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Jürgen Kretz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Simone L. •

Was halten Sie vom geplanten neuen Tierschutzgesetz der Bundesregierung?

Sehr geehrter Herr Kretz,
ich möchte gerne wissen, wie Sie zum geplanten neuen Tierschutzgesetz der Bundesregierung stehen, insbesondere zu folgenden Punkten:
- Kastenstandhaltung von Muttersauen
- Langstreckentiertransporte in weit entfernte Länder außerhalb der EU
- Amputationen von Gliedmaßen von Tieren ohne Betäubung
Ich gehe davon aus, dass Sie als Abgeordneter der Grünen die oben genannten Punkte ablehnen und dagegen vorgehen wollen. Meine Frage: Liege ich mit meiner Annahme richtig und wenn ja, was tun Sie derzeit, um gegen diese furchtbaren Missstände vorzugehen?

Ich bin gespannt auf Ihre Antwort und bedanke mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen,
Simone L.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau L.,

 

vielen Dank für Ihre Nachricht. 

Dieses Jahr feiern wir 75 Jahre Grundgesetz – seit 2002 ist darin auch der Schutz der Tiere als Staatsziel festgelegt. Doch zwischen dem Auftrag des Grundgesetzes und der Wirklichkeit klafft bislang eine erhebliche Lücke. Das Leid der landwirtschaftlich genutzten Tiere ist nur eines von vielen eindrücklichen Beispielen dafür. 

Missstände zu beheben und Lücken in der Gesetzgebung zu schließen, ist unser Anspruch. 

 

Gerne gehe ich auf Ihre einzelnen Punkte ein:

  • Die Kastenstandhaltung wird in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) geregelt, die zuletzt 2021 unter der damaligen Großen Koalition überarbeitet wurde. Ab 2029 wird die Kastenstandhaltung im Deckzentrum verboten. Ab 2036 dürfen Sauen im Abferkelbereich nur noch maximal fünf Tage rund um die Geburt in einem Kastenstand gehalten werden. 

Jedes weitere Jahr, in dem solche Bedingungen erlaubt sind, ist aus unserer Sicht eines zu viel. Erst kürzlich hat die Hamburger Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft, unter Grünen-Senator Jens Kerstan, zu dem laufenden Normenkontrollverfahren gegenüber dem BVerfG auch Stellung bezogen. Die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung hatte eine vielbeachtete Verfassungsklage gegen die TierSchNutztV eingereicht. 

Aus Sicht Hamburgs besteht ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Normenkontrollverfahrens, unter anderem aufgrund des grundgesetzlichen Staatsziels Tierschutz. Wir Grüne sehen die Vorschriften der TierSchNutztV mit dem Tierschutzgesetz unvereinbar und deshalb als nichtig an. Solange aber das Verfahren läuft, können wir keine weiteren Verschärfungen rechtssicher auf den Weg bringen. Ich bitte um Ihr Verständnis.

Daher richtet sich unser Hauptaugenmerk derzeit auf die Reform des Tierschutzgesetzes: Ende Mai dieses Jahres hat das Bundeskabinett mit der Novelle des Tierschutzgesetzes endlich eine der umfangreichsten Reformen des Tierschutzrechts in Deutschland seit über 20 Jahren beschlossen und dem Bundesrat vorgelegt. Die Bundesländer haben sich mit zahlreichen Tierschutz-Empfehlungen klar hinter diese dringlich erforderliche Tierschutzgesetz-Reform gestellt. Es ist aus unserer Sicht Zeit für ein modernes Tierschutzgesetz, das Tiere wirklich schützt. Wir freuen uns auf die Beratung im parlamentarischen Verfahren und haben das Ziel, weitere Missstände konsequent zu bekämpfen. Am 26.09. war die erste Lesung des Gesetzesentwurfes im Plenum des Bundestages.

 

  • Zum Thema Langstreckentiertransporte: Wir Grünen, sowohl im Bundestag als auch im Europäischen Parlament,  setzen uns für eine deutliche Reduzierung von Lebendtiertransporten, eine Begrenzung der Langstreckentransporte auf maximal acht Stunden und ein Ende von Tiertransporten in Drittstaaten außerhalb des Schengen-Raums ein.

Unser Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat in dieser Wahlperiode bereits Tiertransporte aus Deutschland in Länder außerhalb der EU spürbar eingeschränkt. Durch das Zurückziehen von Veterinärbescheinigungen wurden nach aktuellen Transportzahlen spürbar weniger Tiere direkt aus Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU transportiert. In den derzeitigen Beratungen zum Tierschutzgesetz wird ebenfalls geprüft werden, inwiefern Regelungen für ein umfassendes Verbot von Tiertransporten in Drittländer in das Gesetz aufgenommen werden können. 

 

  • Amputationen ohne Betäubung von Gliedmaßen bei Tieren halten wir für nicht mit dem Tierschutz vereinbar.  Das routinemäßig durchgeführte Kürzen von Schwänzen bei Lämmern soll daher grundsätzlich verboten, und bei Ferkeln eingeschränkt werden. 

Schweinehalter*innen müssen nun entsprechende Voraussetzungen dafür schaffen, dass auf die Kürzung der Schwänze verzichtet werden kann, um so das gegenseitige Abbeißen des Ringelschwanzes zu vermeiden. Ein Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen ist bereits Teil einer freiwilligen Branchenvereinbarung zwischen BMEL und Geflügelverbänden von 2015.

 

Vielen Dank, dass Sie sich mit Ihrem Anliegen an mich gewandt haben.

 

Mit besten Grüßen

Jürgen Kretz

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