Frage an Konstantin von Notz von Dr. Philipp von D. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. v. Notz,
nachdem Sie sich in der Presse fundiert zu dem Thema geäußert haben würde mich interessieren, ob und wann ein Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre eingesetzt wird, und welche Anstrengungen es hierzu in Ihrer Partei gibt.
Aus meiner Sicht gibt es hier sehr viele Bereiche, die dringend aufgeklärt werden müssen, vom möglichen Geheimnisverrat bzw. Strafvereitelung im Amt, über die Pannen bei der Staatsanwaltschaft bis hin zu den Ungereimtheiten beim BKA.
Sollten diese Dinge unaufgeklärt bleiben, würde sich der Eindruck des bewussten Unter-den-Teppich-Kehrens verfestigen und der Rechtsstaat (weiteren) Schaden nehmen. Denn Schaden wird abgewendet, indem man die rechtsstaatlichen Regeln beachtet, und nicht, indem man sich im Parteiinteresse (gleich welcher Couleur) darüber hinwegsetzt.
Ich kann daher nur sehr an Sie als Mitglied der Opposition appellieren, sich für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses für alle o.g. Bereiche einzusetzen. Die Union hat ja signalisiert, dass sie sich dem nicht verschließen würde, so dass das Quorum kein Hinderungsgrund sein sollte. Andernfalls erfüllen die Grünen aus meiner Sicht ihre Oppositionsrolle einfach nicht ausreichend.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Philipp v. Dürckheim
Sehr geehrter Dr. Philipp v. Dürckheim,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Fragen bezüglich der Einrichtung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses, die ich im Folgenden, nun, wo weitestgehend Klarheit über das weitere Vorgehen besteht, gerne beantworten will. Wie Sie den Medien sicher entnommen haben, ist es nun sicher, dass es einen von Ihnen angeregten Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der zahlreichen auch weiterhin ungeklärten Fragen geben wird.
Als Grüne Bundestagsfraktion haben wir in den letzten Wochen und Monaten die Aufklärung der sich in der Causa ergebenden Fragen nach unseren Möglichkeiten versucht voranzutreiben. So haben wir alle der Opposition zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mittel genutzt, von schriftlichen Fragen, über von uns beantragte Aktuelle Stunden über das Stellen von Kleinen Anfragen und die mehrmalige Beantragung von Sondersitzungen des Innenausschusses.
Wie Sie sicher mitbekommen haben, war der Aufklärungswille von sehr weiten Teilen der Großen Koalition, um es vorsichtig auszudrücken, in den zurückliegenden Wochen und Monaten nicht gerade der größte. Zwischenzeitlich wurde die Affäre, die ja immerhin zu dem Rücktritt eines Bundesminister geführt hatte, gegen den nun staatsanwaltschaftlich ermittelt wird, in bester Pofalla-Manier schlicht für beendet erklärt und die für jeden offensichtlich weiterhin im Raum stehenden Fragen vom Tisch gewischt. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier kamen damit ihrer ureigensten Funktion, nämlich der Kontrolle von Regierungshandeln nicht nach. Gegenüber diesem Verständnis parlamentarischer Arbeit – gerade wenn es um das Arbeiten unserer Sicherheitsbehörden geht – bleibt nur eins: völliges Unverständnis.
Letztendlich stellt sich die Situation nun so dar, dass es auch nach nunmehr insgesamt vier Sitzungen des Innenausschusses nicht etwa mehr Klarheit gibt, sondern sich im Gegenteil mit jeder Befassung des Ausschusses, nach jeder Beantwortung unserer umfangreichen Fragenkataloge durch die Bundesregierung, nach jeder Erklärung zur Informationsweitergabe innerhalb der Großen Koalition etc. pp. sogar immer mehr Fragen gibt.
So sind wir, nachdem wir wochenlang hiermit gedroht haben und sich dennoch bezüglich der dringend benötigten Klärung der im Raum stehenden Fragen nichts getan, nach der letzten Sitzung des Innenausschusses schließlich an einen Punkt gelangt, an dem ein Untersuchungsausschuss aus grüner Sicht schlicht unausweichlich schien, um Schaden vom Rechtsstaat abzuwenden und Vertrauen in rechtsstaatliche Institutionen wieder herzustellen. Unserer Meinung hat sich mittlerweile auch die Fraktion Die Linke angeschlossen, die nun gemeinsam mit uns einen Untersuchungsausschuss beantragen wird.
Im Rahmen eines klar gefassten Untersuchungsauftrags sind unter anderem folgende, bislang un- bzw. nicht zufriedenstellend beantwortete Fragen zu klären: Wieso brauchte das BKA ganze zwei Jahre, um das kinderpornographische Material der „Operation Spade“ auszuwerten? Warum schlug Herr Ziercke nicht beim Bundesinnenminister Alarm, wenn er zu wenig Personal hatte? Warum hat er im Innenausschuss eine Grobsichtung der Daten verschwiegen, bei welcher der Name eines hohen Beamten der Behörde auftauchte? Welche Möglichkeiten hatte jener Beamte zum Zugriff auf Daten und Beweise? Und, wurden ihm gegenüber in Absprache mit dem Innenministerium die geeigneten und erforderlichen disziplinarrechtliche Maßnahmen ergriffen oder sollte der Vorfall eventuell verschleiert werden?
Auch zu klären wird die Rolle von Mitgliedern der Bundesregierung, zum Beispiel dem Innen-Staatssekretär Fritsche, sein. Herr Ziercke hatte in vorherigen Ausschusssitzungen erklärt, diesen frühzeitig über den Vorgang des BKA-Beamten informiert zu haben. Dies sei aber nicht wegen des Erlasses geschehen, aufgrund dessen er damals den Innenminister über den Vorgang „Sebastian Edathy“ informiert habe. Herr Fritsche hält demgegenüber eine Informationspflicht deutlich auf der Grundlage des Erlasses gegeben. Er kann sich jedoch nicht erinnern, frühzeitig informiert worden zu sein. Die verschiedenen Beamtinnen und Beamten, die auf den Vorgang „Sebastian Edathy -Besitz/Erwerb Kinderpornographie“ im Vorgangsbearbeitungssystem zugegriffen haben, sagten aus, den Vorgang entweder nicht wahrgenommen oder die Abgeordneteneigenschaft nicht gekannt zu haben. Im Hinblick auf die Aufgaben des Staatsschutzes ist die Frage, wieso der gespeicherte Vorgang völlig ignoriert wurde.
Als Grüne Bundestagsfraktion sagen wir sehr klar: Der Untersuchungsausschuss soll keine Showveranstaltung werden, sondern eine fachlich und sachlich fundierte Aufklärung betreiben. Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt: Der Ausschuss ist notwendig, um mit der gebotenen Gründlichkeit den nach wie vor offenen Fragen nachzugehen und das Vertrauen in unsere oberste Polizeibehörde wieder herzustellen.
Für Ihre Frage möchte ich mich noch einmal herzlich bedanken und verbleibe mit besten Grüßen nach Kronberg!
Ihr
Konstantin Notz