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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Ruben D. •

Frage an Konstantin von Notz von Ruben D. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Notz,

ich selbst bin Ingenieur aus dem Energie und Umweltbereich. Und habe mich natürlich gefragt wie Sie bzw. D.ie Grünen die Parteilichen Umweltziele umsetzen wollen, um weltweite Nachhaltigkeit zu garantieren.

Ich sehe mit meinem Wissen nur, dass die ökologischen Probleme, die durch die Bundesregierung für die Bürger Einschränkungen bringen, die heiß im Bundestag diskutiert werden im Endeffekt nur eine Weltweite Verlagerung der Probleme darstellt.

Z.b.
Elektromobilität -> unmenschliche Arbeiten in Afrika um Mineralien aus der Erde für die Akkuproduktion zu gewinnen
Elektromobilität -> Chile / Atakamawüste, weitreichende Zerstörung der Ackerflächen und Absinken des Grundwasserspiegels
Elektromobilität -> Stromproduktion -> Umwandlungsverluste, Transportverluste, Umwandlungsverluste (Laden vom Akku und Entladen und antreiben vom Motor) Ist dieser weg mit allen Verlusten wirklich ökologischer, wie direkt den Kraftstoff in einem Ottomotor zu Verbrennen?

CO2 D.ebatte -> Was ist mit Kohlesäuehaltigen Getränken / Sodastream / Softdrinks. (Wo kommt das benötigte CO2 her?)

KFZ -> Warum propagiert die Regierung den kauf von "sparsameren" Neuwagen. 5 Tonnen CO2 Ausstoß für die Produktion fallen für die Produktion an. Fazit: Mit einem alten Auto könnte man noch ca. 100000 - 150000 km Fahren. um alleine auf die CO2 Werte zu kommen, die für die Produktion von einem Neuwagen anfallen. Wäre es nicht Sinniger alte Fahrzeuge zu reparieren und nur beschädigte Teile auszutauschen?

Bezüglich der Feinstaubdebatte, habe ich mich gefragt, warum die Regierung keine Ölheizungen (Eingefärbtes D.iesel), Gasheizungen und Pelletheizungen auch an den Pranger stellt?

Ich Persönlich finde Naturschutz sehr wichtig aber nur mit funktionierenden Methoden, die die Probleme nicht nur verlagern.

Können Sie bzw. ein Ingenieur Parteikollege aus der Fachrichtung mir diesbezüglich eine sachliche Stellungnahme geben?

Mit freundlichen Grüßen

Ruben D.achsel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Dachsel,

haben Sie besten Dank für Ihre Frage und das Interesse an meiner Arbeit. Über beides habe ich mich sehr gefreut. Gerne erläutere ich Ihnen die Positionen der grünen Bundestagsfraktion zu Ihren Fragen. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich selbst thematisch eher in der Innen-, Rechts- und Digitalpolitik unterwegs, habe mich aber gerne bei meinen Kolleginnen und Kollegen erkundigt. Daher erreicht Sie meine Antwort auch erst heute.

Wie Sie wissen, setzen sich die Grünen seit ihrer Gründung mit viel Verve für umweltpolitische Belange ein – national wie auch international. Sie weisen völlig zu Recht darauf hin, dass Umweltprobleme in aller Regel nicht an nationalstaatlichen Grenzen halt machen und es daher bei der Bekämpfung von Klimawandel und Co. internationaler Anstrengungen bedarf. Gehen wir internationale Probleme nicht auch mit internationalen Lösungen an, werden wir die auf unsere Gesellschaften zukommenden, massiven Probleme absehbar nicht in den Griff bekommen. Und schon heute hängen innenpolitische Fragen eng mit umweltpolitischen zusammen, verstärkte Migrationsbewegungen als Folge des Klimawandels sind hierfür nur ein prominentes Beispiel.

Zur Ihren einzelnen Fragen:

Zu Elektromobilität, Abbaubedingungen bei seltenen Erden:

Sie haben Recht, die Abbaubedingungen sind bezüglich der Beachtung von Menschenrechten und hinsichtlich von Umweltverschmutzungen häufig katastrophal. Gerade deshalb braucht es jetzt, wo die Nachfrage für Rohstoffe steigt, die es zur Herstellung von Batterien braucht, gesetzliche Maßnahmen, die in den globalen Lieferketten die Arbeitsbedingungen verbessern und die Umweltzerstörung und andere negative Auswirkungen verhindern.

Freiwillige Maßnahmen und der Aktionsplan "Wirtschaft und Menschenrechte" der Bundesregierung reichen hier bei Weitem nicht aus. Wie es besser geht, haben wir als Grüne im "Maßnahmenpaket zukunftsfähige Unternehmensverantwortung" dargelegt.

Konkret fordern wir in unseren Anträgen

- mehr Transparenz

- effektive Sanktionen bei Verstößen

- verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten

sowie die deutsche Unterstützung für ein verbindliches, internationales Abkommen

(verlinkt sind unsere jeweiligen parlamentarischen Initiativen)

Zudem braucht es ein ambitioniertes Umsetzungsgesetz der Konfliktmineralien-Richtlinie. Die EU hat gerade bei seltenen Erden bereits gesetzliche Maßnahmen beschlossen. Nun gilt es, diese in die Tat umzusetzen. Wenn sich die Bedingungen in den Abbauländern verbessern, kann die einheimische Bevölkerung von den Bodenschätzen und dem Abbau bzw. im besten Fall der Weiterverarbeitung profitieren. Wenn Unternehmen Umwelt- und Sozialstandards einhalten und faire Löhne und Steuern zahlen, ist damit mehr gewonnen, als häufig durch entwicklungspolitische Maßnahmen erreicht werden kann. Neben Verbesserungen in den Abbauländern braucht es bessere Reduktions- und Recycling-Strategien für die verwerteten Rohstoffe. Insgesamt muss bei der Mobilitätswende aber auch der Individualverkehr neu gedacht werden – insbesondere in den Städten.

Zu Elektromobilität, Klimabilanz von E-Autos:

Sie haben Recht: Die Klimabilanz bei der Produktion von E-Autos ist oft schlechter als bei konventionellen Verbrennern, dafür fällt sie beim Betrieb des E-Autos deutlich besser aus als bei Benzinern oder Dieselautos. Es kommt somit auf die Gesamtbilanz der Fahrzeuge an, also die gemeinsame Betrachtung von Produktion und Betrieb. In einer Studie des österreichischen Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2016 werden Elektroautos mit anderen Antriebsarten verglichen. Das Ergebnis: Bei allen betrachteten umweltrelevanten Parametern schneiden Elektrofahrzeuge signifikant besser ab als andere Antriebe – also auch bei den Treibhausgasemissionen in der Gesamtbilanz.

Weiterführende Informationen finden Sie hier: http://www.umweltbundesamt.at/aktuell/presse/lastnews/news2016/news_160623/.

Die Frage ist somit nicht, ob ein Elektroauto eine bessere Klimabilanz besitzt, sondern lediglich, bei welchem Kilometerstand es den Verbrenner abhängt. Wann das der Fall ist hängt natürlich wesentlich von verschiedenen Aspekten ab – vor allem von den gewählten Vergleichsfahrzeugen: Ein Elektroauto der Kompaktklasse, das mit Ökostrom geladen wird, holt ein Benzinfahrzeug beispielsweise nach 30.000 Kilometern ein, wie eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik für das Bundesverkehrsministerium verdeutlicht: http://www.xn--starterset-elektromobilitt-4hc.de/content/3-Infothek/3-Publikationen/10-abschlussbericht-bewertung-der-praxistauglichkeit-und-umweltwirkungen-von-elektrofahrzeugen/now_handbuch_elektrofahrzeuge_web.pdf.

Das Öko-Institut wiederrum führt aus: Ersetzt man ein mittleres Dieselfahrzeug mit einer Lebenslaufleistung von 180.000 Kilometern durch ein vergleichbares Elektroauto, so spart man über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs etwa ein Drittel der Treibhausgasemissionen ein.

Bei dieser Berechnung wurde sogar der aktuelle deutsche Strommix zugrunde gelegt: https://www.oeko.de/fileadmin/oekodoc/FAQ_Elektromobilitaet_Oeko-Institut_2017.pdf.

Auch Transport & Environment stellt klar, dass Elektroautos selbst mit Haushaltsstrom unter dem Strich ökologischer sind – selbst in Polen, wo der Kohleanteil recht hoch ist: https://www.transportenvironment.org/press/electric-cars-emit-less-co2-over-their-lifetime-diesels-even-when-powered-dirtiest-electricity.

Deutlich wird: Selbst wenn man keinen Ökostrom lädt, ist das Elektrofahrzeug in der Gesamtbilanz klimafreundlicher als der Verbrenner. Noch klimafreundlicher werden Fahrzeuge allerdings, wenn sie mit Ökostrom produziert und angetrieben werden. Schon heute nutzen viele Menschen, die ein Elektroauto fahren, gezielt Ökostrom, um ihre Fahrzeuge zu laden. Und unser Anspruch ist es, die Batteriezellproduktion nach Europa und Deutschland zu holen und Fahrzeuge mit erneuerbaren Energien zu betreiben.

Zur CO2 Debatte:

Das CO2 in unseren Getränken ist entweder fossilen Ursprungs (Mineralquellen) oder es ist ein Nebenprodukt, das bei der Produktion entsteht und weiterverwendet wird, zum Beispiel beim Bier brauen oder bei Herstellungsprozessen der Industrie (etwa Ammoniakproduktion).

Bierbrauereien verwenden oft das im Brauprozess entstehende CO2 weiter für Limonaden. Das CO2 aus der Bierherstellung ist keine CO2-Emissionsquelle, da dieses CO2 sozusagen durch die Pflanzen (Hopfen und Malz) erst im Vorjahr aus der Atmosphäre entnommen worden ist. Das CO2 aus Industrieprozessen ist hier also weiterverwendet worden. Die Emissionsursache ist demnach nicht das kohlensäurehaltige Getränk.

Das Natürliche Mineralwasser aus fossilen Quellen hingegen ist eine Emissionsquelle, da das CO2 vor langer Zeit gespeichert worden ist und nun wieder freigesetzt wird.

Um die Klimawirkung unseres Mineralwasserkonsums brauchen wir uns aber keine großen Gedanken zu machen. Unter dem Gesichtspunkt, dass jeder Deutsche im Durchschnitt zwei Liter Mineralwasser pro Tag trinkt (bei einem Gehalt von 150 mg/l Kohlensäure), lassen sich für die rund 80 Millionen Einwohner etwa 6 424 Tonnen CO2 pro Jahr in Deutschland errechnen. Das entspricht 80,3 Gramm CO2 pro Einwohner und Jahr – im Vergleich zu den ca. 12 Tonnen CO2, die wir Deutschen im Schnitt pro Jahr ausstoßen ist dies ein verschwindend geringer Anteil.

Zur Feinstaubdebatte:

Feinstaub aus fossil- oder holzbetriebenen Heizungen ist in der Tat ein gravierendes Gesundheitsproblem. Wir brauchen eine Wärmewende, um auch hier die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden. Das darf aber kein Freibrief für einen höheren Feinstaubausstoß sein. Unsere Argumente zu Stickoxiden und Grenzwerten finden Sie unter https://www.bettina-hoffmann.info/de/blog/2019/01/faktencheck_no2.php

In der Hoffnung, Ihre Fragen bestmöglich beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit besten Grüßen nach Münster!

Konstantin v. Notz

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