatlichen Entschlossenheit entgegenstellen.
Ich darf Ihnen versichern, dass wir die hiervon ausgehenden Gefahren für unser demokratisches Miteinander auf dem Schirm haben und uns stark dafür einsetzen, dass auch die Bunderegierung dieser Problematik die notwendige Aufmerksamkeit schenkt. Ganz aktuell haben wir eine umfangreiche kleine Anfrage dazu gestellt: https://www.gruene-bundestag.de/themen/innenpolitik/verschwoerungsideologien-in-zeiten-von-corona.
In unserer Kleinen Anfrage fragen wir die Bunderegierung nicht nur nach den Akteuren und Hintergründen solch gut organisierter Desinformationskampagnen und bestehender Vernetzungen ins rechtsextreme Spektrum, sondern auch nach den konkreten Maßnahmen, mit denen die sie gegen die Verbreitung von Desinformation und Propaganda im Zusammenhang mit der Corona-Krise vorgehen will.
Denn klar ist, dass die Sicherheitsbehörden rechte Bewegungen viel zu lange unterschätzt haben. Dies muss nun durch große Wachsamkeit und einen raschen Ausbau u.a. im Hinblick auf Analysefähigkeiten beendet werden. Hier braucht es gut ausgestattete Projekte, die sich mit dem Thema Verschwörungsideologien befassen und ihnen durch Information und Aufklärung präventiv entgegenwirken. Auch hierzu haben wir immer wieder parlamentarische Vorschläge unterbreitet, aktuell u.a. auch in der oben bereits erwähnten Initiative: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden müssen endlich in Bezug auf die Funktionslogiken rechtsextremer und verschwörungsideologischer Inhalte geschult werden, um diese zu erkennen und entsprechend reagieren zu können. Sie müssen in der Lage sein, auch verdeckte antisemitische und rechtsextreme Erzählungen frühzeitig zu erkennen, um beobachten zu können, welche Bedrohung für die innere Sicherheit von den neuen Querfronten ausgeht.
Denn, wie sie sagen, die Sicherheitslage ist durchaus fragil. Wir müssen alles daran setzen, dass die Serie rechtsterroristischer Anschläge wie denen in Halle, Hanau oder der Mord an Walter Lübcke nicht weiter fortgeführt wird. Seien Sie versichert, wir werden auch weiterhin den notwendigen Druck in dieser Angelegenheit auf die Bundesregierung ausüben und uns ihre diesbezüglichen Aktivitäten genau anschauen. Denn es ist unumgänglich, dass bei diesen Anschlägen nicht nur für eine rasche und präzise Aufklärung gesorgt wird. Vielmehr muss die Bundesregierung nun endlich auch die richtigen und notwendigen politischen Schlüsse ziehen. Da sie allerdings längst überfällige und leider immer wieder sich stellende Fragen weiterhin unbeantwortet lässt, habe ich im Zusammenhang mit dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau gemeinsam mit einigen Kolleginnen eine umfassende Kleine Anfrage hierzu an die Bundesregierung gerichtet.
Ich kann Ihnen versichern, dass wir als Opposition hart für den Erhalt unserer Verfassungsgüter kämpfen und ich persönlich alles daran setze, unsere freiheitlichen Grundwerte und Rechte zu wahren und stärken. Wir werden nicht aufhören, immer wieder aufzuzeigen und anzumahnen, wo die verfassungsgemäßen und rechtsstaatlichen Grenzen auch und gerade in Krisenzeiten liegen. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass sich alle Menschen in diesem Land sicher fühlen und leben können.
Ich hoffe, ich konnte Ihren nur allzu berechtigten Sorgen um unser demokratisches Miteinander, die freiheitlichen Rechte und unser aller Sicherheit in diesen Zeiten begegnen und Sie in ihrem Wissen bestärken, dass wir gerade jetzt für ihren Erhalt und ihre Stärkung mit allem Nachdruck eintreten. Ich freue mich, Sie an unserer Seite zu wissen.
Alles Gute für Sie und ihre Lieben in diesen Zeiten!
Beste Grüße nach Datteln
Ihr Konstantin v. Notz