Frage an Konstantin von Notz von Anna R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr von Notz,
als Studentin der Politikwissenschaft bin ich sehr an der Arbeit von Politikern interessiert und möchte nach dem Studium selbst in der Bundespolitik aktiv werden. Daher ist die aktuell diskutierte Frage der cent-genauen Offenlegung von Nebeneinkünften für mich persönlich sehr relevant.
Wie ist Ihre Meinung zu diesem Vorschlag? Wie würden Sie im Falle einer eingebrachten Gesetzesvorlage abstimmen?
Ich freue mich über eine Antwort!
Mit freundlichen Grüßen
Anna Reindl
Sehr geehrte Frau Reindl,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre Frage vom 14. Dezember 2012 und Ihr Interesse an meiner Arbeit als Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Über beides habe ich mich sehr gefreut.
Im Zuge der Debatte um die Nebeneinkünfte von Peer Steinbrück haben führende Koalitionspolitiker plötzlich lauthals mehr Transparenz und eine Veröffentlichung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent gefordert. Das war wenig glaubwürdig. Denn in Wahrheit verhindert die schwarz-gelbe Koalition im Bundestag seit vielen Jahren eine Neufassung der Verhaltensregeln für Abgeordnete und damit ein Mehr an Transparenz, für das wir Grüne uns seit langem einsetzen.
Mitglieder des Deutschen Bundestags erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung, besser bekannt als Diät, welche gegenwärtig 7.906 Euro monatlich beträgt. Wenn sie neben dem Mandat anderweitig Geld verdienen, müssen die Abgeordneten dies dem Bundestagspräsidenten anzeigen und ihre Einkünfte veröffentlichen. Bislang erfolgte diese Veröffentlichung in Stufen.
Bündnis 90/Die Grünen setzen sich dafür ein, dass Bürgerinnen und Bürger künftig auf Euro und Cent genau wissen, was ihr Abgeordneter, ihre Abgeordnete nebenbei verdient. Im Bundestag haben wir, mit Unterstützung der SPD, dies als Antrag eingebracht. Den Antrag finden Sie hier: http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/113/1711331.pdf .
Am 8. November 2012 gab es eine namentliche Abstimmung im Bundestag zu unserem Antrag. Leider wollen CDU, CSU und FDP mit ihrer Mehrheit (303 Stimmen gegen 271 Oppositionsstimmen) nicht mehr Transparenz zulassen. Das ist auch vor dem Hintergrund der Äußerungen führender Politikerinnen und Politikern der CDU/CSU und der FDP bezüglich den Nebeneinkünften von Herrn Steinbrück bedauerlich.
Transparenz schützt die Integrität parlamentarischer und exekutiver Entscheidungen. Bürgerinnen und Bürger müssen nachvollziehen können, dass allein das Argument und Erwägungen für das Allgemeinwohl die Entscheidungen von Verwaltung und Politik leiten. Es geht nicht um Neid - sondern darum, dass nicht subjektive wirtschaftliche Interessen der handelnden Personen das Ergebnis von politischen Entscheidungen beeinflussen. Dies ist wichtig für die Legitimität politischer Entscheidungen.
Unser Einsatz für mehr Transparenz in der Politik erschöpft sich aber nicht allein in den strengeren Offenlegungspflichten bei den Nebeneinkünften von Abgeordneten. Deshalb umfasst die Transparenzinitiative, die wir als grüne Bundestagsfraktion seit langem verfolgen, zahlreiche weitere parlamentarische Vorlagen, beispielsweise auch strengere Regeln zu Parteispenden und -sponsoring. Tätigkeiten zum Dank für während der Regierungszeit geleistetes „Entgegenkommen“ gilt es auch bei Mitgliedern der Bundesregierung, wie zum Beispiel Ministerinnen und Minister, zu verhindern. Deshalb setzen wir uns zusammen mit Nichtregierungsorganisationen wie Transparency International oder Lobbycontrol - für eine sogenannte Karenzzeit für ausgeschiedene Regierungsmitglieder ein. Darüber hinaus haben wir in dieser und der letzten Legislatur zahlreiche weitere parlamentarische Initiativen zur Verbesserung von Transparenz in der Politik vorgelegt.
Hier eine Auswahl grüner Initiativen aus dem Bereich:
1. Einführung eines neuen Straftatbestandes der „Bestechlichkeit und Bestechung der Mitglieder von Volksvertretungen“ in das Strafgesetzbuch (vgl. dazu Gesetzentwurf Bündnis 90/Die Grünen vom 25. Mai 2011, Drs. 17/5933 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/059/1705933.pdf )
2. Ratifikation des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen Korruption (United Nations Convention against Corruption - UNCAC) durch die Bundesrepublik Deutschland (vgl. dazu Gesetzentwurf Bündnis 90/Die Grünen vom 25. Mai 2011, Drs.17/5932 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/059/1705932.pdf )
3. Einführung einer Genehmigungspflicht für die Berufstätigkeit von ausgeschiedenen Regierungsmitgliedern, die Anstellungen zum Dank für während der Mandatszeit geleistete Gefallen vermeiden hilft (17/11204 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/112/1711204.pdf )
4. Beschränkung von Parteispenden auf natürliche Personen und 100.000 Euro pro Person und Jahr und die Halbierung der Schwellen für die Veröffentlichungspflichten bei Parteispenden (vgl. dazu Antrag Bündnis 90/Die Grünen „Parteispenden begrenzen“ vom 27. Januar 2010, Drs. 17/547 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/005/1700547.pdf)
5. Gleichbehandlung von Parteiensponsoring mit den Transparenzregeln fürParteispenden (vgl. dazu Antrag Bündnis 90/Die Grünen „Partei-Sponsoring transparenter gestalten“ vom 24. März 2010, Drs. 17/1169 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/011/1701169.pdf )
6. Einführung eines verbindlichen Lobbyistenregisters, um Lobbyistentätigkeit im politischen Bereich für die Öffentlichkeit transparent zu machen (vgl. dazu Antrag Bündnis 90/Die Grünen „Transparenz schaffen - Verbindliches Register für Lobbyistinnen und Lobbyisten einführen“ vom 06. Juli 2010, Drs. 17/2486 http://dip21.bundestag.btg/dip21/btd/17/024/1702486.pdf )
Nicht aufgezählt haben wir an dieser Stelle die zahlreichen weiteren Initiativen rund um das Thema Informationsfreiheitsgesetze und Open Data, die wir in dieser Legislatur ebenfalls vorgelegt haben. Informationen darüber finden Sie zum Beispiel auf unserem netzpolitischem Blog http://www.gruen-digital.de/ , wo wir seit Mai 2010 in über 850 Artikeln über unsere parlamentarische Arbeit berichten und so Transparenz sicherstellen.
Für Ihren weiteren Weg wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen nach München
Ihr Konstantin v. Notz