Frage an Konstantin von Notz von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. von Notz,
zu http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_konstantin_von_notz-778-78548--f427878.html#q427878
"Netzausbau: Billiger Strom nur im Süden" - Nachfrage.
Werden die Grünen im Bundestag dafür sorgen, daß der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Verfassungsmäßigkeit (Gleichheitssatz des Grundgesetzes) der jetzigen Regelung überprüft?
Diese Frage war nicht beantwortet worden und wird hiermit erneut gestellt.
In meinem Bekanntenkreis wird die Meinung vertreten, daß eine Stellungnahme
des Wissenschaftlichen Dienstes dazu beiträgt, daß die ungerechte Kostenverteilung schneller geändert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachfrage, zu deren Beantwortung ich nun, nachdem ich noch einmal mit der Fachebene der grünen Bundestagsfraktion Rücksprache gehalten habe, endlich komme. Die von Ihnen aufgeworfene Problematik der Ungleichbehandlung bei den regional abweichenden Netzentgelten für die Elektrizitätsversorgung leuchtet auf den ersten Blick sicherlich ein.
Zunächst bitte ich gleichwohl um Ihr Verständnis, dass sowohl ich als Abgeordneter als auch die grüne Bundestagsfraktion keine konkrete Rechtsberatung in Einzelfällen übernehmen darf. Bei der grundsätzlichen Problematik regional unterschiedlicher Netzentgelte und deren rechtlicher Zulässigkeit ist jedoch fraglich, ob das Grundgesetz eine Pflicht vorsieht, solche Unterschiede zu beheben. Regional kann es - neben dem Ausbau Erneuerbarer Energien - zusätzlich weitere Faktoren geben, die einen Netzausbau notwendig werden lassen, bspw. die Sanierung eines maroden regionalen Netzes. Zudem ist fraglich, ob der Staat - verfassungsrechtlich - verpflichtet wäre, jegliche Unterscheidungen bspw. bei den Lebenshaltungskosten zu beheben, wie typischerweise in der Debatte um die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten des ländlichen Raumes gegenüber städtischen Ballungszentren diskutiert. Im Übrigen ist nicht zu verkennen, dass in jenen Regionen mit einem hohen Anteil erneuerbarer Energien auch eine erhebliche Wertschöpfung einschließlich entsprechender Steuereinnahmen verbleibt. Sicherlich verteilen sich solche regionalen Vorteile oder auch Lasten im Zuge der Energiewende durchaus unterschiedlich auf den oder die Einzelne/n. Das dies dann subjektiv das Gerechtigkeits- und Sinnverständnis mitunter stört, kann ich nachvollziehen.
In der allgemeinen Betrachtung hilft das Grundgesetz also nicht unbedingt als erstes weiter. Vielmehr ist der Gesetzgeber gefragt. Hier prüft die grüne Bundestagsfraktion entsprechende Reformschritte, denn politisch ist die Diskussion um regionale Netzentgelte keineswegs abgeschlossen. Die grüne Bundestagsfraktion sondiert derzeit Möglichkeiten, die Netzentgelt-Struktur entsprechend zu reformieren. Allerdings ohne dabei einen bürokratischen Mehraufwand zu verursachen, der dann auf bundesweit ähnlich hohe Mehrbelastungen hinausliefe, wie sie zur Zeit aufgrund der abweichenden Entgelte für bestimmte Regionen bestehen (laut unserer Fraktionsexperten jährlich bis zu 40 Euro pro Haushalt). Auf Landesebene hat sich ja, das werden Sie sicherlich mitbekommen haben, neben Verbraucherschützern auch der grüne Energiewendeminister aus Schleswig-Holstein für eine Korrektur ausgesprochen.
Mit freundlichen Grüßen nach Schönwalde!
Konstantin v. Notz