Das Lieferkettensetz wurde im Juni nur in abgeschwächter Form beschlossen. Wie kann das Ziel, Menschenrechte und Umweltvorgaben in weltweiten Lieferketten einzuhalten, doch noch erreicht werden?
Sehr geehrter Herr Kretz,
Sie sagen, klare Rahmenbedingungen bei Klimaschutz und Nachhaltigkeit helfen Unternehmen, weiterhin wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ursprünglich sollte das im Juni beschlossene Lieferkettengesetz für verbindliche Transparenz- und Sorgfaltspflichten sorgen. Doch um genau diese zu verhindern haben Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft über den Wirtschaftsflügel der CDU direkten Einfluss auf die Bundesregierung genommen, die den Gesetzentwurf gleich mehrfach verwässert hat. Wie kann das Ziel, Menschenrechte und Umweltvorgaben in weltweiten Lieferketten einzuhalten, doch noch erreicht werden?
Richtig ist, dass innerhalb der Großen Koalition monatelang um das Lieferkettengesetz gerungen wurde, und es am Ende nur in einer deutlich abgeschwächten Version verabschiedet wurde. Das Lieferkettengesetz muss daher dringend nachgebessert werden.
Dennoch halte ich es prinzipiell für gut und für einen gemeinsamen Erfolg verschiedenster Akteure, dass es gelungen ist, überhaupt ein Lieferkettengesetz in Deutschland zu etablieren. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, um Menschenrechts-, Sozial- und bedingt auch Umweltstandards in globalen Lieferketten besser zu gewährleisten.
Das jetzige Gesetz bezieht sich jedoch auf eine viel zu kleine Anzahl von Unternehmen, da es in der ersten Stufe nur für Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten in Deutschland gilt. Es bezieht sich außerdem nicht prinzipiell auf die gesamte Lieferkette vom Rohstoff bis zum Endprodukt, sondern zumeist nur auf die direkten Zulieferer. Umweltstandards sind nicht umfassend berücksichtigt, sondern finden nur am Rande Erwähnung. Außerdem umfasst das jetzt verabschiedete Lieferkettengesetz keine zivilrechtliche Haftung. Menschen, die Opfer von Rechtsverletzungen durch deutsche Unternehmen geworden sind, können sich zwar von einer deutschen Organisation im Rahmen einer Prozessstandschaft unterstützen lassen. Sie können jedoch nicht regulär den Klageweg beschreiten. An diesen vier Punkten muss das Gesetz dringend nachgeschärft werden, um eine substanzielle Wirkung zu entfalten und tatsächlich für fairere Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten zu sorgen.
Auch auf europäischer Ebene wird gerade ein europäisches Lieferkettengesetz diskutiert. Hier geht es ebenfalls darum, dass der anspruchsvolle Entwurf in den Verhandlungsprozessen nicht verwässert wird. Beide Ebenen - die europäische und die deutsche - sind wichtig, das Thema sollte daher weiter parallel auf beiden Ebenen vorangetrieben werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich intensiv in die bisherige Debatte eingebracht. Im Falle meiner Wahl in den Bundestag möchte ich in Zukunft gerne selbst daran mitwirken.
Beste Grüße
Jürgen Kretz