Frage an Konstantin von Notz von Gerhard R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. von Notz,
zu Lübecker Nachrichten vom 18.11.14, Seite 1:
"Netzausbau: Billiger Strom nur im Süden"
Daraus: Kunden im Norden sind die Verlierer der Preisrunde. Der Grund sind vor allem die im Norden steigenden Netzentgelte, weil hier besonders stark in den Ausbau der Netze investiert wurde. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein fordert, dass die Netzentgelte bundesweit einheitlich sind:
"Denn hier im Norden bauen wir die Stromnetze ja vor allem deshalb aus,
um die Energie in den Süden transportieren zu können. Bei Telefonleitungen werden schließlich auch keine unterschiedlichen Entgelte verlangt. Wir sehen dringenden Handlungsbedarf. Auch die Verbraucher im Norden müssen von den sinkenden Strompreisen profitieren".
Trifft es zu, dass dieses Problem durch ein Bundesgesetz verursacht wird?
Falls ja:
Werden die Grünen im Bundestag dafür sorgen, daß der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages die Verfassungsmäßigkeit(Gleichheitssatz des Grundgesetzes) der jetzigen Regelung überprüft?
Bitte ermöglichen Sie eine kurzfristige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage vom 18.11.2014, die ich im Folgenden gerne beantworte.
Die Stromnetzentgelte sind in Deutschland nach einem vorübergehenden Rückgang in den letzten Jahren wieder leicht angestiegen und liegen heute im Durchschnitt mit rund 6,5 Cent/Kilowattstunde auf dem Niveau von 2007. Dabei treten in der Tat regionale Unterschiede auf, etwa im Bereich von 5,5 ct/kWh (vor allem in West- und Südwestdeutschland) bis über 7,5 ct/kWh (in Teilen Bayerns sowie in Ostdeutschland). Schleswig-Holstein liegt mit über 7 ct/kWh ebenfalls im oberen Bereich. Bei einem durchschnittlichem Stromverbrauch müssen von hohen Netzentgelten betroffene Haushalte jährlich in etwa 40 Euro mehr bezahlen als der Bundesdurchschnitt.
Dies ist einer der Umstände, die zeigen, dass die Netzentgelte in Deutschland reformbedürftig sind. Es gibt aber noch weitere: So liegen die Netzentgelte für Privatkunden annähernd viermal so hoch wie bei Industriekunden. Dazu kommt, dass immer mehr Menschen ihren Strom zum Teil selbst erzeugen und daher kaum noch Netzentgelte bezahlen. Diese Mindereinnahme muss von den anderen Haushalten ausgeglichen werden. Es gibt also eine Reihe von Problemen, die nach Ansicht der grünen Bundestagsfraktion dringend durch eine Novelle der Netzentgeltregelungen neu ausgerichtet werden.
Ein wichtiger Punkt ist es z. B., die ausufernden Privilegien für die Industrie auf wirkliche Härtefälle zu beschränken. Damit würde die Belastung der Privatkunden sinken. Darüber hinaus muss eine Leistungskomponente eingeführt werden, weg von der reinen Kilowattorientierung der Netzentgelte; denn es entstehen Kosten dadurch, dass das System vorgehalten werden muss, egal wie viele Kilowattstunden bezogen werden. Und schließlich ist zu prüfen, ob und ggf. wie ein bundesweiter Ausgleich für die Netzentgelte organisiert werden kann. Bei annähernd 900 Netzbetreibern ist dies eine große Herausforderung, die zu erheblichem bürokratischem Aufwand führen kann. Es muss aber vermieden werden, dass dies letztlich die Kosten weiter in die Höhe treibt.
Es steht außer Frage, dass künftig in die Stromnetze investiert werden muss, weniger wegen der Energiewende als vielmehr wegen Versäumnissen in der Vergangenheit und dem Modernisierungsbedarf im Hinblick auf den Einsatz intelligenter Steuer- und Regelsysteme. Es gilt, die Kosten fair zwischen den Regionen und zwischen den verschiedenen Kundengruppen aufzuteilen. Dazu müssen die oben geschilderten Probleme schnellstmöglich gelöst werden. Dafür setzen sich die grüne Bundestagsfraktion und ich auch weiterhin ein.
Herzliche Grüße nach Schönwalde!
Konstantin v. Notz